Eine kleine Waffenkunde VIII
4.5 Offensivwaffen des Rittertums – Bogen und Armbrust
Der Bogen ist schon seit der Steinzeit nachweisbar und damit die älteste Schusswaffe der Menschheit. Anfangs nur aus einem gebogenen Stab bestehend, entwickelte sich auch bald schon der Bogen aus mehreren zusammengesetzten Schichten, der wesentlich elastischer war und eine größere Schussweite erlaubte. Pfeile waren aus Holz mit Stein-, Horn-, Knochen- oder Metallspitzen. Skyten, Perser und Griechen waren die gefürchtetsten Bogenschützen des Altertums. Die Germanen kannten den Bogen auch, aber nur als Jagdwaffe.
Erst in der Normannenzeit gewann der Bogen als Kriegswaffe wieder größere Bedeutung. Mit jenen kam der Bogen nach England und wurde dort zum zwei Meter hohen, gefürchteten Langbogen weiterentwickelt. Seine hohe Schussfolge von 12 Pfeilen in der Minute und seine hohe Treffsicherheit bekamen zuerst die Franzosen im 100-jährigen Krieg zu spüren und erlebten durch ihn manche Niederlage. Da Bogenschützen nicht für den Nahkampf ausgebildet waren, waren sie meist gut geschützt mit schweren metallbestückten Lederpanzern und Helmen. Zur Verteidigung trugen sie Dolche.
Abb.: Der gefürchtete Langbogen
Legte man den Bogen quer und verband ihn mit einer Führung für den Pfeil sowie einer Schulterstütze, hatte man eine Armbrust. Sie ist bereits schon lange in China sowie bei den Völkern der Antike nachgewiesen. Auch die Römer setzten überdimensionale Armbrüste als Belagerungswaffen ein.
Verschossen wurden hauptsächlich Pfeile, aber auch Kugeln aus Stein, Eisen oder hart gebranntem Lehm oder Ton. Gemessen an der Schussfolge war die Armbrust eher eine „langsame“ Waffe, denn der Vorgang des Spannens der Sehne war sehr aufwändig. Die Waffe musste zunächst abgesetzt werden, dann trat der Schütze mit dem Fuß auf einen Haltbügel und zog die Sehne mit einem Haken in die sogenannte Nuss, die mit dem Abzugshaken verbunden war. Danach erst wurde das Geschoss eingelegt, die Waffe ausgerichtet und abgezogen.
Um den Ladevorgang zu vereinfachen und abzukürzen wurden bald komplizierte Techniken entwickelt, z.B. ein Hebelwerk oder sogar über eine Kurbel bewegte Zahnräder. Die Armbrustschützen selbst waren, weil sie während des Ladevorganges ja nahezu hilflos waren, noch besser gepanzert als die Bodenschützen: eiserne Helme, Kettenpanzer, später sogar eine Art Plattenharnisch. Außerdem trugen sie Schild und Schwert für den Nahkampf.
Abb.: Armbrust, 16.Jh.
Beide Fernwaffen hatten ihre Vor- und Nachteile: Pfeilbogen waren billig in der Herstellung, hatten eine unheimlich hohe Schussfolge und die Schutzmaßnahmen für die Schützen waren ebenfalls günstig. Armbrüste dagegen waren langsam und insgesamt teuer, hatten aber eine wesentlich höhere Durchschlagskraft und damit wesentlich weniger Fehlwirkung. Feuchtigkeit allerdings ließ alle Sehnen an Spannkraft einbüßen und war ein Manko beider Waffen gleichermaßen.
Wie in fast allen anderen Fällen auch wurden sie letztendlich durch die Feuerwaffen abgelöst.
Ende Teil VIII - Fortsetzung folgt
© Hinrik aus Nyenwoerden