kortini und die Landrichterin waren gerade von ihrer Bärenjagd zurückgekehrt und saßen gemütlich beisammen. kortini hatte gerade begonnen mit Begeisterung vom Angeln zu erzählen. Das Leuchten in seinen Augen verriet, dass er sich darauf bereits freute. Mit einem Mal wurden sie jäh unterbrochen.
Ein Bote wurde angekündigt und eingelassen. Er übergab der Landrichterin einen Brief und sagte, dass er den Auftrag habe auf Antwort zu warten. Eilig las die Landrichterin den Brief durch. Er stammte von einem langjährigen Lieferanten, der nur die erlesensten Gewürze, Salze und Geschmeide anbot.
„kortini, hör doch was er schreibt: Ich habe auf meinen Reisen nach Süden neue Gewürze und außergewöhnliche Orte entdeckt.“ kortini nickte. „Er lädt uns ein ihn dort zu besuchen. Die nächsten Monate würde er bei den Mauren verweilen.“ Wieder nickte kortini. „Lass uns der Einladung folgen und zu den Mauren reisen.“
Erwartungsvoll schaute sie ihren Liebsten an. Dieser nickte auch dieses Mal. Aber er schien etwas abwesend zu sein. Als ihm die Landrichterin freudestrahlend die Arme um den Hals schlang und ihn zärtlich küsst schaute er ganz überrascht. Die Antwort an den Lieferanten war schnell verfasst und der Bote zog wieder seiner Wege.
Einige Wochen vergingen und jeder ging seinen Amtsgeschäften und Beschäftigungen nach. Die Landrichterin war allerdings auch schon fleißig bei den Vorbereitungen zu der Reise in den Süden. Kisten und Koffer mit Kleidung, Proviant und Waren wurden gepackt.
Als es dann nur noch einige Tage bis zur Anreise waren brachte die Landrichterin nochmals ihre Freude zum Ausdruck, dass sie zusammen mit kortini dort hin fahren würde. „Ach kortini. Das wird eine wunderbare Fahrt. Ich habe mir sagen lassen, dass um diese Zeit dort das Wetter wunderschön sein soll.“
Verdutzt schaute kortini. „Was für Wetter? Hier ist es doch kalt und in Wilmundsheim vor der Hart ist es sicher nicht viel anders.“ „Nein, nicht hier ist es schön. Ich meinte bei den Mauren.“ kortini meinte nun etwas verwirrt „Was interessieren mich die Mauren und deren Wetter?“ „Weil wir in ein paar Tagen aufbrechen und dort hinfahren. Seit du zugestimmt hast freue ich mich schon darauf.“ sagte die Landrichterin und strahlte. Sie hatte zwar die Verwirrung bemerkt, aber in ihrer Vorfreude schnell wieder vergessen.
kortini ließ sich nichts weiter anmerken und entschuldigte sich dann. Eilends wollte er nun auch seine Vorbereitungen zu der Reise beginnen. Und tatsächlich schaffte er es rechtzeitig fertig zu sein. Zum Schluss packte er noch persönlich seine Angelsachen ein. Vielleicht würde sich ja auf der Reise eine Gelegenheit ergeben.
Völlig überraschend –die Landrichterin hatte mir nichts verraten- bin ich mit meiner Liebsten zu den Mauren gereist.
Natürlich war nicht reines Vergnügen der Grund für unsere doch recht beschwerliche Reise. Vielmehr lag der Landrichterin eine Einladung eines treuen Lieferanten vor, sie doch mal in seiner Heimat zu besuchen.
Im Oktober -in St.Kortiniburg war es bereits kalt und regnete jeden Tag- schien dort jeden Tag die Sonne. Die Landrichterin genoss die Sonne sehr, die mir jedoch manches Mal etwas zu viel wurde.
Wir besuchten den Handelspartner der Landrichterin und lernten viele nette Händler und so manch für uns unbekanntes Handelsgut kennen. So orderte ich für die bevorstehende Weihnachtszeit eine grosse Lieferung Orangen und Mandeln für die Kinder in St.Kortiniburg.
Ein Händler machte uns darauf aufmerksam, dass wir unbedingt Gibraltar besuchen sollten. Bei gutem Wetter könne man von dort direkt bis zum fernen Afrika schauen.
Wir folgten dieser Empfehlung und waren ein wenig enttäuscht. Afrika konnten wir tatsächlich klar und deutlich sehen, sonst gab es dort aber nichts interessantes. Gibraltar ist ein mächtiger nackter nur von Affen bewohnter Felsen. Die Landrichterin und ich waren uns einig, dass dies vermutlich der einzige Flecken auf unserer Erde ist, um den es niemals Kriege geben wird.
Gekrönt wurde unsere Reise durch eine ganz besondere Einladung .
Der Sultan von Granada höchstpersönlich lud uns in seine Residenz, die Alhambra. Wir verbrachten dort einen sehr schönen Tag und der Sultan zeigte uns seinen gesamten Palast. Sogar die Privatgemächer durften wir uns anschauen. Nach der Besichtigung lud der Herrscher mich zu einem Tee ein und übergab die Landrichterin an seine Mutter, die Sultanine. Er zwinkerte mir zu und kündigte an, mir später noch etwas besonderes zu zeigen. Wir hatten ein recht interessantes und kurzweiliges Gespräch, welches nur durch einen kurzen Besuch der Mutter des Sultans unterbrochen wurde. Sie hatte wichtige Nachrichten für ihn.
Nach einiger Zeit, es fing bereits an zu dunkeln, teilte mir der Sultan mit, dass es mit der Überraschung leider nichts wird. Eigentlich wollte er mir Einblick in seinen Harem gewähren. Aber wegen Renovierungsarbeiten, an die er vorher nicht mehr gedacht hatte, sei eine Besichtigung leider nicht möglich. Ich war ein wenig enttäuscht. Von einem Harem hatte mir ein reisender Händler bereits berichtet. Nun hätte ich die einmalige Gelegenheit, einen solchen zu besuchen und es wurde mir verwehrt.
Ich verabschiedete mich vom Sultan und machte mich mit der Landrichterin auf den Weg in unsere Herberge.
Es war ein wunderschöner Tag. Ob allerdings nicht doch die Landrichterin ein wenig an der Sache mit dem Harem „gedreht“ hatte, weiss ich bis heute nicht.
Wie herrlich war es hier im Süden. Die Fahrt bis dort war etwas anstrengend gewesen, aber die wärmende Sonne und das rauschende Meer entschädigten fast sofort dafür. Der herzliche Empfang, den kortini und die Landrichterin bei ihrem Handelspartner genossen hatten war sehr erfreulich. Er verstand sich wahrlich auf Gastfreundschaft. Die Unterkunft bequem und zweckmäßig war nur wenige Schritte vom Meer entfernt.
Und als kortini und die Landrichterin von einem kleinen Spaziergang am Strand zurückkehrten hatte der Koch ein Mahl zubereitet, welches beide so noch nie genossen hatten. Zunächst kam eine kalte Gemüsesuppe auf den Tisch, Gazpatcho genannt. Als diese vertilgt war kam der Koch mit ein paar Fischen in Salzkruste. Geschickt klopfte er das Salz wieder ab. Die Befürchtung, dass der Fisch dadurch verdorben sei war völlig unberechtigt. Ganz zart und wohl schmeckend landete er mit ein wenig Gemüse in ihren Mägen. Krönender Abschluss bildete eine Eierspeise mit Karamellsauce.
Genau von diesem Essen schwärmte die Landrichterin einige Tage später der Sultanine vor. Sie und kortini waren vom Sultan eingeladen worden und besuchten ihn in seinem Palast, der weithin als Alhambra bekannt war. Feinste kunsthandwerkliche Arbeiten waren im ganzen Palast zu bewundern. Und nachdem sie im Palast rumgeführt worden waren war die Landrichterin, wie gesagt, mit der Sultanine, der Mutter des Sultans, in ihre Privatgemächer gegangen. Bei einem Glas Tee, der sehr heiß und sehr süß war saßen sie zusammen und plauschten über Essen, Mode aber auch über Handel und Politik.
„Ihr habt hier wirklich einen sehr großartigen Palast. Ein jeder wird Euch dafür beneiden.“ Die Sultanine lächelte geschmeichelt. „Ihr habt noch nicht mal alles gesehen. Wenn ich mich nicht ganz in meinem Sohn täusche wird dieser Eurem kortini sicher bald auch noch den Harem zeigen.“ „Den Harem?“ fragte die Landrichterin. „Was ist das denn?“ „Das sind die Gemächer der Frauen und Konkubinen des Sultans. Sie leben dort alle zusammen.“ Die Landrichterin wurde ganz blass im Gesicht. Ihr stockte der Atem. „Ist Euch nicht wohl?“ „Der Sultan hat mehr als eine Frau? Geht denn das?“ Die Sultanine sagte nun fast entschuldigend „Aber ja. Das ist bei uns so üblich. Verzeiht wenn ich Euch einen Moment alleine lasse.“
Nach kurzer Zeit kam die Sultanine mit einem Lächeln auf dem Gesicht zurück und sie unterhielten sich noch eine ganze Weile. Wie die Landrichterin später, als sie wieder mit kortini beisammen saß, sich nach seinem Eindruck und fast wie zufällig nach dem Harem erkundigte stellte sie erleichtert fest, dass kortini keinen Fuß in diesen gesetzt hatte. „Stell dir das mal vor. Der Harem wird renoviert meinte der Sultan. Ob er damit die Gebäude oder die Damen gemeint hat weiß ich allerdings nicht.“ und zwinkerte mit diesen Worten der Landrichterin zu.
Seit zwei Monaten weilte ich nun schon mit der Landrichterin bei den Mauren. Überall wurden wir stets freundlich empfangen. Die Mauren sind ein sehr gastfreundliches Volk.
Viele neue Handelskontakte konnten wir knüpfen. Gemeinsam haben wir 10 Fuhrwerke erstanden, die regelmässig zwischen unseren Städten und Al-Andalus verkehren. Die Mauren haben Eisenerz aus St.Kortiniburg und Stühle und Tische aus Wilmundsheim vor der Hart geordert. Unsere beiden Städte wiederum sollten regelmässig mit frischen Früchten und mein Weinkeller mit andalusischem Rotwein versorgt werden.
Nun war es Zeit zum Aufbruch. Reich beladen stand unsere Kutsche bereit. Für uns war kaum noch Platz. Gerade wollten wir die Kutsche besteigen, kommt ein Händler angelaufen, den wir hier kennen gelernt hatten. Wild fuchtelt er mit den Armen und rief, wir sollen nicht abfahren.
Der Händler wollte uns nicht abreisen lassen, bevor wir seine Gäste waren. Er lud uns also ein, mit ihm zu kommen. Eine reich gedeckte Tafel erwartete uns in seinem Haus. Die vielen Früchte und erlesenen Speisen waren schon beeindruckend. Nicht alles war mir jedoch bekannt.
Ein recht wohlschmeckendes Stückchen Fleisch erregte meine Neugier. Als mir gesagt wurde, dass es sich um Tintenfisch handelte, verhinderte nur meine gute Erziehung, dass ich den Bissen sofort auf den Tisch spuckte. „Tintenfisch?...“ fragte ich ungläubig. Erst als mir unser Gastgeber versicherte, dass keinesfalls ein Fisch mit Tinte gefüllt oder in Tinte gekocht wurde, nahm ich mir das nächste Stück.
Während die Landrichterin nur ein paar Früchte ass und Wasser trank, liess ich mir die vielen Köstlichkeiten schmecken und spülte alles mit dem leckeren Rotwein hinunter, den der Gastgeber anbot. Wir bedankten uns spät am Abend für die Einladung und verabschiedeten uns von dem Händler.
Frohen Mutes bestiegen wir unsere Kutsche und fuhren ab. Die Reise verging wie im Flug. Kaum waren wir abgereist, schüttelte mich die Landrichterin auch schon an den Schultern und flüsterte „Wir sind in St.Kortiniburg. Du musst aussteigen.“ Aber so richtig gut vertrage ich diese langen Reisen wohl nicht mehr. Ich hatte starke Kopfschmerzen.
Schon als junges Tier war er was besonderes gewesen. Nie war er mit den anderen über die Wiesen und Weiden getollt. Viel lieber stand er alleine am Bachlauf und schaute ganz ruhig den anderen hinterher. Stundenlang. Tagelang.
Nach einigen Jahren, man hätte meinen können er hätte sich geändert da er nun die Hörner bekam. Die Altersgenossen rauften sich um die hübschen Kuhdamen. Nur um deren Aufmerksamkeit und Wohlwollen zu bekommen wurde gezeigt wer denn der Stärkste von allen und der Chef auf der Weide war. Nur unser Stier schaute dem Treiben gelangweilt zu. Was sollte er sich mit den anderen streiten? Irgend eine der Damen würde ihn auch so nehmen. So starrte er vor sich hin und frass. Stundenlang. Tagelang.
Wieder einige Zeit später die jungen Stiere waren zu gar prächtigen Tieren herangewachsen. Alle strotzten vor Kraft, Muskeln und Selbstvertrauen. So stellten sie sich auch zu Schau als eines Tages ein Mann kam um sich alle Tiere anzuschauen. Sie stolzierten und schnaubten, scharrten mit den Hufen und rannten. Es war die wahre Pracht. Und was waren sie stolz als einige von ihnen auf einen Karren geladen wurden.
Der Mann kam auch zu unserem Stier. „Was ist denn mit dem los?“ und piekte mit einem Stock in dessen Seite. Stur blieb er ganz ruhig stehen und kaute einfach weiter. „Ach der. Der ist schon immer so. Viel zu ruhig für einen Stier. Aber was soll ich machen?“ So begab es sich, dass unser Stier nicht mit auf den Karren durfte. Dafür kam er aber als einer der wenigen Stiere, die übrig waren, auf die Weide mit den Kühen. Dort steht er wieder ganz ruhig und besonnen. Er wacht über alle und kaut sonst den ganzen Tag vor sich hin. Stundenlang. Tagelang.
Aber was ist aus all den anderen starken Stieren geworden? An einem Morgen hörte man den Bauernlümmel einige Namen der Stiere aufzählen. Er gab damit an, dass diese letzte Woche in der Stierkampfarena Ruhm und Ehre verteidigt hätten. Was er verschwieg, dass der Stierkämpfer im Grunde immer der Gewinner war. So kehrte auch keiner dieser Stiere zurück. Unser Stier hingegen lässt sich auch weiterhin nicht aus der Ruhe bringen. Stundenlang. Tagelang.