Ich stand also vor einem verheerend aussehenden Land und grübelte nicht nur darüber wem es gehörte, sondern auch, wie ich Bauer Bruno und seiner Frau Maria helfen sollte.
Einige Minuten stand ich etwas ratlos da, als ein kleiner Junge von etwa fünf Jahren an mir vorbeistürmen wollte. Eilig hielt ich ihn auf. „Kleiner, wem gehört dieses Land?“, fragte ich ihn. „Da wo ich hin will. Bauer Bruno.“, antwortete der Kleine und versuchte sich loszureißen. „Halt! Nicht so schnell mit den jungen Pferden!“, gebot ich ihm mit Autorität in der Stimme, „Weißt du denn nicht, mit wem du sprichst?“.
Erst jetzt sah er mich genauer an und fiel auch sofort auf seine Knie. „Verzeiht mir, edle Herrin, aber ich wollte doch so gern schnell zum Bauern … Frau Maria hat bestimmt ein neues Spiel oder sogar kleine Brötchen gebacken.“ „Sind der Bauer und seine Frau denn lieb?“, fragte ich ihn. „Aber ja, ganz dolle. Das wissen alle, wiiiirrrklich alllle.“, rief der Bub und betonte es mit ausgebreiteten Armen, um seine Worte zu unterstreichen. „Weißt du auch, warum sein Land so karg aussieht?“, quetschte ich ihn weiter aus. „Der Bauer macht viel mit seinem Land, aber immer kommen mehr Steine aus der Erde. Mehr weiß ich nicht.“, erzählte mir der Bub und zuckte mit den Schultern, „… aber toll ist´s bei ihnen, egal wie seine Rüben wachsen.“, schloss er noch schnell an, dann riss er sich los und weg war er.
Grübelnd stand ich da. Bauer Bruno scheint wirklich nicht viel Geschick mit seinem Felde zu haben, aber die Kinder liebten ihn und seine Frau Maria offensichtlich abgöttisch. Das zu kleine Kinder ihren Eltern bei der Feldarbeit halfen, störte mich schon seit geraumer Zeit. Wenn Bauer Bruno Taler oder Essen für das Aufpassen der kleinen Elementarianer bekäme und die Kinder nicht mehr von klein auf mithelfen müssten und dadurch nicht so viele in jüngstem Alter sterben würden, würden doch Bauer Bruno und auch die Eltern der Kinder Vorteile davon haben. Damit die Elementarianer sich die neue Einrichtung auch leisten können und die Kleinen nicht mehr mitarbeiten müssen, müsste ich nur ein wenig mehr für ihre Erzeugnisse bezahlen.
„Ja, das ginge“, rief ich erfreut aus und eilte, nein, rannte zu Bauer Brunos Häuschen. Frau Marias Augen wurden riesig, als sie den hohen Besuch erkannte und sorgte sich beflissen um mein Wohl. Bedauernd bot sie mir einen Becher Milch an, denn dieser sei leider nur aus Ziegenmilch und mit Wasser gestreckt - sie müsse leider haushalten. Auch bot sie mir einen winzigen Keks, der aber köstlich schmeckte, an. Als die Kinderschar zum Spielen hinausgeschickt war, machte ich dem Bauer und seiner Frau ein Angebot.
Wenn er sein Haus zu einem Ort für Kinder ausrichten würde, würde ich mich bereit erklären, für jedes Kind, welches von Morgens bis Abends bei ihnen ist, von mir pro Jahr ein kleines Beutelchen voll Taler zu zahlen. Die Eltern des Kindes sollten an jedem Tage ihrem Kinde einen Apfel oder irgendetwas Anderes zu Essen mitgeben. Bauer Bruno solle sein Land aufgeben und nur noch für die Kinder da sein, genauso wie seine Frau. Während ich sprach, glitzerten in den Augen des Paares Tränen des Glückes, einen solchen Vorschlag hatten sie nicht erwartet.
Als ich bedauerte, dass ich für einen solchen Elementegarten in der ersten Welt leider keine Person wüsste, sprang der Bauer auf und rief: „Fragt doch meinen Bruder Konrad! Sicher würde er gern Euren Elementegarten errichten, er wohnt doch in Eurer schönen Stadt Elementa.“
Ob Ihr es glaubt oder nicht, als ich das nächste Mal in die erste Welt reiste, fand ich Konrad, den Bruder von Bauer Bruno, in gleicher Situation wie Bauer Bruno auf. Einzig der Beruf war ein anderer. Er erholte sich eben von einem Unfall in der Goldmine und seine Frau buk mit dem kleinen Erlös seiner Arbeit viel Zuckergebäck für kleine Kindermägen. Auch sie nahmen mein Angebot mit Tränen in den Augen freudig an. Seit diesen Tagen gibt es in meinen Städten je ein Haus für die Kinder meiner Einwohner.
Seyd gegrüßt, geehrter Herr Vater, sehr verehrte Frau Mutter,
viele Monde scheint es mir her zu sein, da ich von Euch Abschied genommen und dennoch ist es erst der zehnte Tag. Habt nochmals Dank für das große Säckel Goldes, das Ihr mir zum Abschied überreichtet. Ich weiß, Ihr habt es Euch vom Munde abgespart, doch hat es mir den Anfang meines neuen Lebens als Handwerksbursch sehr erleichtert.
Den ganzen gestrigen Tag verbrachte ich eilenden Schrittes auf der Landstrasse, die mich immer weiter von Euch fort trug. In einer weiter entfernten Stadt traf ich auf einen wohlgesinnten Herrn, der mir von dem schönen Kapi Regnum berichtete, sintemalen er deroselbst einige Zeit dort zubrachte und zu Wohlstand und Reichtum kam. Mein Entschluss war gefasst. Auch ich wollte mein Glück dort versuchen, mir mit meinem Handwerksgeschick eine Bleibe zu verschaffen.
Nach wenigen Tagesreisen überschritt ich die Grenze und gelangte alsbald in eine prunkvolle Stadt. Die Häuser waren bestens instand gehalten und am Marktplatz herrschte ein Gedränge, wie es Euch wohl noch nicht bekannt wurde. „Kommet hier und schauet!“, riefen die Marktweiber alle durcheinand und tatsächlich hatten sie feinste Ware anzubieten.
Denket Euch: Äpfel, Birnen, Beeren und Nüsse aus der Freien Hansestadt Asselaris, Getreide, Flachs, Honig und Gänse sowie Wolle und Ziegen aus Sumerida, Bier und Fässer aus Pommesville, Schuhe und Gewänder aus St. Kortiniburg, Getreide und Bier aus Doggy Town, Bücher und Gold und sogar Rüstungen aus Schloss Sachte, Bier, Getreide und Fische aus Hemens, Kräuter, Rüben und Wildbret aus Schloss Neuschwanstein, Fische, Flachs und Netze aus der Freien Hansestadt Hamburg und nicht zuletzt Stühle und Leder aus dem schönen Verden. Ich versichere Euch, niemals habt Ihr ein reicheres Anbot gesehen wie hierzulande auf dem Markte. Hier wollte ich mich niederlassen und meinen Teil zum Aufblühen und der Blüte dieser prachtvollen Stadt beitragen.
Seyd versichert, edler Herr Vater und Ihr, meine stets gütige Mutter, dass ich Euch berichten werde, wie es mir hierbei ergangen ist.
Matt und zerschlagen ging shaddow durch die Straßen seiner Stadt Aberon. Trotz der eisigen Kälte und des kräftezährenden Windes schwitzte der Stadthalter aus allen Poren. Die Probleme seiner Bürger machten ihm zu schaffen, denn er schlenderte ungewohnt langsam und von Sinnen durch die verzweigten Gassen. Wie sollte er nur den Streit zwischen den Bauern um ein paar Klafter Land lösen??? Oder den der beiden Viehzüchter, die sich wehement um ein Kalb stritten und den Rat ihres Herren verlangten? Allesamt waren sie bei den reichsten Viehzüchter und Bauern der Stadt, aber scheinbar ging es gerade den Wohlhabenden um jedes noch so kleine Stück Land.
Viel zu selten, so befand shaddow, fanden sich ärmere Bauern und Tagelöhner in seiner Audienzhalle ein. War der Bestand dieser so geschrumpft, oder beschäftigten sich diese einfach weniger mit Streitereien? Nur einmal, konnte er sich erinnern, hatte er den Zwist zweier ärmerer Bauern schlichten müssen, doch da auch aus triftigem Grund. Und viel zu oft beanspruchten die kleinen Meckereien der Großbauern seine kostbare Zeit, würde er doch gerne auch den Untersten seines Volkes zur Hand gehen. "Aber so komme ich nicht weiter!" befand der besorgte Stadthalter. "Vielleicht hilft mir ja ein warmer Tee im Gildenkeller, meine erkalteten Glieder zu wärmen, und somit auch wieder meinen Verstand zu schärfen."
Noch immer von Sinnen bog das junge, aber dennoch schon erfahrene Oberhaupt mit wallendem Mantel in die nächste Seitengasse ein. Plötzlich riss ihn ein lauter Frauenschrei endgültig aus seinen Gedanken. Sofort machte er kehrt und rannte in die Richtung, wo er die Schreie vermutete. Weitere heisere Krächzer bestätigten seine Vermutungen. Als die Frau in Sichtweite kam, sah er gerade noch eine vermummte Gestalt um eine Ecke huschen. Mit kurzen Worten erfuhr er von der Frau, dass dieser Schurke ihr den gesamten Beutel ihres Weberlohnes gestohlen hatte. Da packte shaddow die Wut, und er verfolgte den Übeltäter mit großen Schritten. Gerade erhaschte er noch einen Blick auf die weiten Gewänder des Diebes, die dem Stadthalter die weitere Route des Flüchtenden wiesen. Sie befanden sich mittlerweile am Rande der Stadt, wo die Gassen jeweils parallel zueinander verliefen, alle 100 Meter von einer normal darauf laufenden Straße schneidend. Dies erleichterte ihm die Verfolgung um große Stücke.
Im Stillen freute er sich, dass er diese Idee gegen die Stadträte durchgebracht hatte. "Noch drei Biegungen, dann hab ich ihn." dachte shaddow laut. So geschah es auch. Zwei Minuten später hatte der Stadthalter den Dieb bis auf 15 Meter eingeholt. Starkes Seitenstechen plagte ihn, und er spürte, er würde das Höllentempo nicht mehr lange mitmachen.
Die Festtage sind vergangen und das neue Jahr wurde gebührend begrüßt. Ein so herrliches Feuerwerk, wie das diesjährige, welches die Karavanen aus dem Land der roten Sonne mitbrachten, ward bisher noch nie gesehen. Prächtige bunte Blumen sind an den Himmel gezaubert worden. Das war eine wahre Pracht.
Nach einem wohlverdienten Ruhetag nahm die Bevölkerung ihre Arbeit wie gewohnt auf. Ein wenig holprig hier und da, aber das lag wohl eher am reichlichen Genuß von Bier, Wein und Met. Kalt war es draußen, bitterkalt sogar. Kaum jemand traute sich vor die Türe, wenn es nicht zwingend notwendig war. Nur gewundert haben sich einige, dass des Tages sich immer wieder der Himmel verdunkelte und merkwürdige Windgeräusche zu hören waren.
Eines Nachmittags dann brach das Grauen über das Land herein. Es begann mit dem grauslich spitzen Schrei einer Magd, welche gerade über den Marktplatz lief. Dieser Schrei lies alle Bewohner aufschrecken und viele liefen sofort zum Marktplatz hinüber.
Der Anblick, der ihnen geboten wurde, lies ihnen das Blut in den Adern gefrieren.
Drachen
Der ganze Himmel war schwarz vor lauter Drachen und es wurden immer mehr. Feuerspeiend brachen sie über die Städte herein, entführten verängstigte Mägde und Knechte an ihren Krallen zappelnd hoch in die Lüfte. Von überall war warnendes Glockengeläut zu hören. Die Stadtwachen wurden aktiviert, die Knechte und Hausherren bewaffneten sich mit Knüppeln und Äxten, was gerade zu finden war. In den Rathäusern des Landes wurden Krisensitzungen abgehalten und hektisch beratschlagt, wie dieser Plage Herr zu werden war. Die alten Frauen und Kinder versteckten sich in den Kellern der Stadt, bibbernd vor Angst und Kälte.
Es wurde dunkler. Die Nacht brach herein und blieb ...
Kein einziger Funken Tageslicht drang mehr hindurch.
In der Dunkelheit war plötzlich ein schneller Hufschlag zu hören.
Ein Reiter des Landesherrschers in glänzender Rüstung mit einer großen Fackel in der Hand stob rasend schnell in den Hof des Rathauses, sprang vom Pferd und rannte flugs in das Gebäude hinein.
"Werthe Herren, seid gewiss, der Großfürst hat alle Magier des Landes zusammengerufen und sie haben bereits ein Mittel gegen die Plage gefunden. Es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis diese Höllenbrut ausgerottet ist. Verhaltet euch ruhig und sei es auch noch so schwer, abwarten ist jetzt das Beste was ihr tun könnt. Vertraut auf die Magier. Ich habe die Erfolge mit eigenen Augen sehen können."
Erschöpft sank der Ritter auf einen Stuhl. Ihm wurde Speis und Trank dargeboten, auf das er sich erholen möge.
Die Neuigkeit sprach sich wie ein Lauffeuer in der Stadt herum und die Menschen atmeten auf.
Nun galt es lediglich, den Kreaturen fern zu bleiben, bis die Magier ihr Werk vollendet haben.
Das Volk versammelte sich in der Kirche und in all den anderen großen Räumlichkeiten der Stadt. Sie zündeten Kerzen an, beteten, sangen, sprachen sich gegenseitig Mut zu und warteten....