Ausgabe 25 | Seite 2 21. Oktober 2007 AD
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Der heimliche Klingenschmied

Anno 1736 wurde ich im Kapi-Regnum-Land als vierte Tochter eines Schmieds und einer Schneiderin geboren. Alle Hoffnung meines Vaters auf einen Sohn waren somit erneut nicht in Erfüllung gegangen. Folglich schenkte er mir nur wenig Beachtung. Als ich heran wuchs, beobachtete ich aus einem sicheren Versteck heraus meinen Vater heimlich bei der Schmiedekunst. Ich war fasziniert von dem lodernden Feuer, dem glühende Eisen und den gleichmäßigen Schlägen des Schmiedehammers. Immer stärker keimte der Wunsch in mir auf, meinem Vater zu helfen. Ich prägte mir jeden Arbeitsschritt genau ein. Abends, wenn Vater die Schmiede verließ, schlich ich mich heimlich in die Schmiede und übte den Umgang mit dem schweren Hammer auf einem Stück Holz. Eines Tages, an einem Sonntag, fasste ich einen Entschluss. Ich wollte Schmiedin werden.
So schlich ich mich bei den sonntäglichen Kirchgängen meiner Eltern und uns Kindern heimlich aus der Kirche davon, eilte in die Schmiede und begann damit, das Feuer in Gang zu setzen und das Eisen zum Glühen zu bringen. Dann eilte ich kurz vor Ende des Gottesdienstes zurück in die Kirche und wir gingen nach Hause. Wie immer ging mein Vater nach der Kirche noch auf einige Gläser Bier in das Wirtshaus. Dies konnte schon mal einige Stunden dauern. Nun wagte ich mich an das Glühende Eisen, ließ den Hammer auf und nieder sausen, bis das Eisen die gewünschte Form hatte. Immer wieder bearbeite ich das Eisen, brachte es zum Glühen, ließ den Hammer darauf niederfahren, löschte es im Wasser ab und alles von vorn. Und dann, dann war meine erste Klinge bereit. Zufrieden mit meiner ersten Arbeit verließ ich die Schmiede.
Als nun Vater aus dem Wirtshaus kam saß ich artig über meiner Näharbeit. Nun ging Vater in die Schmiede und wollte das Feuer entfachen und mit seiner Arbeit beginnen. Kurz darauf kam er aufgeregt in unser bescheidnes Haus und erzählt aufgeregt was er in der Schmiede vorgefunden hatte. EINE FERTIGE KLINGE! Er hielt sie in der Hand und zeigte sie uns.
Ein Meisterstück, sagte er, ein Meisterstück. Alle starrten wie gebannt auf die Klinge.
„Wer war das“, fragte meine Mutter. Nur ein Kopfschütteln meines Vaters. Mutter und Vater fanden keine Erklärung. Das Geheimnis musste gewahrt werden und wir erhielten striktes Verbot, darüber zu reden. So ging es mehre Sonntage und ich fertigte heimlich Klingen. Doch dann verbreitete sich die Kunde des heimlichen Klingenschmiedes im Kapi-Regnum-Land. Es war von Teufelswerk die Rede, von heimlichen Hexenkünsten und Zauber wurde gesprochen. Aus Angst vor diesem Übernatürlichen wollte keiner mehr in unserer Schmiede etwas kaufen.
Noch einmal wollte ich es versuchen, eine besondere Klinge an einem Sonntag zu schmieden.
Wieder schlich ich mich aus der Kirche fort und begann meine Arbeit. Da war es nun, das Schwert - dass Kapi-Regnum-Schwert, besser als alles was man je gesehen hatte im Kapi-Land. Stolz betrachtete ich mein Werk und dann - Stimmen überall Stimmen. Ich hörte Rufe wie, dass gibt es nicht, unglaublich, du hast die Klingen hergestellt. Verwirrt schaute ich auf und sah meinen Vater und andere Einwohner vom Kapi-Land. Mein Vater kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. Meine Tochter, der heimliche Klingenschmied!
Von da an arbeitete ich täglich mit meinem Vater in der Schmiede. Vergessen waren Teufelswerk und Hexenzauber. Sogar Aufträge aus den edelsten Häusern vom Kapi-Land gingen bei uns ein und wir erlangten Reichtum, Wohlstand und Ansehen im Kapi-Regnum-Land.

© Die Tochter des Schmieds zu Schloss Spangenberg



Auf hoher See (Teil 1)

Die Ankunft zu Hause

Das ganze Dorf versammelte sich um den Hafen. Schon seyt den frühen Morgenstunden warteten die Dorfbewohner auf die Ankunft des Schiffes. Viele Monate ist´s her, als die große St. Julia im Hafen von Groynstadt in See stach. Die Männer des Dorfes zogen auf die weyte Reyse durch die Meere, um neues Gold und Silber ihren Familien aus den Schlachten zu bringen. Seyt dem waren Frau und Kind alleyn zu Haus und mussten mit dem Geld, welches die Männer da gelassen hatten, gut haushalten um über die Runden zu kommen. Nun brachen schon die frühen Morgenstunden an, und das große Segelschiff war nirgends zu sehen. Auf den Dächern sitzten die Buben, am Steg standen die Frauen und auf den Bänken saßen die Alten, als der Himmel sich über dem Meer rötlich färbte. Um Vollmond schon wollten sie kommen. Versprochen hatten sie es! Und da endlich, hinter der aufgehenden Sonne kam eyn Schiff am Horizont geradewegs auf die Insel zu. Lautes Jubeln durchdrang die kühle Morgenluft und wenige Minuten später sprangen die Frauen umher und warfen sich ihren Männern um den Hals. Freudentränen kullerten hier und da mal über die Wange. Doch eyn älterer Herr, geschätzte 40, blieb toternst und verschaffte sich Gehör, während er sich auf eyner Kiste im Boot aufrichtete:

„Wieder kommen wir nun nach Hause. Die Taschen voller Goldmünzen und die Hände voller Silberlinge. Das Schiff ist auch noch heyl und alle freuen sich auf das große Festmahl heute Abend. Doch wir haben auch schlechte Nachrichten mitgebracht.“

Angespannte Stille trat eyn, während der Herr sich seyne Pfeife anzündete und fort fuhr,

„Eyn großartiger Mann ist von uns gegangen.“
Sofort wurde getuschelt und eynige Frauen, welche immer noch nach ihren Männern suchten, brachen in Tränen aus.
„Jeder von uns hat ihn gekannt. Er war herzlich, freundlich, großzügig, tapfer und … Er war eynfach eyn besonderer Mensch …“
„W-w-wer ist gestorben?“, heulte eine junge, hübsche und blonde Frau aus der Menge. Der Kapitän der Flotte rieb sich über die Stirn, blickte in die Mitte und verkündete von seynem Stapel Kisten aus: „Wolfgang … er ist von uns gegangen.“

Wieder heulte die Frau auf: „Wieso? Wieso gerade er? Er war eyn so toller Ehemann. Konntet ihr ihm nicht helfen?“ Abermals strich sich der Kapitän über die Stirn. Er schüttelte den Kopf und stützte ihn in die Hände. Eyne peynliche Stille trat ein, welche nur durch das Schluchzen der hübschen, jungen Frau gebrochen wurde. Der Kapitän fand seyne Stimme wieder und ging auf die Frau zu. Er stützte das Gesicht der blonden Frau auf und sagte: „Er war eyn toller Kerl. Er tat alles für die Mannschaft und starb wie er es wollte. Er sagte immer: Wenn ich sterbe, dann im Kampf gegen diese Schurken. Und genauso geschah es! Nun hat er endlich Ruhe, und er hätte nicht gewollt, dass wir uns wegen ihm das Fest kaputt machen. Das soll ich dir übrigens noch überreichen.“ Der Kapitän zog eyn goldenes Amulett aus seyner Hosentasche, legte es der Frau in die Hand und schloss sie mit den Fingern.

Anschließend widmete er sich wieder der Menge und verkündete: „Und nun! Lasst euch in eure Häuser von euren Frauen führen und macht euch für den Abend bereyt!“
Mit diesen Worten johlte die Menge auf und begab sich lachend und quatschend auf die Straßen …

© Petri

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