Ausgabe 232 | Seite 2 8. Januar 2012 AD
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Der Kalender im Mittelalter

Petrus astronomische Uhr in der Uppsala Kathedrale, (aus wikipedia: von Olaus Magnus) Ein neues Kalenderjahr beginnt; wir schreiben das Jahr 2012 post Christum natum, besser bekannt als 'anno domini'. So hätte man sich im Mittelalter ausgedrückt. Der Kalender, den wir als Werbegeschenk beim Bäcker und in der Apotheke erhalten, sodass wir am Neujahrstag nicht wissen, wohin damit, war im frühen Mittelalter eine Sache der Gebildeten, der Geistlichen und Chronisten, die die staatstragenden Dokumente verwalteten oder die Kirchenbücher führten, was in den meisten Fällen auf das Selbe herauskam.

Daher haben sich die lateinischen Namen der Monate und Wochentage, die aus der Antike stammen, durchgesetzt. Grundlage dafür ist der Julianische Kalender, der durch Gaius Julius Caesar eingeführt wurde. Schon vor Caesar verwendete man in Rom einen in 12 Abschnitte (mensis) eingeteilten Mondkalender. Einen regelmäßigen Schaltzyklus, wie wir ihn kennen, führte erst Caesar ein, nachdem er in Ägypten den Astronom Sosigenes kennengelernt hatte. Durch die Fachleute für den ägyptischen Kalender entstand die neue Kalenderform des Julianischen Kalenders. Im alten römischen Kalender traten Unregelmäßigkeiten auf. Das Jahr hatte nur 355 Tage. Um vom altrömischen auf den julianischen Kalender umzustellen, ergab sich ein Umstellungsproblem: Das "verworrene Jahr", nach römischer Zählung 708 Jahre "ab urbe condita" (nach der Gründung Roms) wurde auf 445 Tage verlängert und begann am 14. Oktober 47 v. Chr. Im alten römischen Kalender wurde in den Schaltjahren der Februar zunächst auf 23 Tage verkürzt und der Schaltmonat "Mensis intercalaris" eingefügt, der ergänzend auch die herausgekürzten Tage des Februar beinhaltete. Unter Caesars Nachfolger Augustus gab es noch verschiedene Änderungen der Kalenderberechnung. Ginge ich aber auch noch darauf ein, wären wir immer noch nicht beim Thema: Kalender des Mittelalters.

Die geograhische und politische Ausdehnung des Römischen Reiches brachte die weite Verbreitung dieses Kalendariums mit sich. Durch das Bildungssystem der Klöster wurde es auf das Frankenreich übertragen. Wie schwierig die Einführung eines allgemeingültigen Kalenders war, zeigt sich an den unterschiedlichen Terminen des Jahresanfangs. Er war in Ägypten am 29. August, in Konstantinopel und später auch in Russland am 1. September, im westlichen Mittelmeerraum meist am 25. Dezember, und in anderen Ländern an noch anderen Tagen. Erst ab dem 13. Jahrhundert setzte sich der 1. Januar im Westen mehr oder weniger allgemein durch, im Osten erst viel später. Noch heute erhielt ich ein Urlaubsmitbringsel aus Griechenland von einem orthodoxen Kalender, der am 1. Oktober 2011 beginnt. Also wenn in Griechenland das Neue Jahr schon drei Monate vor unserem anfängt, können wir hoffen, dass sie ihre Wirtschaft genauso vorzeitig flott bekommen. Im Mittelalter jedenfalls gab es noch ein heilloses Durcheinander. Der landwirtschaftliche Kalender Karls des Großen, der die Zeiten von Saat und Ernte regelte, war schon eine größere Hilfe. Die Bauern hatten ja ihren eigenen Rhythmus, der sich heute noch im Bauernkalender widerspiegelt.

Mit der Einführung des Gregoranischen Kalenders wurde es etwas besser. Papst Gregor XIII. führte im Jahre 1582 den Gregorianischen Kalender mit einer verbesserten Schaltregel ein. Diese besagt, dass volle Jahrhunderte (wie 1700, 1800, 1900 usw.) nur dann Schaltjahre sind, wenn sie durch 400 teilbar sind (daher war das Jahr 2000 ein Schaltjahr, das Jahr 1900 dagegen nicht).

Wer jetzt gedacht hat, mit dem Gregorianischen wäre alles geklärt, der hat die Rechnung ohne die Reformation gemacht. Da der neue Kalender vom Papst eingeführt wurde, benutzten ihn zunächst nur die römisch-katholischen Staaten. Die meisten protestantischen Staaten behielten den Julianischen Kalender bis ins 18. Jahrhundert bei. Das führte vor allem in konfessionell gemischten Gebieten, wie z. B. in Teilen Deutschlands, zu einem Kalenderchaos: „alter Stil“ neben „neuem Stil“. Die Fasnachtsbräuche wurden und werden im Alemannischen geliebt und gepflegt, gleich ob man katholisch oder protestanisch ist. Daraus ergaben sich interessante Praktiken: Während die Katholiken, die dem gregorianischen Kalender folgten, sich schon in der ersten Woche der Fastenzeit befanden, begannen die freien, wohlhabenden protestantischen Handelsstädte der Schweiz wie Basel und Zürich erst ihr buntes Treiben, da sie noch dem julianischen Kalender folgten. Neben dem üblichen Fasnachtstreiben war es ein besonderes Vergnügen, die verhassten "Papisten" so auch noch zu verspotten und sich über die unfreie Landbevölkerung, die "Beppis", die Untertanen eines Bischofs waren, zu erheben.

© Thalassa von Kerygma

Monatsnamen im alten germanischen Sprachgebrauch

Hier folgt eine Liste über die in der Zeit Karls des Großen gebräuchlichen germanischen Monatsnamen. Sie wurden bis ins 15. Jh., stellenweise bis ins 18. Jh. gebraucht:


Wintarmanoth (Wintermonat) – Januar
Hornung – Februar
Lentzinmanoth (Lenzmonat) – März
Ostarmanoth (Ostermonat) – April
Winnemanoth (Weidemonat) – Mai
Brachmanoth (Brachmonat) – Juni
Hewimanoth (Heumonat) – Juli
Aranmanoth (Erntemonat) – August
Witumanoth (Holzmonat) – September
Windumemanoth (Weinmonat) – Oktober
Herbistmanoth (Herbstmonat) – November
Heilagmanoth (heiliger Monat) – Dezember

Während meiner Recherchen stieß ich auch auf andere Begriffe. So wird der Januar auch Hartung genannt. Diese Bezeichnung erfolgt, weil der Januar der kälteste und härteste Monat ist. Der Februar wird auch als Bastardmonat gezeichnet, wei er der kürzeste ist und unterschiedlich lang sein kann. Der Mai wird als Wonnemonat bezeichnet, weil die wärmende Sonne nach dem Winter nun mit Macht durchbricht. Der Juni erhält das Wort Brachet, weil jetzt an den Felder deutlich wird, welche nach dem System der Dreifelderwirtschaft brach liegen geblieben ist. Der Juli wird Heuet genannt, weil hier das Heu auf den Wiesen gemacht wird. August wird Ernting genannt, September Scheiding, weil das Ende des Sommers zu spüren ist. Gilbhart ist ein weiterer Name für den Oktober und spielt auf die Verfärbung der Blätter an. Nebelung ist ein passender Name für den feuchten und nebligen November. Der Dezember trägt auch die Bezeichung Julmond und Christmond.

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Kalender - Wochentage

 
Christus als Sol invictus mit 7 strahliger Sonnenkrone des Helios im Sonnenwagen. Deckenmosaik, Detail, Mausoleum Papst Julius I, vatikanische Grotten, St. Peter Basilika, Rom, 3. Jh.


Der 1. Tag der Woche, der Sonntag, wurde alt-nordisch Soldagr oder Balder genannt, "Tag der Sonne"; Balder war nach nordischer Mythologie der Sohn des Gott Odins und der Göttin Frigg und stand für die Sonne.

Der Montag heißt im altnord. Manidagr und im althochdeutsch Manatag oder Heimdal und steht für "Tag des Mondes".

Der Dienstag wird im alemannischen bis heute Ziischtig oder Ziistag genannt. Das Wort stammt vom althochdeutschen "Ziostag". Dieser ist dem Gott Tyr (oder Ziu) geweiht und ist der Tag des Things, der Ratsversammlung. Es soll daher ein Friedenstag sein.

Mittwoch erklärt sich selbst - die Mitte der Woche. Hier fanden sich keine zusätzlichen Erklärungen. Interessant ist, dass alle alten Völker die Sieben-Tage-Woche hatten. Ein Versuch während der französischen Revoltion, die Dekade - 10-Tage-Woche - einzuführen, scheiterte kläglich, weil das Vieh dabei verendete.

Dem Gott Donar oder Thor ist der Donnerstag gewidmet.

Freitag, altnordisch. Friadagr, althochdeutsch Frijatag, war nicht nur der Göttin Freyja gegeben, sondern auch ein sehr "geschäftiger" Tag. So fanden nicht nur die Märkte an diesem Tag statt - in Französisch heißt er auch vendredi. Darin steckt das Wort vendere - verkaufen; zugleich war er auch der Tag für Verlobungen und Hochzeiten. Das soll sich wohl bis heute laut Standesämtern gehalten haben, finden doch an diesem Tag die meisten Eheschließungen statt.

Zun Schluß der Samstag oder, wie in Norddeutschland gesagt wird, Sonnabend. Im Altnordischen wurde er laugardagr genannt, was mit Wasch-oder Badetag widerzugeben ist. Witzig ist, daß in vielen Familien bis heute der Samstag immer noch ein Putz-, Bade- und Autowaschtag ist. Der Sonnabend war die Vorbereitung vor dem Sonntag, dem Ruhe- und Feiertag.

So scheint eine Ableitung vom römischen Gott Saturn wie auch eine Zuordnung zu Loki, wie es die Gebrüder Grimm taten, unwahrscheinlich.


© Thalassa von Kerygma

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