Ausgabe 26 | Seite 3 28. Oktober 2007 AD
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Erlebnisse eines Ex-Freifräuleins



Heute möchte ich mal auf ein ernstes Thema zu sprechen kommen. Auch wenn ich gerade mich am Liebsten darüber auslassen möchte, wie intensiv das faule Pack von Knechten einen kräftigen Tritt in das Gesäß benötigt, um ein wenig fleißiger für den Lohn zu sein, den sie eigentlich nicht verdienen. Vielleicht sollte ich es so wie gewisse andere machen und ihnen doch regelmäßig eine Tracht Prügel verabreichen lassen. Aber das ist heute nicht der Punkt, über den ich zu sprechen wünsche.

Es geht um die Mildtätigkeit, die unser aller Anliegen sein sollte, so wahr wir Christenmenschen sind. Letzteres trifft nicht auf die Karawanenbegleiter aus dem Morgenland zu, die ich regelmäßig sehe, wenn ich mir die neuesten Seiden und Teppiche ansehe. Dennoch konnte ich nicht umhin zu beobachten, dass selbst diese Wesen mit der dunklen Haut sich in Mildtätigkeit üben. Einmal fragte ich einen Herren, der mir bereitwillig Auskunft gab. Sein Glaube gebiete es ihm, sagte er.

Ja, auch mein Glaube hält mich zur Milde an und damit auch zum Almosen geben. Nun ja, man kann ja in der Kirche etwas in den Korb als Gabe an die Bedürftigen geben. Oder einem Hilfswerk etwas zukommen lassen. Möglich ist es aber auch, ein passendes Gebäude selbst zu errichten, wie ein Armenhaus. Es gibt so viele Felder, auf denen es zu arbeiten gilt. Arme, kranke, begabte Kinder aus armen Häusern. Ich weiß nicht, wo ich beginnen soll. Also habe ich erst einmal ein Armenhaus gebaut und dort hin meine Waren gespendet. Schon interessant, was die so brauchen. Dennoch vertraue ich den Forderungen, weil meine eigenen Angestellten sie mir hinterbringen.

Aber ach, nicht dass die mich, statt reale Wünsche zu nennen, hintergehen. Neulich ist das in der Nachbarschaft passiert. Da sammelte ein Mann alte Kleider für die Bedürftigen, die Armen, die nackt durch den Winter kommen müssen. Die armen Kinder, sie taten den Menschen leid. Aber einige Tage später tauchten diese Sachen in der Nachbarstadt auf. Nicht an armen Kindern, sondern auf dem Markt. Der Betrüger ist aus der Stadt gejagt worden und nur knapp dem Abschneiden seiner Ohren entgangen. Die Inquisition hatte mit einer Hexe zu tun und für ihn keine Zeit.

Betrüger, die sich am Leid anderer bereichern. Und am Mitleid derer, die helfen wollen. Ich befürchte, dieses Problem wird auch in 500 Jahren noch bestehen ...

Eure Ellisa von Mayenfells

© Ellisa von Mayenfells



Hexen Teil 4

4. Gerichtsverfahren

In vielen Städten gibt es sie noch, die alten Hexentürme. Den Namen haben sie bekommen, da dort Personen untergebracht wurden, die der Hexerei angeklagt waren. Sehr oft waren es normale Türme in der Stadtbefestigung, die einfach zur sicheren Verwahrung der Hexen verwendet wurden.

Nach Ansicht der Kirche hatten Hexen durch den Bund mit dem Teufel ein Zeichen von ihm erhalten, das sogenannte Hexenmal. Auffällige Leberflecken, Hautveränderungen oder Warzen waren besonders verdächtig. Zur Prüfung gab es eine einfache Methode, es wurde mit einer Nadel in solche Funde gestochen. Trat kein Blut aus, konnte es sich nur um ein Zeichen des Teufels handeln. Weiterhin wurde vermutet, dass die Zauberkraft der Hexen in ihren Haaren steckte.

Beide Vermutungen führten erst einmal dazu, dass die Angeklagten vollständig entkleidet wurden. Sehr oft wurden den Frauen auch sämtliche Haare von Kopf und Körper entfernt, um eventuelle Zauberzeichen zu entdecken und auch ihre Zauberkraft zu brechen.

Es folgte die Befragung, deren Fragen durch einen Katalog, beispielsweise dem Hexenhammer, festgelegt waren. Besonders wurde nach dem Umgang mit dem Teufel gefragt des weiteren waren die Vergehen der Angeklagten, sowie weitere Zauberkundige interessant.

Führten die Fragen bei den verängstigten Frauen nicht zum gewünschten Ergebnis, folgte die sogenannte peinliche Befragung, Folter ist eigentlich die richtige Bezeichnung für diese grausamen Prozeduren. Hier wurde erst einmal damit begonnen, die Foltermethoden und deren Werkzeuge genau zu beschreiben. Genüsslich wurden die einzelnen Folterinstrumente vorgezeigt, um den Angeklagten ein Geständnis zu entlocken.

Blieb dieses aus, wurde zu den eigentlichen Foltern gegriffen, Daumenschrauben, Streckbank, Schwedentrunk, Ritt auf der Schamgeiss: Die Menschheit war in solchen Sachen schon immer sehr erfinderisch. Vergessen darf man dabei aber nicht, dass diese Folterungen nach damaliger Ansicht dazu dienten, dem Menschen seine unsterbliche Seele zu retten. Ein Geständnis entriss die Beklagten den Klauen des Teufels und die gerettete Seele konnte nach entsprechender Reinigung doch noch in den Himmel aufsteigen.

Natürlich kam es fast immer zu einem Geständnis, je nach Schmerzgrenze früher oder später. Aber auch ein fehlendes Geständnis führte nicht etwa dazu, dass die Angeklagten als unschuldig erklärt und freigelassen wurden. Solche Sünder waren besonders verstockt und zu sehr an den Teufel gebunden, so dass dieser sie alle Schmerzen ertragen liess. Kam es während der Verhöre zu einem Todesfall, wurde auch hier Satan als der Schuldige erklärt, der sich die Seele seiner treuen Anhängerin geholt hatte.

Nach dem Geständnis kam es zu weiteren Verfolgungen, die genannten Mittäter wurden abgeholt und den gleichen Qualen unterworfen. Die Geständige wurde öffentlich auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Als besondere Gnade galt kurz vor der Verbrennung das Brechen des Genicks oder das Umhängen eines Pulversäckchens um den Hals. Auch der Akt der Verbrennung galt als Reinigung und diente so dem Wohle der vermeintlichen Hexe.

© Max Hohenstein, Chronist von Wulferisbuttle



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