Ausgabe 47 | Seite 4 13. April 2008 AD
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Der Wettbewerb aus Sicht des Gewinners

Sonntagmorgen – ein Tag wie jeder andere. Oder auch nicht. War da nicht noch etwas? Kurz vor 9 Uhr quäle ich mich aus dem Bett. Länger geschlafen als sonst, Kopfschmerzen, es verspricht ein guter Tag zu werden. Also als erstes Kaffee aufgesetzt, und das Tagblatt aufgeschlagen. Ein paar Artikel versprechen langweilig zu sein, die werden einfach überblättert, den Rest wie üblich von A bis Z gelesen. Nach einigen Minuten komme ich auf der Wettbewerbsseite an und traue meinen Augen nicht: Brote Q3 werden gefordert. Die Kopfschmerzen sind wie weggeblasen, schnell packe ich meinen Taschenrechner, ein Blatt Papier und einen alten Bleistift aus, um auszurechnen wie viele Brote ich während des Wettbewerbs produzieren kann. Bei einer Bauernhofsfläche von 420.000 m² verspricht das nicht wenig zu werden. Dann der erste Schock:
Meine Getreidereserven reichen nicht im Geringsten aus, um meine Produktion voll auszulasten. Mir fehlen bis Ende des Wettbewerbs fast 30 Mio. Scheffel Getreide, das sind in Worten: Dreißigmillionen. Ich laufe zu Hochform auf: Wenn ich schon selbst 15 Mio. Brote produzieren kann, dann noch mal ein paar Dutzend Millionen Stück dazu kaufe, ist mir der Sieg sicher. Das wird zwar ein teurer Spaß, aber ich bin schließlich Mitglied der Gilde der Farmer und Züchter (GFZ) und kann mir daher jeder nur erdenklichen Unterstützung sicher sein. Das Getreideproblem scheint damit ja schon mal gelöst. Schnell noch im GFZ-Forum bekannt geben, dass ich mitmache und dann nix wie an die Kaffeetasse.

Mittags schaue ich wieder ins Gildenforum. Was sehe ich da? Die ersten Angebote über Getreide. Nicht sonderlich viel, aber besser als nix. Und dann sind da noch die vielen Angebote:
„Verkaufe dir meine Brote“
„Ich produzier für dich Brote“
„Kriegst von mir Brote“
...

Ich bin erfreut über die Unterstützung, aber genauso schockiert: Wenn ich hier fast ausschließlich Brote bekomme, woher nehme ich dann das Getreide für meine eigene Produktion? Zu dem Zeitpunkt gab es schon die ersten Getreideverkäufe im Wettstreitbereich des Regnum-Forums. Dort noch Getreide bestellt, einen „Kaufe Brote“-Thread erstellt, und dann war der Tag auch schon wieder rum. Die erste Woche verlief ruhig. Viele Statussymbole die ich im Laufe der Existenz meiner Stadt angehäuft habe, wurden wieder verkauft, um alle Ankäufe tätigen zu können. Das war insbesondere deshalb notwendig, da ich fast permanent den höchsten Ankaufspreis hatte (die Anfängerförderungsaktion dreier Städte mal nicht mitgezählt).

Nach einer Woche, am Sonntag kamen dann erste Zweifel. 30 Mio. Brote hatte ich bereits gekauft, aber würde das wohl reichen? Was, wenn nicht? Was, wenn jemand schon bei 40, 50 oder gar 60 Mio. wäre? Was wenn meine Brote nur noch für einen 4. Platz reichen würden? Ich hatte meine Stadt schon zu einem Großteil ausgeschlachtet, viele Reserven hatte ich nicht mehr, aber jetzt war alles zu spät. Zähne zusammen beißen und durch!
In der zweiten Woche des Wettbewerbs blieb es dann still. Die Ankaufspreise sanken ins Bodenlose, die Konkurrenz wurde geringer, und ich fühlte mich wieder etwas sicherer. Von einigen anderen Ankäufern wusste ich, dass sie es nicht auf einen ersten Platz abgesehen hatten, oder es finanziell auch gar nicht hätten schaffen können.
Die Woche verging ohne Zwischenfälle. Meine Statussymbole waren restlos verkauft, die Gebäude, die ich entbehren konnte, waren ebenfalls weg, und ich lebte in der ständigen Angst, dass meine Arbeiter einen Aufstand anzetteln könnten. Eine Arbeitslosenquote, die von 0 % auf 25 % stieg, war alles andere als angenehm. Doch dann war es endlich soweit. Der Tag der Wahrheit. Würde es reichen? Ich hatte über 17 Mrd. ¢T investiert, das entsprach dem 17-fachen meines Allods und mehr als 80 Mio. Broten. An diesem Freitag wurde nur noch wenig eingekauft, und auch noch der letzte Taler aus meiner Stadt gepresst. Mehr war nicht drin. Gegen Nachmittag setzte dann die quälende Ungewissheit ein. Reicht es? Wer könnte mehr haben und vor allem, wie viel mehr? Was, wenn kurz vor Schluss jemand wenige Tausend Brote mehr einschickt als ich? Ich hatte nur noch Geld für wenige Hundert Stück. „Was wenn?“ war die alles bestimmende Frage. Was, wenn es nicht reicht?
Von diesem Wettbewerb hing mehr ab, als nur eine Medaille, sondern 17 Mrd. Taler, die Existenz meiner Stadt. Es wird Monate dauern, sie wieder vollständig aufzubauen, wenn der Wettbewerb jetzt umsonst war? Dann wäre nichts übrig geblieben.
Die letzten Minuten verbrachte ich im Gildenchat. Alle sprachen mir Mut zu:
„Das wird schon“
„Du packst das“
„Mach dir keine Sorgen, das passt“

Bis dahin hatte ich noch kein einziges Brot eingeschickt. Aus Kapiland wusste ich, dass es ein großer Fehler sein kann, wenn man seine Karten zu früh aufdeckt, wenn man der Konkurrenz die Möglichkeit gibt, nachzuziehen. Also warten, warten, warten ... Noch 4 Minuten. Jetzt oder nie. Ich hatte die Daten schon alle eingegeben und muss nur noch auf „versenden“ klicken. Und dann ist es geschehen: 81.060.648 Brote im Gesamtwert von 17.142.705.839,04 ¢T verschwinden aus meinem Lager und tauchen in der Wettbewerbsstatistik auf Platz eins auf. Die Nervosität steigt, der Puls rast, der Blutdruck ist ungesund hoch. Dann der Countdown: 3 Minuten, 2 Minuten, 60 Sekunden ... „gleich werde ich überholt“, „das reicht doch nie“, „Ohmannomanoman“, die Gedanken kreisen alle um die Möglichkeit, dass ein anderer noch mehr Brote hat. Dann geht’s auf die Zielgerade: 10 Sekunden, 5 Sekunden, 3 Sekunden, 2, 1, das war's.
Der Server ist nicht mehr erreichbar wegen der Statsberechnung. Das letzte was ich gesehen habe war, dass ich noch immer auf Platz 1 lag und niemand an mir vorbeigezogen ist, geschweige denn, noch deutlich aufgeholt hätte. Das ist es! Ich habe gewonnen, und so wie es aussieht auch noch mit einem gigantischen Vorsprung! Wahnsinn!
Die Erleichterung war unbeschreiblich, und die Freude über den Sieg ebenfalls.

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Lieferanten, sowie bei der GFZ und der TIB bedanken. Außerdem namentlich bei den Städten:
Micramax (für den Verkauf von mehr als 20 Mio. Scheffeln Getreide, ohne die meine eigene Produktion alt ausgesehen hätte)
Frisius, Stadthalter von Friesland (für die moralische Unterstützung, die ich während der Halbzeit bitter nötig hatte)
Epana, Burg Cochem, Mäder, Sumftenberg, Kleinopitz, Wiesenthal, Dissowe, Herzogtum Schwaben, Citivas Lesnitz, Buerzelingen, lobbytown, Dresden-Ciddy, Eichberg, Gifagburg, jan1 und alle, die ich eventuell vergessen haben sollte, für die tatkräftige Unterstützung.
Würde ich nochmal bei einem Wettbewerb mitmachen? Auf keinen Fall.
Wie lange es dauert bis sich meine Stadt erholt hat? Einige Monate
Ob ich Stolz bin? Ja. Besonders auf die Gilde, in der ich das Privileg habe, Mitglied zu sein, und ohne die ich das niemals geschafft hätte.
Gruß,

© Consus









Sei dir bewußt, was du weißt. Was du hingegen nicht weiß, das gib zu. Das ist das richtige Verhältnis zum Wissen.

Konfuzius




Pecunia non olet - Geld stinkt nicht.

(Titus Flavius Vespasianus)

Eingesandt durch Sophie von Kirchhain




Schlagzeilen im Mittelalter

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Nehmen wir einmal an, im Mittelalter wären alle Bürger schon des Lesens kundig gewesen und es hätte schon Boulevardzeitungen gegeben, die mit reißerischen Schlagzeilen ihre Auflage steigern wollen.

Wie hätten damals wohl die Schlagzeilen ausgesehen?

Liebestolle Schneidersfrau überfiel Bischof

Grosse Aufregung in der Bischofsresidenz! Als Nonne verkleidet hatte sich Magda Wibbelfurth, die Frau des örtlichen Schneidermeisters, in das Gebäude geschlichen und dem Herrn Bischof in seinem Schlafgemach aufgelauert.

Mehrere Wachen waren notwendig, die liebestolle Frau fortzuschaffen. Sie hatte sich an den Bischof geklammert und schrie fortlaufend: "Ich will euch, erfüllt mich mit eurer Heiligkeit!"

Die Inquisition überprüft, ob hier eine Teufelsaustreibung vorgenommen werden muss. Ihr Mann, der Schneidermeister, dazu befragt: "Sie war schon immer etwas merkwürdig. Ich musste im Bett immer hohe spitze Hüte tragen und lateinische Sätze sprechen!"

Betrügerischer Schreiberling erwischt
- des Schreiben unkundig!


Mit dieser Masche ließ sich gutes Geld verdienen: Friederich Nonnenperl reiste durch die Städte und Dörfer und bot seine Dienste als Schreiberling an. Allerdings konnte er selbst nur sehr wenig lesen und schreiben!

Arglos vertrauten ihm die einfachen Menschen wichtige Papiere an und baten ihn darum, eine Antwort zu verfassen. Diese Schreiben wurden dann offensichtlich zusammenhanglos von anderen Schriftstücken abgemalt.

In den Antworten wurde die Frau Gräfin als "tragende Muttersau mit rosigen Zitzen" bezeichnet, die Frau Oberin als "abgehangener Leberwurstring" und der Herr Bürgermeister als ein "Eimer voller Schlachtabfälle".

Eine Untersuchung ergab: Als Vorlage für seine Machwerke diente ein älterer Bericht der Schlachterinnung.

Fischfang beim Wasserlassen

Einen ungewöhnlichen Fall hatte der Medicus Franz Badenstelz gestern zu behandeln. Der Rotschmied Karl Hasenfang kam mit großen Schmerzen zu ihm: Ein Fisch hatte sich an seinem besten Stück festgebissen!

"Das viele Bier musste doch wieder raus!", jammerte der Unglücksrabe. Mit einem gehörigen Rausch wollte er sich in den Gemeindeweiher entleeren, doch kaum hatte er die Hosen herabgelassen, wurde er auch schon das "Opfer" des rabiaten Wasserbewohners.

"Die Anklage wegen Wildfischens haben wir fallen gelassen, der gesamte Rat hat Tränen gelacht!", versicherte ein schmunzelnder Vertreter des Gemeinderats.

© Max Hohenstein, Chronist von Wulferisbuttle






Ein Tag am Freigericht

Es ward wieder Zeit den Gerichtstag abzuhalten. Der Knecht hatte bereits die Stühle unter der stattlichen Buche aufgestellt. In Kürze würden die Herren Schöffen eintreffen. Auch war für das leibliche Wohl der hohen Herren gesorgt. Die Mägde waren bereits seit Tagen emsig in der Küche zugange. Ich nahm nun nochmals die Akten zur Hand. Es war einiges zusammengekommen, innerhalb der letzten achtzehn Wochen. Betrug, Raub, und gar ein Mord. Aber es gab auch viele harmlose Dinge zu erledigen. Eigentumseintragungen und Streitigkeiten über ebensolche. Es würde sich sicherlich jede Menge Volk einfinden, um dem Schauspiel beizuwohnen. Nun denn, es wurde Zeit. Ich machte mich auf den Weg, um diese Aufgabe hinter mich zu bringen.

Mit großen Schritten ging ich würdevoll, in meine Amtstracht gehüllt, nach draußen. Mein Diener war mit den Akten immer an meine Fersen geheftet. Alle Augen waren nun auf mich gerichtet, aber dies war ich ja gewöhnt, in meinem Amt als Stadtoberhaupt von Wilmundsheim vor der Hart. „Sind alle Beteiligten anwesend?“ ging meine Frage an den Gerichtsdiener. „Ja, Euer Ehren, alle vollzählig.“ „Somit erkläre ich den ersten Gerichtstag dieses Jahres für eröffnet.“

Als erstes wurden nun diejenigen aufgerufen, um die Eintragung ihrer neu erworbenen Grundstücke und Gebäude vornehmen zu lassen. Dann traten die Streitparteien wegen eines Grundstücks vor. „Euer Ehren, bei der Verhandlung zum Kauf, wurde mir eine Größe von 2.000 m² zugesichert. Als ich nun das Grundstück von meinen Baumeistern abschreiten ließ, stellte sich heraus, dass es nur 1.500 m² waren. Ich verlange, dass mir ein Drittel des Kaufpreises zurückgezahlt werden!“ Die nächsten traten hervor. „Jener Schreiner hat, als ich seine Werkstatt verlassen wollte, sein Werkzeug nach mir geworfen. Ich konnte vier Wochen nicht auf meinem Afterballen sitzen.“ So ging es immer weiter.

Zum Schluss führte man einen jungen Mann vor. Mit lauter Stimme verlas ich die Anklage. „Dem Schmied Frowin wird vorgeworfen, im Dezember letzten Jahres die Jungfrau Elisabeth geschändet und ermordet zu haben. Das ganze soll in den elterlichen Ställen der Jungrauch geschehen sein. Was hat er zu seiner Verteidigung vorzubringen?“ Frowin, ein schmächtiger und unscheinbarer Mann, hielt den Blick fest auf den Boden geheftet. „Sprecht! Es ist seine letzte Gelegenheit.“ Zornig fuhr nun Frowin hoch, wie verwandelt, war Wut und Hass in seinem Gesicht zu sehen. „Euer Ehren. Es war nicht meine Schuld. Das Weib war eine Hexe. Sie hat mich dazu gebracht.“ Schon war der Ausbruch wieder vorbei und der Delinquent schwieg.

Aber was war geschehen. In der Nacht zu Stankt Nikolaus kam ein Bote in mein Haus geeilt und überbrachte die Nachricht, dass etwas Schändliches geschehen sei. Ich machte mich sogleich zum Ort des Geschehens auf. Als ich dort eintraf, berichtete mir die Wache, was geschehen sein soll. „Eine Gestalt ist schon einige Tage ums Haus geschlichen. Der Knecht hat ihn beobachtet. Und als gestern Abend die Herrschaften einer Einladung folgten, hat er zugeschlagen. Die Jungfer war nicht wohl auf und hütete das Bett. Zu später Stunde muss sie gleichwohl ihre Kammer verlassen haben und auf den Hof getreten sein. Dort muss sie der Kerl erwischt haben und in den Stall gezerrt haben.“ Ich fragte dazwischen. „Hat sie sich denn nicht gewehrt?“ „Oh doch, Euer Ehren. Sie muss dem Recken mit den bloßen Händen tiefe Wunden zugefügt haben. Sie hat blutüberströmte Finger. Unter den Nägeln fand sich eine große Menge seiner Haut. Aber es hat ihr nichts genutzt. Er hat sie geschändet und dann mit einem Dolch direkt in ihr Herz gestochen. Auch der Knecht, der gerade seinen Rundgang begann und die Geräusche gehört hatte, kam zu spät. Er sah nur noch den Schatten aus dem Stall und über eine Mauer huschen.“ Nach einigen Tagen war es dann gelungen, Frowin aufzugreifen. Er war vor lauter Schmerzen zu einer Heilerin gegangen, die seine Wunden an Hals und Brust lindern sollte.

Dies alles berichteten die Wache und der Knecht nun auch vor dem Gericht. Frowin stand hier unter der Buche vor ihr und den Schöffen und wagte es zu behaupten, dass die ehrbare Jungfrau eine Hexe sei. Da sich sonst niemand zu seiner Verteidigung fand, war es wohl alles klar. „Hiermit wird der Schmied Frowin für schuldig befunden und zum Tode durch den Strang verurteilt.“ Sogleich trat der Henker vor und ergriff den Delinquenten. Die Schlinge war schnell vorbereitet. Die Gaffer und Schaulustigen jubelten, als er schließlich an der Buche baumelte.

Mit einem Schauer schloss ich die Akten mit den Worten „Hiermit ist der erste Gerichtstag dieses Jahres beendet“ und verließ den Schauplatz. Noch im Gehen murmelte ich leise: „Hoffentlich gibt es bei mir zuhause etwas Erfreulicheres.“

© Wilmundsheim vor der Hart / Die Handelsgilde – der Erfolg spricht für sich




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