Schlagzeilen im Mittelalter, Teil 4
Nehmen wir einmal an, im Mittelalter wären alle Bürger schon des Lesens kundig gewesen und es hätte schon Boulevardzeitungen gegeben, die mit reißerischen Schlagzeilen ihre Auflage steigern wollen.
Wie hätten damals wohl die Schlagzeilen ausgesehen? Hier ist Teil 4:
Schafbock zum Prinz gekürt!
"Jetzt hat er wohl endgültig den Verstand verloren!", berichtet kopfschüttelnd Johann Webenwuller, engster Berater von König Simon IX. "Nachdem er seine beiden Söhne bei dem schrecklichen Feuer verloren hat, hat er jetzt einen Schafbock adoptiert."
"Aber die Königin hat zugestimmt, was soll ich da tun? Immerhin riecht er besser, als die meisten anderen Angehörigen des Hofes!"
Bauer gewinnt Rübenwettessen!
"Das kommt von der Sauferei!", schimpft Hanna Schnepfdorf. "Mein Mann kommt immer auf so blöde Ideen, wenn er mit seinen Kumpels in der Schenke hockt."
Kurt Schepfdorf, ein örtlicher Rübenbauer stellte sich der kuriosen Wette, wer schneller einen Eimer voller Rüben leerfressen könne: Er oder die Ziege seines besten Freundes, Siegfried Bollenfort. Durch einen Trick gelang ihm der Sieg. Er lenkte die Ziege mit einem Eimer frischen Bieres ab.
Der Sieger dazu: "Nie wieder im Leben werde ich auch nur eine einzige Rübe essen! Mir ist so schlecht!"
Minnesänger starb vor Schreck!
"Er war so romantisch! Und so feinfühlend!", schluchzt Maria von Guldenpfuhl.
Der junge Minnesänger Johann von Pfeiffenberg bemühte sich wie jeden Abend, die Gunst seiner Angebeteten zu erringen. Leider sang er versehentlich vor dem Fenster seiner stark übergewichtigen Schwiegermutter in spe.
Ein Augenzeuge: "Plötzlich stand sie auf der Brüstung ihres kleinen Balkons - so wie Gott sie schuf! Er schrie noch auf: Ich bin blind! Ich bin blind! Dann rannte er mit dem Kopf gegen einen Baum und fiel tot nieder."
Achtfacher Vater trotz 10 Jahren Kreuzzug!
Der edle Ritter Bruno von Kalkwald kehrte nach 10 Jahren von einem ausgedehnten Kreuzzug aus Jerusalem zurück und musste feststellen, dass er in seiner Abwesenheit achtfacher Vater geworden ist.
"Ein bisschen verwundert war ich schon", erzählte der neugebackene Vater. "Aber der Herr Bischof, der meine Frau während meiner Abwesenheit seelsorgerisch betreute und ihr nicht von der Seite gewichen ist, hat mir versichert, dass so etwas durchaus durch die Gnade Gottes passieren könne."
"Die Wege des Herrn sind nun einmal unergründlich!"
© Max Hohenstein, Chronist von Wulferisbuttle
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"Apello a papa male informato ad papam melius informandum."
"Ich appelliere vom schlecht informierten Papst an den besser zu informierenden Papst."
(Martin Luther [abgedruckt 1518])
Eingesandt durch Mausburg
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Die Backsteingotik
Die Gotik ist ein in ganz Europa anzutreffender Baustil, der vor allem bei den großen Kathedralen aber auch repräsentativen weltlichen Gebäuden zur Anwendung kam. In Norddeutschland allerdings und im gesamten südlichen und östlichen Ostseeraum sind abbaubare Steinvorkommen eher selten, so dass man zum Bau auf andere Materialien ausweichen musste. Holz war nur für kleine Gebäude geeignet, aus dem Lehm der Böden ließen sich aber trefflich Ziegel brennen.
Mit der Kolonisation und Christianisierung der östlich der Elbe liegenden Gebiete durch Heinrich den Löwen, der Gründung neuer Städte wie Lübeck, dem Aufstreben der Hanse und dem Ruf nach Visualisierung von Einfluß und Reichtum, wurden daher Dome, Rathäuser und zunehmend auch Patrizierhäuser aus Backstein errichtet. Mit der weiteren Kolonisation der Ostseeküsten bis nach Estland durch den Deutschen Orden, fand der Backstein auch beim Burgenbau Verwendung. Schönstes Beispiel ist die Marienburg.
Im Laufe der Zeit entwickelt sich ein eigener Backsteingotik-Stil. Die Bauwerke sind wuchtig, nicht so verspielt wie im Süden. Flächen werden weiß getüncht und bilden einen Kontrast mit dem dunklen Backstein. Auch wird der Stein selbst zu Mustern und Ornamenten gemauert und lockert so die Flächen auf. Später kommen so genannte Formsteine hinzu, die nicht mehr nur eckig sind, sondern Rundungen, Kannelierungen, Winkel bilden und zu den damals üblichen Stilelementen zusammengesetzt wurden.
© Hinrik aus Nyenwoerden
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Bourbelier vom Wildschwein
Zutaten:
2 kg Wildschweinbraten (Frischling)
1/2 l Rotwein
1/4 l Weinessig
1/4 l Verjus*
100 g getoastetes Landbrot
1 Tl. Ingwerpulver
1 Tl. Zimtpulver
1 Tl. Paradieskoerner**, im Moerse zerstossen
1 Prise Nelkenpulver, etwas mehr
15 g Salz, grobes
* ersatzweise 150 ml Apfelessig mit 100 ml Wasser verduennt
** Malaguettapfeffer, ersatzweise schwarze Pfefferkoerner
Zubereitung:
Vorbereiten der Sauce zum Begiessen:
Den Wein, den Essig, den Verjus, das Salz und die Gewuerze mischen. Das Brot
darin einweichen, wenn es aufgegangen ist, mit einer Gabel zerdruecken. Man
kann das Ganze noch durch ein Sieb treiben, es ist jedoch nicht unbedingt
erforderlich.
Den Braten abbruehen:
Das Fleisch in kochendes Wasser tauchen und herausnehmen, sobald es seine
Farbe veraendert. Diese Vorgehensweise dient dazu, das Fleisch von seinen
oberflaechlichen Verunreinigungen zu saeubern und verringert nicht im
geringsten seine geschmeckliche Qualitaet, ganz im Gegenteil.
Den Braten auf einem Drehspiess befestigen, auf den Grill ueber eine
Abtropfpfanne haengen. Die Garzeit betraegt etwa 30 Minuten pro Pfund. Den
Braten haeufig mit der Wuerzsauce betraeufeln, indem man als Pinsel einen
Rosmarinzweig benutzt.
Am Ende der Garzeit den Rest der Sauce ueber den Braten giessen. Die Sauce in
eine Schuessel geben, man serviert sie zum Braten. Falls mehr Sauce gewuenscht
wird, die Abtropfpfanne aufs Feuer setzen und mit wenig Wasser die
karamelisierten Saefte loesen. Man erhaelt einen schoenen gebraeunten Saft,
kostet ihn, schmeckt mit Salz ab und traegt dann auf.
Anmerkungen: Das Rezept in dieser oder aehnlicher Form ist ein Klassiker
der franzoesischen Rezeptbuecher aus dem Mittelalter. Es ist schon in dem
Viandier des Taillevent, einer Handschrift aus der Bibliothek des Vatikan,
enthalten. Auch von Autor des Ménagier des Paris wird es erwaehnt - er
erlaeutert, dass der Begriff bourbelier das Rueckgrat (Kamm) des Wildschweins
bezeichnet.
© MurmelTown
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