Ausgabe 226 | Seite 2 13. November 2011 AD
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Die Wanderer von Elrandier

Die Kal Var

Cherubias und Belsendra erreichten Sendras Höhe und schließlich Bodental nach einigen Tagen schnellen Rittes. Als Belsendra das Tal sah, lächelte sie. "Hier erinnert mich einiges an meine Heimat." "Es gibt viele schöne Orte auf dieser Welt. Aber den schönsten findest du auf keiner Karte." "So? Wo ist dieser Ort?" "Dort, wo auch du bist!" Lachend ließ er sein Pferd laufen.

Werstan saß vor seinem Haus und trank Bier und aß Brot. Als Cherubias das Pferd vor dem Haus anhielt, sprang Werstan aus seinem Stuhl. "Cherubias, was für eine Freude!" Cherubias umarmte den Mann kurz. "Ich habe deine Berichte mit Freude und Spannung gelesen, sag wie geht es dir?" Cherubias stellte Belsendra vor und auf Werstans drängen hin nahmen sie am Tisch Platz.

Werstan rief seinen Sohn und bat ihn, die Tiere zu versorgen. Er zwang Belsendra und Cherubias regelrecht, sein Haus für die Nacht als Herberge zu betrachten. Seine Frau brachte Teller und Becher, während Werstan aufgeregt hin und her rannte. Schließlich saßen sie am Tisch und Cherubias musste erzählen. Zwischendurch löste Belsendra ihn ab, damit Cherubias sich an dem aufgetragenen Essen bedienen konnte. Dabei zeigte sich schnell, dass Belsendra die bessere Erzählerin war, wenn es um seine Teilhabe an den Abenteuern ging.

Cherubias neigte dazu, seinen Anteil auf ein Minimum zu reduzieren. Als die Nacht anbrach, zogen sie sich in die Stube zurück, wo Werstan ein Feuer entzündete. Gemeinsam hockten sie zusammen und das erste Mal seit dem Tode seines Ziehvaters genoss Cherubias etwas Familienleben.

Der folgende Morgen war für sie wieder ein Morgen zum Aufbrechen. Battenbrunn lag vier Tagesmärsche zu Fuß entfernt. Mit einem strammen Ritt über die guten Straßen und Wege konnten sie es auch in einem Tag schaffen. Und das wollten sie. Noch mit den Hühnern aufgestanden, ritten beide in die aufgehende Sonne. Tatsächlich erreichten sie Battenbrunn bereits gegen Abend.

Anstatt in die Stadt zu reiten, beschloss Cherubias zunächst, den alten Parsh aufzusuchen. Wie bei seinem letzten Besuch saß Parsh auf einem Stuhl vor dem Haus und rauchte Pfeife. Als die beiden Reiter aus der Dunkelheit auftauchten, blieb er sitzen. Aber man konnte sehen, dass er neben sich ein Schwert stehen hatte.

"Heda, ich bin es, Cherubias!" rief er schon von weitem. "Cherubias? Bei Willos gefüllter Flasche, was führt euch Haudegen zu mir?" Parsh sprang auf und begrüßte seine Besucher mit einer herzlichen Umarmung. "Ihr habt diesen Unhold wohl in eure Finger bekommen, sonst würdet ihr euch nicht hertrauen!" Cherubias und Belsendra mussten sich setzen, während Parsh nach seinem Sohn brüllte.

"Wir haben leider nicht viel Platz, aber ich kann eure Sachen gerne im Stall lagern und ihr könnt in der Stube neben dem Ofen schlafen! Oder ich lasse eure Sachen in den Gasthof hinter der Stadt bringen. Der Wirt ist ein Vetter dritten Grades." Cherubias bevorzugte das Gasthaus. Und er hatte noch eine Idee. "Lass uns zusammen rüber gehen!" Parsh stand auf und nahm seinen Hut. "Sohn, ich bin beim Wirt!" brüllte er und zeigte den Weg entlang.

Die Tiere am Zügel, machten sie sich auf den Weg. Cherubias musste seine ganze Reise erneut erzählen. Im Gasthaus sorgte der Sohn des Wirtes für die Pferde und ihr Gepäck, während der Wirt Braten und Wein auf den Tisch wuchtete. Cherubias sorgte auch dafür, dass der alte Konstabler seinen Anteil erhielt.

Wieder teilten sie sich die Geschichte auf, Belsendra und Cherubias erzählten, während der alte Parsh mit großen Augen lauschte und manches Mal sein Essen vergaß. Mehrfach schlug er sich auf die Schenkel und lachte, manchmal saß er mit großen Augen da und schüttelte verwundert den Kopf. Weit nach Mitternacht schwankte Parsh bierselig in sein Haus zurück, während Cherubias und Belsendra in ihre Kammer schlüpften.

wird fortgesetzt.

© cherubias



Persönlichkeiten des Mittelalters

Das Erste Bulgarische Reich

Ursprünglich siedelten die Bulgaren rund um das Asowsche Meer, nachdem sie mit den Hunnen aus der zentralasiatischen Steppe nach Europa vorgedrungen waren. Dieses Gebiet wird von den griechischen Geschichtsschreibern "Groß Bulgarien" genannt. Kubrat Khan war der letzte Fürst des Großbulgarischen Reiches, das sich nach seinem Tode auflöste. Die Chasaren drängten in diesen Raum. Seine fünf Söhne führten einzelne Stammesverbände von dort "in alle Winde".

Kotrag Khan zog nach Norden an die mittlere Wolga und gründete dort das Reich der sogenannten Weißen Bulgaren. Sie nahmen um 922 den Islam an. Als bedeutende Handelsmacht - und militärisch nicht zu unterschätzen - vermittelten sie zwischen der Kiewer Rus und den islamischen Ländern im Süden.

Kuwer Khan und sein Bruder Alzek Khan zogen gemeinsam bis Ungarn, wo sie sich trennten. Alzek wanderte mit seinen Stämmen weiter bis Italien ins Benevent. Hier bekam er vom Langobarddenherzog die Region Molise zugesprochen. Auf diese Einwanderer geht der Name "Bulgari" in Italien zurück.

Kuwer Khan zog von Ungarn Richtung Balkan in den Bereich des heutigen Mazedonien. Daher halten viele Bulgaren die modernen Mazedonier 'eigentlich' für Westbulgaren.

Asparuch Khan gründete 678 das Erste Bulgarische Reich in der ursprünglich byzantinischen Dobrudscha. Nach heftigen Kriegen über mehrere Jahre bezwangen die Bulgaren im sumpfigen Donaudelta sowohl Flotte wie Heer des byzantinischen Kaisers Konstantin IV. Pogonatos. Ein Friedensvertrag regelte die Staatsgrenzen, ein Flottenmoratorium - und Tributleistungen, die Byzanz zu erbringen hatte! Das Erste Bulgarische Reich war neben dem Frankenreich und dem Byzantinischen Reich zum dritten anerkannten Staat in Europa geworden. Die Ruinen der alten Hauptstadt Pliska liegen unweit von Varna. Asparuch Khan fiel 700/ 701 im Kampf gegen die Chasaren.

Sein erstgeborener Sohn Terwel wurde der Nachfolger. Im Jahre 705 floh der abgesetzte und verbannte Kaiser Justinian II. in den Schutz Terwels. Beide schlossen einen Vertrag und Justinian gelang es, mit Hilfe einer 15000 Mann starken bulgarischen Armee seinen Thron zurückzuerobern. Dafür hatte er dem Khan reiche Belohnung und eine seiner Töchter zur Frau versprochen. Ob es zu dieser Eheschließung kam, ist allerdings nicht überliefert. Allerdings verlieh er Terwel zum Dank den Titel 'Caesar', der eigentlich dem Thronfolger vorbehalten war und machte den bulgarischen Fürsten zum zweiten Mann im Staate. Dies und die Rechte an Ländereien, die Justinian seinem Verbündeten einräumte, löste alles andere als Begeisterung bei den Byzantinern aus. Sobald Justinian auf seinem Thron sicher fühlte, begann er folglich einen Krieg gegen die Bulgaren, den er 708 verlor. Nach der Ermordung Justinians 711 versuchte Terwel weiter in der oströmischen Politik mitzumischen. Es geschah immer unter dem Vorwand, seinen ehemaligen Verbündeten rächen zu müssen. Endlich 716 kam es zu einem neuen Friedensvertrag zwischen ihm und Kaiser Theodosios III. Schon länger drohte Unheil aus dem Süden: die Araber rüsteten zum Krieg. Im Jahr 717 überschritten sie die Dardanellen und umzingelten mit einer 180000 Mann starken Armee die oströmische Hauptstadt, ihre Flotte soll nach arabischen Quellen 2500 Schiffe stark gewesen sein. Mit Hilfe des griechischen Feuers, eine seit dem 7. Hh. bekannte Brandwaffe, konnten die Verteidiger dem ersten Ansturm widerstehen. Als Brandmittel dienten Baumharz, Schwefel, gebrannter Kalk und Salpeter. Im Jahre 718 schickte Terwel Khan seine Armee Kaiser Leo III. zu Hilfe.

Winterkälte, Hunger und Epidemien hatten die Belagerer bereits schwer mitgenommen und der bulgarische Angriff forderte Zehntausende Tote. Die Seeblockade wurde am 15.08.718 aufgegeben. Arabische Chronisten beziffern die Verluste auf arabischer Seite auf 500000 Mann. Die Ausbreitung des Islam nach Norden war für die nächsten 600 Jahre aufgehalten. Diese Schlacht unter den Zinnen Konstantinopels war genau so bedeutend wie die Schlacht von Tours und Poitiers im Jahre 732 unter Karl Martell.

Terwel Khan starb etwa 721; es ist nicht überliefert, ob sein Nachfolger auch ein Sohn oder "nur" ein Familienangehöriger war.

© Amhara zu Agorá

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