Ausgabe 233 | Seite 2 15. Januar 2012 AD
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Kopfgrafik - ? upjers GmbH & Co. KG

Sprechende Steine

Buchstabe H
Haare

Nach Auffassung des Alten Testaments war das Haar der natürliche Schmuck des Menschen, sowohl der Frau als auch des Mannes. So beschnitten sich die Auserwählten Gottes, die Naziräer, nie ihr Haupthaar. Ein Beispiel dafür ist Samson oder Simson. Sein Leben wird im Alten Testament der Bibel im Buch der Richter in den Kapiteln 13–16 geschildert. Als einem Auserwählten Gottes (Nasir) durfte u. a. sein Haar nie geschnitten werden. In diesem lag das Geheimnis seiner unbezwingbaren Stärke, die sich in außergewöhnlich zerstörerischen und schließlich selbstzerstörerischen Wutausbrüchen äußern sollte (Ri 13,1-16,31). Das Buch der Richter beschreibt in Kapitel 16 das schicksalhafte Ende des Samson. Er begab sich nach Gaza und verliebte sich in Delila am Bach von Sorek. Die Philister drängten Delila, das Geheimnis der Stärke Samsons herauszufinden. Schließlich erfuhr sie, dass diese in seinem Haar gründete, und sie verriet ihn. Samson wurden seine Haare abgeschoren und daraufhin wurde er durch die Philister gefangengenommen, geblendet und als Blinder zum Mahlen von Getreide eingesetzt, eigentlich eine typische Arbeit von Sklavinnen, die als besonders entehrend galt. Samson rächte sich. In Richter 16 lesen wir (V 28): Simson aber rief den Herrn an und sprach: Herr Herr, denke an mich und gib mir Kraft, Gott, noch dies eine Mal, damit ich mich für meine beiden Augen einmal räche an den Philistern. (V 29): Und er umfasste die zwei Mittelsäulen, auf denen das Haus ruhte, die eine mit seiner rechten und die andere mit seiner linken Hand, und stemmte sich gegen sie (V 30): und sprach: Ich will sterben mit den Philistern! Und er neigte sich mit aller Kraft. Da fiel das Haus auf die Fürsten und auf alles Volk, das darin war.

Samsonfigur in der Martinikirche in Halberstadt Ein Nasir (נָזִיר) war im Judentum ein Asket, der Gott gegenüber freiwillig einen besonderen Eid leistete. Bestandteile des Eides sind: 1. auf alkoholische Getränke wie Wein und Bier völlig zu verzichten, ebenso auf Weintrauben, Rosinen und Essig, 2. sich keiner Leiche und keinem Grab zu nähern, selbst wenn es sich um einen nahen Verwandten handeln sollte, 3. sich nicht die Haare und den Bart zu schneiden.

Zu diesen Menschen gehörten auch der Prophet Samuel und Johannes der Täufer. Im heutigen Judentum ist es nach der Zerstörung des Tempels unmöglich geworden, den Eid mit dem vorgeschriebenen Opfer abzuschließen. Das Nasiräertum kann man als eine Art zweite, freiwillige Priesterschaft verstehen. Umstritten ist, ob der Apostel Paulus oder Jesus dazuzurechnen sind. Auch von einer zölibatären Lebensweise ist nicht die Rede. Das Mönchstum kann hiermit nicht verglichen werden.

Delila schert Simson die Haare, Kupferstich von Meister E.S. 1460/1465 Die Haartracht spielt noch eine andere Rolle, man lese den 1. Korintherbrief 11, 14-15: "Lehrt euch nicht auch die Natur, dass es für einen Mann eine Unehre ist, wenn er langes Haar trägt, aber für eine Frau eine Ehre, wenn sie langes Haar hat? Dieses Haar ist ihr als Schleier gegeben." Nach mittelalterlicher Bibelauslegung galt entweder das lange Haar der Frau als Schleier und Symbol ihrer Keuscheit oder als offenes langes Haar als Verkörperung der Wollust. Die Große Hure aus der Offenbarung wurde so dargestellt wie auf einem Kapitell aus dem 12. Jh. in Vézelay. Uns heute bleibt der Verdacht, egal, was die Frau gemacht hat, man hat es, je nach Bedarf, zu ihren Ungunsten augelegt. Das Kapitell aus Vezélay ist besonders erwähnenswert, weil dem Steinmetz eine besonders kunstvolle Frisur zu meißeln gelungen ist. Hier sind eine langhaarige Frau und ein bärtiger König dargestellt. Sie stehen für Wollust und Stolz.

Jesus hatte wohl nicht diese gesetztliche Ansicht wie die jüdischen Geistlichen oder die offizielle Kirchenlehrer. Im Lukasevangelium 7 lesen wir von einer Einladung in das Haus eines Synagagogenältesten. Dort tritt eine Frau ein, deren Ruf wohl nicht der beste war. Sie zerbrach eine Alabasterflasche vol Salböl. Sie warf sich zu seinen Füßen, küßte sie und weinend trocknete sie sie mit ihren offnen Haaren. Der Phasisäer wollte Jesus aufklären und ihm sagen, dass sie eine Prostituierte ist und sie aus dem Haus werfen. Da kam ihm Jesus mit einem Gleichnis zuvor. "Jesus begann: "Zwei Männer hatten Schulden bei einem Geldverleiher. Der eine schuldete ihm fünfhundert Denare, der andere fünfzig. Doch keiner von ihnen konnte ihm das Geld zurückzahlen. Da erließ er es beiden. Was meinst du, wer von beiden wird wohl dankbarer sein?" "Ich nehme an, der, dem die größere Schuld erlassen wurde", antwortete Simon, der Gastgeber. "Richtig!", sagte Jesus zu Simon und drehte sich zu der Frau um. "Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen, und du hast mir nicht einmal Wasser angeboten, dass ich den Staub von meinen Füßen waschen konnte. Doch sie hat meine Füße mit ihren Tränen gewaschen und mit ihren Haaren getrocknet. Du hast mir keinen Begrüßungskuss gegeben, aber sie hat gar nicht aufgehört, mir die Füße zu küssen, seit ich hier bin. Du hast mir den Kopf nicht einmal mit gewöhnlichem Öl gesalbt, aber sie hat meine Füße mit teurem Balsam eingerieben. Ich kann dir sagen, woher das kommt: Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben worden, darum hat sie mir viel Liebe erwiesen. Wem wenig vergeben wird, der zeigt auch wenig Liebe." Dann sagte er zu der Frau: "Ja, deine Sünden sind dir vergeben!" Die anderen Gäste fragten : "Für wen hält der sich eigentlich, dass er auch Sünden vergibt?" Doch Jesus sagte zu der Frau: "Dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden!"

Einige Bibelausleger meinen, bei dieser Frau könnte es sich um Maria Magdalena handeln. Daher haben wir folgende Bilder ausgewählt.

Maria Magdalena mit Myrrhegefäß (Ikone)


Maria Magdalena mit Salbungsgefäß und Engeln, 15. Jh. - Urheber Jochen Jahnke in Wikipedia
























© Thalassa von Kerygma

Ehrlose Berufe im Mittelalter

Hinrichtung von Seeräubern am 10 September 1573 in Hamburg - Flugblatt Nachrichtensammlung Wick (1560-1586)

Von einigen Berufen im Mittelalter habt ihr bestimmt schon einiges gehört und/oder gelesen. Wußtet ihr denn auch, das es Berufe gab, die unehrenhaft (ohne Ehre) waren? Menschen, die diese Berufe ausübten, wurden von der Gesellschaft gemieden und verachtet. Wobei diese Menschen die Berufe nicht aus irgendwelchen merkwürdigen Vorlieben annahmen, sondern schlicht wegen Geldnot und weil jemand diese Arbeit verrichten mußte.

Aber was sind denn nun solche verachteten Berufe und was waren die Aufgaben?

Der bekannteste Beruf ist wohl der Scharfrichter, auch Henker, Schinder oder Züchtiger genannt. Auch wenn der Scharfrichter „nur“ auf Befehl „tötete“ oder „quälte“, sah die Gesellschaft dies als unmoralisch und unangenehm an. Der Ruf des Henkers „klebte“ auch an seiner Familie. Niemand wollte engeren Kontakt „zu diesen Leuten“ oder sie gar zum Nachbarn haben. So lebten die Scharfrichter mit ihrer Familie meist außerhalb der Stadtmauern in einer miesen Wohngegend.

Weitere unehrenhafte Berufe waren, wegen der unangenehmen Aufgaben, der Abdecker (auch Schinder genannt) und der Totengräber.

Der Abdecker hatte zur Aufgabe, Teile der toten Körper von verendeten Tieren weiterzuverwerten. „Abdecken“ kann man auch „enthäuten der Tierkadaver“ nennen. Ein Abdecker hatte also folglich viel Kontakt mit toten Tieren und hatte aus diesem Grund ein erhöhtes Risiko an gefährlichen Krankheiten, wie z.B. Milzbrand, zu erkranken. Er wohnte auch weit außerhalb der Stadt, wegen der ungeheuerlichen Geruchsbildung der Tierkadaver. Auf diesen Geländen besteht teilweise noch heute die Gefahr, an Milzbrand zu erkranken, da der Milzbranderreger über Jahrhunderte „überleben“ kann. Die Knochen der „auseinandergenommen“ Tiere gab der Abdecker weiter an die Seifensiedereien. Die Häute gingen an die Gerbereien und das verfaulte Fleisch an Salpetersiedereien. Manchmal war der Abecker einer Stadt gleichzeitig auch der Henker, weil man von einem Beruf alleine nicht leben konnte. Beide Berufsgruppen waren so sehr geächtet, dass sie keinen Kontakt zu anderen Menschen der Gesellschaften pflegten. Sogar in Gasthäusern mußten sie an einem Tisch sitzen, der weit abseits von den anderen stand.

Der Totengräber war dafür verantwortlich, wie der Name schon sagt, die Gräber für die Toten auszuheben und wieder zuzuschaufeln, nachdem die Toten hinein gelegt wurden. Auch richtete er die Leichen für das Begräbnis her (waschen, kleiden, richtig ins Grab legen).

Im Laufe der Zeit wandelte sich das Bild der unehrenhaften Berufe. Mal waren es mehr, mal weniger Berufe, die verachtet wurden. Das war abhängig von Zeit, Ort und somit dem lokalen Umfeld. Eine zeitlang galten sämtliche Berufe, bei denen man Kontakt mit Kranken, Verurteilten, Verletzten und Toten hatte, als unehrenhaft.

Hinrichtung von David van der Leyen und Levina Ghyselius in Gent, 14. Februar 1554



© DaLaDorf



Rezepte

Grünkohl durcheinander
mit Mettenden
(4 Personen)

Zutaten:

  • 1 große Zwiebel
  • 1-2 Teelöffel Brühe
  • 6- 10 große Kartoffeln
  • 4 Mettenden
  • 1 Glas vorgegarter Grünkohl
  • Pfeffer, Salz



Zubereitung:

Zwiebeln schälen und mit Öl anbraten. Kartoffeln schälen und klein schneiden. Die Kartoffeln kurz mit den Zwiebeln anbraten lassen und mit Wasser auffüllen. Immer darauf achten, das die Kartoffeln gerade mit Wasser bedeckt sind.

1-2 Teelöffel Brühe hinzugeben, die Mettenden in den Topf geben, anstechen und mit den Kartoffeln köcheln lassen. Sollten die Kartoffeln schnell gar sein, müssen die Mettenden mit vorhandener Flüssigkeit in einem separaten Topf weiterköcheln, bis sie weich sind.

1 Glas vorgegarten Grünkohl zu den Kartoffeln geben, umrühren, stampfen und erwärmen. Der vorgegarte Grünkohl darf nicht kochen. Wenn die Mettenden weich sind, mit der Flüssigkeit in den Grünkohl/Kartoffeltopf geben und kräftig umrühren und stampfen. Mit Pfeffer und Salz abschmecken.

Wird frischer Grünkohl verwendet:

Grünkohl vorher blanchieren. Dann mit den Zwiebeln anbraten. Kartoffeln und angestochene Mettenden dazugeben. Zutaten mit Wasser bedeckt auffüllen und 1-2 Teelöffel Brühe hinzugeben. Den Inhalt des Topfes lange köcheln lassen, bis alles gar ist. Immer wieder umrühren und auf die Wassermenge achten, damit nicht Mutter`s Gewürz das Essen einholt. Zum Schluss darf nur wenig Wasser übrig bleiben, das beim Stampfen des Topfinhaltes sich mit den Kartoffeln und dem Grünkohl vermischt. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Tipp: Noch besser scheckt der Grünkohl, wenn er am nächsten Tag aufgewärmt wird
Tipp zu Mengenangaben: 1/2 Topf Grünkohl benötigt einen 1/2 Topf Kartoffeln

Guten Appetit wünscht Euch Sissi

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