Ausgabe 67 | Seite 2 24. August 2008 AD
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Kopfgrafik - © upjers GmbH & Co. KG

Gerlinde – Teil 2

Die Mär über Ziegen oder die Liebe macht blind.

Und so geht es nun weiter.

Bauer Anton lernte auf dem Markt eine Frau kennen. Wie es schien war es Liebe auf den ersten Blick. Sie verkaufte an dem Stand ihres Vaters Tücher und Gewänder. Und als sich ihre Blicke trafen war es um beide geschehen. Die Welt um sie herum hatten sie vergessen. Erst als ihm jemand unsanft von hinten anrempelte weil er den Weg versperrte machte er ein paar Schritte. So kam es, dass er bei dem Tuchhändler bald um die Hand der schönen Tochter anhielt und diese heiratete.

Da hatte Gerlinde dann gelitten. Die holde Angetraute verstand natürlich nicht warum eine Ziege den ganzen Tag dem Bauern folgen musste. So kam sie wieder zurück in den Stall zu den Anderen. Mit gesenktem Haupt und ganz traurig stand sie dann dort in einer Ecke. "Was habe ich mir nur eingebildet?" Ihn Ihrem Elend entging ihr aber, dass ein junger Ziegenbock schon einige Zeit um sie rum geschlichen war. In der Zeit als sie dann mit dem Bauern herum lief war er zu Tode betrübt.

Nun konnte er seinen Augen kaum trauen. Gerlinde war wieder da. Freudig überlegte er gleich wie er ihr seine Liebe gestehen konnte. Aber was war das? Sie stand ganz traurig in der Ecke. So entschloss er sich sie einfach zu trösten "Du arme, weine dich nur an meiner Schulter aus. Ich werde immer für dich da sein. Egal welchen Kummer du hast. Ich bin für dich da." Dankbar nahm Gerlinde das Angebot an und heulte wie wild an der Schulter ihres Verehrers.

Doch eines Tage, sie stand wieder mal ganz nah an ihn gekuschelt, stelle sie fest, dass sie nicht mehr traurig war. Ganz im Gegenteil. Sie war eigentlich sogar glücklich. Und sie merkte, wie ihr Herz zu pochen anfing als ihr zwei große Augen in die ihren schauten. Nein, nicht der Bauer. Ihr Verehrer war es. Er stand ja ganz nah bei ihr. Und nun spürte er, dass seine Stunde gekommen war. So flüsterte er ganz leise in ihr Ohr. "Gerlinde, schon seit langer Zeit ist es um mich geschehen. Du hast mich verzaubert. Ich liebe dich."

Nach diesem Geständnis sah er sie schweigend an. Darauf war sie nicht vorbereitet gewesen. Seit langem hatte er gesagt? Wie konnte das sein? Sie hatte nichts bemerkt. Gut, sie war auch lange blind gewesen. Zu sehr hatte sie gedacht, dass sie der Bauer lieben würde. Das war Unsinn gewesen. Aber jetzt merkte sie wie es ganz warm um ihr Herz wurde. "Wie konnte ich das nur übersehen?" Sie kuschelte sich wieder an ihr und flüsterte ihm ins Ohr "Ich liebe dich auch".

Und wie sollen solche Geschichten wie diese enden? Ganz klar. Wenn sie nicht gestorben sind so leben sie noch heute glücklich bis an ihr Ende. Ab und an hört man Gerlinde meckern. Doch wenn ihr Liebster sie dann anschaut fangen beide an zu lachen und dann gibt es nichts mehr zu meckern.

© Landrichterin


Elisabetha – Hofberichterstatterin

Mein Onkel ist ein Ritter

Heute habe ich einen ganz besonderen Bericht für unsere Leserinnen und Leser. Mein Onkel ist nach 14 Jahren endlich wieder heimgekommen. Er ist jetzt ein waschechter Ritter. Da habe ich es mir natürlich nicht entgehen lassen, ihn zu interviewen. Hier nun sein Werdegang:

Ja, Elisabetha, du warst noch ein Mädchen, als ich mit 7 Jahren meine Familie verlassen musste, um bei einem Ritter meine Ausbildung zu beginnen. Ich erinnere mich noch genau, wie meine Mutter und meine Schwester Rotz und Wasser geheult haben, als mich mein Vater aufs Pferd des fremden Ritters hob, damit ich mit ihm reiten und dort das Ritterhandwerk lernen konnte. Das fiel mir wirklich nicht gerade leicht. Ich war ja noch ein Kind.

Zuerst war ich ein Diener im Hause meines Ritters. Ich spülte Geschirr, entsorgte den Müll, putzte den Boden und musste die Kleider meines Herrn im Bottich waschen. Aber sie lehrten mich lesen, schreiben und mit Rechenlinien und Rechenknoten zu rechnen.

(Rechenlinien / Beispiel = 1809)

Später brachten Sie mir Tischsitten und Etikette bei. Ich musste lernen, mich richtig zu verbeugen, auf Befehl still zu stehen und ich musste das ganze dicke Buch der Ritterwappen auswendig lernen. Wenn ich einen Fehler machte, strafte mich mein Herr. Aber das Flöte spielen und das Tanzen, das sie mir beibrachten, hat mir Spaß gemacht. Und im Pferdestall habe ich auch gern mitgeholfen.

An meinem 14. Geburtstag, wurde ich endlich Schildknappe. Endlich unterrichtete mich mein Ritter in der Waffenkunst. Auch da musste ich alles von Grund auf lernen. Stundenlang habe ich Schwerter und Lanzen mit dem Wetzstein geschleift. Die Übungen mit den Waffen und Rüstungen waren zwar sehr schwer und ich habe mich mehr als einmal verletzt, aber das alles hat mir schon gefallen. Ich musste jeden Tag meinen Körper ertüchtigen und ich musste viele Dinge über die Ritter lernen, wie z.B. die Rittertugenden. Mein Ritter lehrte mich, mit dem Pferd zu reiten, wie kein anderer. Auch schwimmen und Armbrustschießen lernte ich von morgens bis spät abends; Tag für Tag, ganz gleich, wie das Wetter war.

Ich war 7 Jahre lang Diener und 7 Jahre lang Schildknappe. Nach 14 Jahren erhielt ich endlich den verdienten Ritterschlag. Und nun bin ich wieder zu Hause. Aber ich kann nicht lange bleiben, denn ich muss mir einen Herren suchen, dem ich gegen Lohn zum Schutze diene. Aber ich habe endlich meine Eltern wieder gesehen und ich habe sie mit Stolz erfüllt.

© Handelsgilde - Der Erfolg spricht für sich


Die Seefahrer

kortini hatte in einer seiner Manufakturen ein Boot bauen lassen. Es war ein kleines Boot in Q0, da St.Kortiniburg ja sonst keine Boote produziert und auch keine Forschermeister für dieses Produkt beschäftigt.

Mit einem Pferdekarren hatte kortini das Boot persönlich zu dem kleinen See zwischen St.Kortniburg und Wilmundsheim vor der Hart gebracht und im Unterholz versteckt.

Als nun an einem schönen Sommertag die Landrichterin und kortini unterwegs waren, bog der Kutscher –kortini hatte es ihm so aufgetragen- plötzlich vom Weg ab und fuhr herunter zum See. Die Landrichterin schaute kortini verwundert an: „Was macht der Kerl? Warum fährt er über die Wiese?“ Aber kortini beruhigte seine Begleiterin und sagte, dass alles in Ordnung sei.

Am See angekommen, stiegen die beiden aus der Kutsche aus und der Kutscher fuhr sofort wieder ab. Nun standen die Landrichterin und kortini am Ufer des Sees mitten im Wald und ganz allein. kortini strahlte die Lady an und sagte: „Ich habe eine kleine Überraschung vorbereitet.“ Er ging zu einem grossen Busch und zog das versteckte Boot und einen Picknikkorb hervor. „Wir machen eine Seefahrt.“ sagte er stolz.

Die Landrichterin schaute etwas skeptisch auf die kleine „Nussschale“, sagte aber nichts. Und als kortini, nun bereits in dem wackelnden kleinen Boot stehend, ihr die Hand reichte, überwand sie sich sogar und stieg mit ein. Das Boot schaukelte heftig und lag fast so tief im Wasser, dass es über den oberen Rand schwappte. Und dabei lag das Boot noch am Ufer.

kortini strahlte über´s ganze Gesicht. Die Landrichterin setzte sich vorsichtig auf den Platz im Heck. kortini schnappte sich die Ruder und legte ab. Im strahlenden Sonnenschein ruderte kortini auf den See hinaus. Die beiden unterhielten sich angeregt und genossen den Ausflug. Auch die Landrichterin hatte ihre Skepsis abgelegt und fand Gefallen an der Bootsfahrt.

So ziemlich in der Mitte des Sees drang plötzlich ein wenig Wasser durch die Ritzen zwischen den Planken. Während die Landrichterin besorgt zum weit entfernten Ufer blickte, beruhigte kortini sie. „Dieses Boot wurde von den besten Bootsbauern von St.Kortiniburg gebaut. Uns kann nichts passieren.“ Dass St.Kortiniburg keine Bootsbauer beschäftigte und somit der alte Werkzeugschmied der beste war, erzählte er natürlich nicht.

kortini schnappte sich einen kleinen Klumpen Pech, der vorsorglich unter dem Platz im Bug lag und knetete ihn zwischen den Fingern weich. Dann stopfte er das kleine Loch und es drang kein Wasser mehr ein. Mit den blossen Händen begann kortini, das im Boot stehende Wasser auszuschöpfen.

Schnell war das Boot wieder leer und die Fahrt konnte weiter gehen. kortini wollte gerade nach den Rudern greifen, da flog ihm der frisch eingesetzte Pechklumpen an die Stirn und blieb dort kleben. In jeder anderen Lage hätte die Landrichterin über den komischen Anblick gelacht. So aber sah sie voller Erschrecken, wie nun viel mehr Wasser in das kleine Boot eindrang. Ziemlich schnell war es vollgelaufen und gesunken.

Die Landrichterin, kortini und der Picknikkorb schwammen im See. Von dem Boot waren nur noch die Ruder zu sehen, die neben den Schwimmern trieben. Zum Glück konnten die beiden schwimmen. So erreichten sie das Ufer und kletterten an Land. Da standen sie nun in nasser Kleidung triefend mitten im Wald. Vielleicht hätte kortini doch einen versierten Bootsbauer beauftragen sollen, statt wieder einmal nur an´s Sparen zu denken.

Als der Kutscher wie verabredet am Abend erschien, um die beiden abzuholen, bemerkte er von dem Missgeschick nichts. Er brachte die zwei zurück nach St.Kortiniburg, wo sie den Abend gemütlich bei einer Flasche Rotwein vor dem Kamin ausklingen ließen.

Wie sie es geschafft hatten, die nassen Kleider zu trocknen und was während dessen geschah, erzählten sie niemandem.

© St.Kortiniburg / Die Handelsgilde – der Erfolg spricht für sich


Nachbarn

Bauer Ochsenkopf und Schäfer Ziegenbart wohnten schon lange in unmittelbarer Nachbarschaft. Schon ihre Eltern wohnten direkt nebeneinander.

Die beiden konnten sich nicht sonderlich gut leiden. Jeder versuchte immer, die Fehler des anderen aufzudecken. Mal hatte ein Schaf von Ziegenbart drei Rübenblätter des Nachbarn abgefressen, mal war ein wenig Stroh von Ochsenkopf´s Getreidefeldern herübergeweht und hatten Ziegenbarts Hof verschmutzt. Ständig hatten sich die beiden wegen solcher schwerwiegender Probleme in den Haaren.

Letzten Sommer jedoch geschah folgendes: Es war ein heisser und trockener Sommer. Das Getreide verdörrte auf den Feldern und die Schafe fanden kein saftiges Gras und magerten ab.

Die beiden Streithähne jedoch konzentrierten sich nur auf ihren Nachbarn. „Von deinem Ödland weht der ganze Staub auf meine Weiden und stört meine Tiere.“ wetterte Ziegenbart. „Deine Tiere kriegen das doch gar nicht mit. Die sind zu schwach, den Kopf zu heben, die mickrigen Viecher“ konterte Ochsenkopf. So stritten die beiden den ganzen Sommer.

Im Herbst brachte Ochsenkopf das Stroh ein, was körnerlos auf dem Feld stand und Ziegenbart verkaufte die noch lebenden Schafe an den Seifenmacher. Mit leeren Vorratskammern und kaum einem Taler in den Taschen gingen die beiden in den Winter. Es war ein strenger Winter.

Schon im Januar ging Ziegenbart das Brennholz aus. Drei lange kalte Tage verbrachte er ohne Heizung in seinem Haus. Dann aber hielt er es nicht mehr aus. Schweren Herzens ging er zu Ochsenkopf und fragte nach ein paar Scheiten Holz. „Sieh zu, dass du von meinem Grundstück kommst!“ polterte dieser. „Hättest du eben vorsorgen müssen, statt mich immer nur anzugreifen.“ Verzweifelt ging Ziegenbart zurück in sein kaltes Haus. Er wickelte sich in drei dicke Wolldecken ein und wusste nicht, wie es nun weitergehen, wie er den Winter überstehen sollte.

Nach ein paar Stunden klopfte es an der Tür. Ohne dass Ziegenbart etwas sagen konnte, sprang die Tür auf und Ochsenkopf trat herein „Komm mit rüber in mein Haus, du Trottel. Ich kann dich ja nicht erfrieren lassen. Aber wehe, du frisst mir meine Vorräte weg!“ Ochsenkopf drehte sich um und ging wieder zurück in sein Haus. Dass er keine Vorräte mehr hatte, war ihm vermutlich entfallen.

Ziegenbart packte alle seine Vorräte in die Wolldecken, warf sich das Bündel auf den Rücken und stapfte zum Haus seines verhassten Nachbarn. So saßen sie, so weit wie möglich voneinander entfernt, gemeinsam in einem Haus. Sie wärmten sich mit Ochsenkopf´s Holz und aßen Ziegenbarts Vorräte.

Da es recht langweilig ist, allein in einer Ecke zu sitzen, fingen sie sogar an, miteinander zu sprechen. Immer mehr kamen die beiden ins Gespräch. Und als Ende März der Winter endlich wich, kratzten sie ihre letzten Silbergroschen zusammen und kauften gemeinsam drei Säcke Saatgut und vier trächtige Mutterschafe.

Heute ist die Bauerngenossenschaft „Ochsenkopf und Ziegenbart“ das erfolgreichste Unternehmen in ganz St.Kortiniburg. Und weit über die Grenzen der Stadt hinaus werden die Produkte mit diesem Namen gern gekauft.

© St.Kortiniburg / Die Handelsgilde – der Erfolg spricht für sich


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