Ausgabe 25 | Seite 4 21. Oktober 2007 AD
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Zofe Adelgunde

Erinnert Ihr Euch noch an diesen Schmied mit seiner Schlampe. Also, ich war mir ja schon immer sicher, dass sie eine Hexe ist und ich habe das mit dem Priester in unserer Kirche besprochen.
Erst einmal hat er nichts gesagt und mich beruhigt. Ich solle doch mich selbst bewahren und darauf achten, niemanden zu Unrecht beschuldigen. Aber als wir dann länger sprachen, war er schon erschüttert. Leider ist zur Zeit kein Ermittler in Sachen Hexen unterwegs. Jedoch die Schlampe, die mir den Schmied weggenommen hatte, trägt seit heute Hauben. Sie verbergen ihr gesamtes Gesicht. Dabei hatte er mir doch schöne Augen gemacht, weil ich so sittsame Kleidungsstücke schon immer getragen hatte. Nun macht sie es mir nach. Erst dachte ich, sie würde sich endlich ein wenig passender kleiden, aber dann sah ich genauer hin. Die breite Randrüsche der Haube verbarg ein blau geschlagenes Auge, das rechte Auge. Also muss jemand mit der Hand zugeschlagen haben. Der Schmied benutzt lieber die linke Hand. Och, was mag nur geschehen sein?
Ich mag diese Schlampe nicht, aber sie tat mir leid. Also gab ich ihr eine der Birnen, die ich in meinem Korb für meine Herrin geholt hatte. Sie freute sich sehr, dass jemand so aufmerksam war.
Das habe ich dem Priester erzählt. Er lobte mein Mitgefühl und ich fühle mich nun viel besser. Bin ich ja auch, im Vergleich zu diesem Flittchen.

Eure Adelgunde

© Ellisa von Mayenfells




Kraftsuppe




Kraftsuppe
Man nimmt ein altes Huhn, zerschneidet es in kleinen Stücken, zerstößt es in einem Mörser, thut es in einen Topf, legt einige in kleine Stücke geschlagene Markknochen, etliche Kalbsknochen, und ein gutes Stück Brodrinde dazu, nebst etwas ganzer Muskat-Blüthe, gießt Hühner- oder sonst gute Fleischbrühe hinzu und läßt es solange sieden bis man glaubt daß Kraft genug herausgezogen ist. Dann treibt man es durch einen Durchschlag, thut ein Stück Butter u. Salz hinzu, läßt sie noch einmal aufkochen und richtet sie über geröstete Weisbrodschnittchen an.



© MurmelTown

Quelle: Historisches Kamener Kochbuch - Agnes Meyer-Jellinghaus (aus der Abschrift von Hans-Jürgen Kistner und Rudolf Neuhaus)





"Regium est male audire et bene facere."

"Es ist das Schicksal der Herrschenden, daß man über sie schimpft, auch wenn sie ihre Sache gut machen."

(Autor unbekannt)

Eingesandt von Mausburg



Bourbelier vom Wildschwein
Rubrik: Fleisch, Haarwild, Mittelalter, Wildschein




Zutaten:
  • 2 kg Wildschweinbraten (Frischling)
  • 1/2 l Rotwein
  • 1/4 l Weinessig
  • 1/4 l Verjus*
  • 100 g getoastetes Landbrot
  • 1 Tl. Ingwerpulver
  • 1 Tl. Zimtpulver
  • 1 Tl. Paradieskoerner**, im Moerse zerstossen
  • 1 Prise Nelkenpulver, etwas mehr
  • 15 g Salz, grobes

Zubereitung: * ersatzweise 150 ml Apfelessig mit 100 ml Wasser verduennt
** Malaguettapfeffer, ersatzweise schwarze Pfefferkoerner

Vorbereiten der Sauce zum Begiessen:
Den Wein, den Essig, den Verjus, das Salz und die Gewuerze mischen. Das Brot darin einweichen, wenn es aufgegangen ist, mit einer Gabel zerdruecken. Man kann das Ganze noch durch ein Sieb treiben, es ist jedoch nicht unbedingt erforderlich.

Den Braten abbruehen:
Das Fleisch in kochendes Wasser tauchen und herausnehmen, sobald es seine Farbe veraendert. Diese Vorgehensweise dient dazu, das Fleisch von seinen oberflaechlichen Verunreinigungen zu saeubern und verringert nicht im geringsten seine geschmeckliche Qualitaet, ganz im Gegenteil.

Den Braten auf einem Drehspiess befestigen, auf den Grill ueber eine Abtropfpfanne haengen. Die Garzeit betraegt etwa 30 Minuten pro Pfund. Den Braten haeufig mit der Wuerzsauce betraeufeln, indem man als Pinsel einen Rosmarinzweig benutzt.

Am Ende der Garzeit den Rest der Sauce ueber den Braten giessen. Die Sauce in eine Schuessel geben, man serviert sie zum Braten. Falls mehr Sauce gewuenscht wird, die Abtropfpfanne aufs Feuer setzen und mit wenig Wasser die karamelisierten Saefte loesen. Man erhaelt einen schoenen gebraeunten Saft, kostet ihn, schmeckt mit Salz ab und traegt dann auf.

Anmerkungen: Das Rezept in dieser oder aehnlicher Form ist ein Klassiker der franzoesischen Rezeptbuecher aus dem Mittelalter. Es ist schon in dem Viandier des Taillevent, einer Handschrift aus der Bibliothek des Vatikan, enthalten. Auch von Autor des Ménagier des Paris wird es erwaehnt - er erlaeutert, dass der Begriff bourbelier das Rueckgrat (Kamm) des Wildschweins bezeichnet.

© MurmelTown

Quelle: http://www.kirchenweb.at



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