Ausgabe 78 | Seite 3 9. November 2008 AD
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Kopfgrafik - © upjers GmbH & Co. KG

Das Gold im Moor (II)

Anhand der Äste im Boden fand Marten glücklich wieder zurück zum Weg und folgte ihm bis zum Hofe seines Bauern. Dort angekommen ging er zuerst in seine Kammer und legte den Taler in ein Leinentuch gewickelt in eine schwere Holztruhe, zu der nur er den Schlüssel hatte. Dann erst ging er in die Stube zum Abendessen. So ging das von nun an jeden Tag, denn immer, wenn Marten vom Torfstechen nach Hause ging, machte er einen kleinen Abstecher zum Baum mit dem Lederbeutel und siehe da, jedes Mal lag ein neuer blanker Goldtaler darin. Diese wollte er solange verwahren, bis er genügend beisammen hatte, um sich selbst eine kleine Bauernstelle zu kaufen, zu heiraten und glücklich bis an sein Lebensende zu sein.

Dem Bauern aber war schon gleich das veränderte Verhalten seines Knechtes aufgefallen, denn früher war er nicht erst auf seine Kammer gegangen sondern gleich zum Essen gekommen. Er ahnte, dass Marten ihm etwas verbarg. Heimlich durchsuchte er deswegen eines Tages dessen Kammer, konnte aber nichts finden, aber auch die schwere eichene Truhe nicht öffnen, um zu sehen, was darinnen war. So begab er sich eines Abends auf den Heuboden an eine Stelle, die über der Kammer seines Knechts lag, bohrte ein kleines Loch in die Dielen und wartete ab, bis Marten nach Hause käme.
Und tatsächlich, als Marten die Kammer betrat, öffnete dieser als erstes die Truhe mit einem eisernen Schlüssel, hob den Deckel an, griff in seine Tasche und holte einen blitzenden Goldtaler heraus. Dann schlug er ein Leinentuch auf, in dem schon viele Taler glänzten und legte den weiteren dazu. Dann verschloss er die Truhe wieder sorgfältig. Dem Bauern auf dem Heuboden blieb vor Staunen der Mund offen stehen.
„Siehe da“, dachte er bei sich, „hat Marten doch irgendwo im Moor einen Schatz gefunden. Morgen werde ich ihm auflauern und sehen, dass er mich zu dem Versteck führt. Schließlich ist es mein Grund und Boden, also gehört auch der Schatz mir.“
Leise verließ er seinen Posten und freute sich händereibend auf den morgigen Tag.

Am nächsten Morgen also folgte der Bauer Marten in sicherem Abstand bis ans Moor und noch ein Stück hinein. Dort aber verlor er ihn aus den Augen und traute sich nicht weiter hinein, weil er die Wege nicht kannte. Verärgert kehrte er um und überlegte nun, wie er auf anderem Wege an das Gold herankäme. Gegen Abend also, als Marten vom Torfstechen nach Hause kam und wie üblich erst in seine Kammer ging, folgte ihm der Bauer und sprach:
„Knecht!“, hub er an, „Ich weiß, dass du in deiner Truhe viel Gold liegen hast, ich habe es mit eigenen Augen gesehen.“
Dabei zeigte er Marten das kleine Loch oben in der Decke.
„Entweder, du sagst mir, woher du es hast, oder ich könnte glauben, dass du es mir heimlich gestohlen hast. Dann wird der Stadtbüttel die Wahrheit schon aus dir herausbringen.“

Marten schrak zusammen und ihm wurde siedendheiß. Doch er fasste sich blitzschnell und überlegte: Genug Taler für einen kleinen Hof habe ich zusammen. Wenn ich dem Bauern das Versteck des Beutels verrate, wird das Säckchen verschwunden sein, so wie es der Zwerg prophezeit hat. Besser ich erzähle ihm alles und warne ihn, dorthin zu gehen, behalte aber meine Taler und mein Leben.
„Also gut“, sprach Marten „da du mir keine Wahl lässt, werde ich dir berichten, was sich zugetragen.“
Dann erzählte er vom Vorfall im Wald, von dem Säckchen am Baum und dem Weg, der mit Zweigen abgesteckt ist. Aber er warnte auch den Bauern vor der Gefahr und sagte auch, dass das Säckchen jetzt, wo er alles verraten hatte, nicht mehr am Baum hinge. Der Bauer aber lachte nur schallend und sprach:
„Du willst mir ja nur weismachen, der Beutel sei nicht mehr da, damit ich nicht hinginge. Ich traue dir nicht, Marten, du willst ja alles nur für dich behalten. Du machst mir keine Angst!“
Bei diesen Worten funkelte die Gier in seinen Augen. Dann drehte er sich um, griff sich Mantel, Hut, Spaten und Laterne und stapfte hinaus in die Dunkelheit Richtung Moor. Marten rief ihm noch nach, er solle besser bis zum Morgen warten, aber der Bauer lachte nur auf und eilte davon.

Fortsetzung folgt

© Hinrik aus Nyenwoerden


Das ganze Reich scheint dem Mammon verfallen

Was war die Welt noch schön, früher, die Kinder tollten sich und die Leute gingen nach getaner Arbeit, auf dem Feld oder der Schmiede, zu ihren Frauen. Verschiedene Abende im Gasthaus bei Bier und Met zeigten uns wie schön das Leben sein kann!

Dann, eines Tages, kamen die Barbaren mit ihren Kriegsschiffen und veränderten alles. Eine handvoll Leute von uns konnten ihr Leben retten, aber die meisten kamen in den Flammen oder unter den Schwertern der Mörder zum Tode. Was haben wir getan??? Wir waren einfache Leute, warum zündet man unsere Häuser an, tötet unsere Kinder und Frauen?

Die Gier vernebelte ihnen die Sinne, sonst hätten sie gewusst, dass es reichere Städte in unserer Umgebung gibt. Wir haben gebetet und geflucht, doch unser Schicksal schien besiegelt.
Als die Flammen erloschen waren hatten wir nichts mehr außer unserem Leben, unsere Trauer und unsere Wut. Gleichwohl war es der Start für eine sehr schöne Zeit in unserem Leben. Gemeinschaft war nun mehr denn je gefragt, und Gleichheit war die Grundlage.

Hoch oben auf dem Gipfel unseres einzigen Berges gelang es uns noch ein paar Fleckchen zu finden, auf denen wir unsere Saat aussähen konnten, und uns auch gleich Steine für unsere neuen Häuser klopften. Unsere Zukunft war wieder gesichert, gleichwohl wir auch an „heute“ denken mussten, um die hungrigen Mägen zu füllen. So knüpften unsere geschicktesten Hände die einfachsten Netze um mit ihnen Fische zu fangen.
Das war dann der Anfang vom Ende! Zufällig stießen wir bei diesem Vorhaben auf riesige Perlenvorkommen, mit denen wir schnell Handel treiben konnten.

Unsere schöne Insel war plötzlich eine Perleninsel - und nach kurzer Zeit schon nicht mehr wieder zu erkennen. Hätten wir uns nicht zu unserem Neuanfang als Mahnmal der Geschehnisse in „Deflagratio“ umbenannt – was soviel bedeuten soll wie „verbrannte Erde“, oder „aus dem Feuer entstanden“, hätte niemand geahnt welch grausames Schicksal wir hinter uns haben!

Doch auch der Name gebietet den Einwohnern nicht, sich zu besinnen wo unser Ursprung liegt. Der Perlenhandel brachte uns enormen Wohlstand, und nahm uns gleichzeitig die Muße zur ehrlichen Arbeit. Wie sollen sich unsere neuen Mitarbeiter auch erinnern können, sie kamen im Zuge des Wohlstands zu uns, besiedelten unser Land und brachten eine neue Mentalität mit die keiner sehen mag.
Die Gier nach Taler wird uns alle in den Ruin treiben, das ständige Bestreben besser zu sein als der Nachbar. Aber, mehr Pferde vor den Karren spannen zu können darf doch nicht das Ziel unseres Lebens sein??? Wo ist die Vernunft der Bürger??

Wir haben immer versucht unsere Kinder vorbildlich auszubilden, nirgendwo im Reich wird man mehr Menschen finden, die Rechnen und Schreiben können, nirgendwo filigranere Handarbeiten leisten wie bei uns, aber Vernunft konnten wir ihnen nicht lehren. Was sollen wir nur tun?

Ich, der Stadtvorsteher stehe mit dem Rücken an der Wand, als Patrizier genieße ich Privilegien die ich nicht mehr aufgeben möchte, aber ist es der Preis wert, ein Volk zu führen wo sich alles nur um Gold, um Höher/Schneller/Weiter dreht, wie uns Überlieferungen schon aus dem alten Rom schilderten?
Wir leben nicht mehr in der Antike, sondern in der Neuzeit, in der mordernsten Zeit der Geschichte, und das Jahr 1328 ist Verpflichtung genug die alten Fehler nicht zu wiederholen.
Wir haben hochmoderne Schmieden, unsinkbare Galeeren, Nahrung im Überfluß, aber wirklich glücklich ist niemand. Erst wenn wieder eine Sendung Perlenketten den modernsten Hafen der Umgebung verlassen hat und das Schiff mit Millionen Taler zurückkommt, sind die Leute für einen Moment zufrieden.

Die Fabriken und Höfe werden immer größer, unsere Märkte vertreiben ganze Fuhrwagen der edelsten Güter – und alles führt nur dazu, dass die Gier der Leute noch größer werde! Man überlege mal einen Fall: Ein Mitbürger hat jetzt zwei Häuser übereinander gebaut, obwohl seine Familie auch in einem Haus genug Platz hat!
Er möchte, natürlich gegen Bezahlung, einer anderen Familie Obdach gewähren, die kein eigenes Haus hat! Ich war selbst versucht diesen Fall dem Papst vorzutragen, damit er sich der Sache annimmt, aber gleichwohl wäre die Frage nach meinem Führunsstil gestellt worden.

Wenn das der König hört, wird er uns aus dem Reich jagen – und vielleicht nicht einmal zu Unrecht! Dabei haben wir so ein gutes Ansehen bei Hofe…
Unsere Perlen und Perlenketten sind seit langer Zeit die besten im Reich und der König selbst hat uns vielfach dafür geehrt, solch filigrane Schmuckstücke herstellen zu können. Was wird aus unserem Ansehen, wenn der König erfährt welch unsittsamen Machenschaften das Volk wie die Pest überkommt. Erst letzte Woche wurden wir mit der Silbermedaille ausgezeichnet, das wäre wohl kaum geschehen wenn jemand geahnt hätte, dass dieser Erfolg mit Sünde einhergegangen ist!

Jeden Morgen wenn der Hahn kräht, bete ich das alles nur ein Traum ist, und wir wieder in der guten alten Zeit leben. Jeden Morgen werde ich enttäuscht!
Wo soll das nur enden??
Begriffe wie Großkunden, Lohnaufträge, Kapazitäten gehören nicht in meine Heimat, wir sind eine idyllische kleine Perleninsel, die niemanden hungern lässt und uns ein Zuhause gibt. Wie kriege ich die Menschen nur zur Vernunft?
Mein Berater empfahl mir eine Armee auszubilden um wieder die alleinige Macht zu bekommen, doch haben wir vor langer Zeit entschieden, dass niemals ein Krieg von unserem Boden ausgehen mag, niemals ein Schwert produziert wird.

Selbst auf Hinrichtungen verzichten wir die meiste Zeit, außer bei Hexerei und anderem Frevel!

Was soll ich nur tun??
©Stadthalter von Deflagratio


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