Ausgabe 222 | Seite 3 16. Oktober 2011 AD
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Kopfgrafik - © upjers GmbH & Co. KG

 

Die Wanderer von Elrandier

Die Seele von Santeril

Cherubias erwachte, da er das Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Tatsächlich stand ein Diener an der Tür und schien auf sein Erwachen zu warten. Belsendra hatte sich an seiner Seite zusammengerollt und benutzte seine Brust als Kopfkissen. Nur ihr weißer Haarschopf lugte unter der Decke hervor.

"Was ist?" fragte er den Diener. "Seine Hoheit bittet Euch zu einem Treffen. Kleidung liegt hier bereit!" Der Diener deutete auf zwei Hocker, auf denen Gewänder bereitlagen. "Wenn Ihr Hilfe benötigt, scheut Euch nicht, nach mir zu rufen!" Der Junge verschwand wieder aus dem Raum. Vorsichtig weckte er Belsendra mit einem Kuss auf die Nase. Augenblicklich schlug sie die Augen auf. "Guten Morgen, Un Dandra!" lächelte sie. Cherubias ließ ihr nur wenig Zeit. "Wir müssen aufstehen!" Er deutete auf die Kleider. Vorsichtig schob sie ihre Nasenspitze unter der Decke hervor. "Schade! Ich liege gerade so bequem." Sie kicherte und glitt unter der Decke hervor. Auch Cherubias schwang seine Beine aus dem Bett. Blitzschnell sichtete er die Kleider.

Nachdenklich nahm er die Hosen und die Tunika. "Merkwürdig. Das sieht aus, als würde es sich um Festkleidung handeln." Sie sah sich um. "Und wo sind unsere Kleider?" Cherubias schüttelte den Kopf. "Erst mal anziehen." Es gab einen Nebenraum, in dem Diener eine riesige Badewanne bereitgemacht hatten. Warmes Wasser! Platschend sprang Belsendra in das Wasser. Auch Cherubias nahm in der Badewanne Platz. Sie nahmen sich Zeit, den Staub der Straßen vom Körper zu spülen. Erst dann machten sie sich daran, die goldbestickten Roben überzustreifen.

Cherubias rief den Diener. „Ah, Eure Lordschaft sind bereit? Ich werde die Ordonnanz rufen lassen." "Wo ist unsere Kleidung?" fragte Belsendra, bevor er zur Glocke greifen konnte. "Auf Anweisung Seiner Majestät haben wir die Kleidung zum Richten gegeben. Würden Eure Lordschaften bitte die Waffen anlegen?" Der Diener deutete auf die beiden Schwerter, die sie hatten liegen lassen. Sie kamen dieser Bitte nach. Die eingetroffene Ordonnanz bestand aus zwei Soldaten in Paradeuniform. Das war im Gegensatz zu den Wachen vom Vorabend eine zu deutliche Veränderung.

Mit mulmigem Gefühl folgten sie den beiden Wachen durch die Zitadelle. Sie marschierten am Speisesaal vorbei, bogen ab und liefen auf eine zweiflügelige Tür zu. Zwei Paradewachen stießen die beiden Flügel auf. "Achtung!" schrie eine Stimme. Durch ein Spalier aus Paradesoldaten wurden sie zu einem Podest geleitet. "Der Thronsaal!" flüsterte Cherubias. Tatsächlich saß Thalredo auf dem Thron, in seiner Hand das Krummszepter der Lahatra. Am Fuße des Thrones schwenkten die Soldaten zur Seite und nahmen Aufstellung im Spalier. Ein Mann trat hinter sie. "Bitte kniet nieder!" flüsterte er. Sie kamen dem Wunsch nach. Thalredo erhob sich. Papier raschelte. SSeine Majestät Thalredo, Herrscher von Lahatra, begrüßt voller Stolz die Abgesandten Belsendra und Cherubias, Freunde des Reiches. Ein schwerer Auftrag hat sie weit weg geführt, in unerforschte Regionen eines anderen Kontinentes."

Der Herold hinter ihnen unterbrach kurz. "Aufgrund der Leistungen, welche nicht nur dem Reiche Lahatra dienten, konnten Verbrechen aufgeklärt werden und eine große Gefahr für das Reich und den Rest dieser Welt abgewandt werden. Aufgrund dieser Verdienste werden Cherubias und Belsendra zu Hochlords des Reiches, Botschaftern der Lahatra und Verteidigern des Reiches ernannt. Erhebet Euch, Hochlord Cherubias, erhebet Euch, Hochlord Belsendra!" Als die beiden sich aufgerichtet hatten, stand Thalredo vor ihnen. Zwei Diener trugen auf Kissen einen Stab und einen Ring. "Die Königlichen Siegel des Hochlords!" flüsterte der Herold von hinten.

Die Diener boten die Gegenstände auf den Kissen an. Cherubias und Belsendra griffen gemessen zu und nahmen die Gegenstände an sich. "Umdrehen," flüsterte der Herold. Als Cherubias sich drehte, sah er, dass der gesamte Thronsaal mit Menschen gefüllt war. Und in dem Moment, als sie sich gedreht hatten, knieten alle diese Menschen nieder. "Was nun?" flüsterte Cherubias unsicher. "Umdrehen und vor dem König verneigen. Nicht knien!“ Sie folgten der Anweisung. Thalredo klatschte nach der Verneigung in die Hände. "Folgt mir!"

Im Speisesaal war ein Bankett vorbereitet. "Es hat seit Jahren keine Ernennung zum Hochlord mehr gegeben," flüsterte der Herold. "Es ist der höchste verliehene Titel auf Lebenszeit im Reiche. Sollte Seine Majestät keine Erben haben, habt Ihr sogar Anrecht auf den Thron." "Ich verzichte!" flüsterte Belsendra spitz. "Das ist nicht möglich!" "Hoffentlich wird er bald Vater!" knurrte Cherubias. Beim folgenden Bankett kamen sich Cherubias und Belsendra deplaziert vor.

Jeder verneigte sich vor ihnen, auch die anderen anwesenden Würdenträger. Bei einigen spürten sie jedoch Abneigung. Nach dem Bankett griff Cherubias sich den Herold und ließ sich die Anwesenden vorstellen. Leise sprach der Herold, erklärte den Titel und die Person dahinter.

"Einige Würdenträger sind durch Eure Ernennung zum Hochlord in der Hierarchie nach unten gerutscht. Es gab auch einige, die vorher gleichberechtigt ein Anrecht auf den Thron hatten. Nun seid Ihr nach Seiner Majestät die höchsten Repräsentanten des Staates." Cherubias verzog das Gesicht. "Können Sie dafür sorgen lassen, dass meine Begleitung und ich morgen früh vor Sonnenaufgang abreisen können?“ Der Herold nickte. "Sie sollten Seiner Majestät aber persönlich von Ihrem Vorhaben berichten." Cherubias nickte. Der Herold deutete eine Verbeugung an und zog sich zurück.

wird fortgesetzt.

© cherubias




"Ad impossibila nemo obligatur."

"Zu Unmöglichem wird niemand verpflichtet."

(MA)

© Mausburg


König gegen Papst, der Gang nach Canossa

Papst Gregor VII. Im Jahr 1073 kam ein Mann auf den Stuhl Petri, der es mit den päpstlichen Machtansprüchen sehr ernst meinte. Sein Name lautete Gregor VII. (Hildebrand) und er hatte seine geistliche Ausbildung in Cluny oder einem der anderen Klöster der Cluniazenser erhalten. In einer programmatischen Schrift, dem "Dictatus Papae" vom März 1075, legte Gregor VII. die Leitsätze seiner Kirchenpolitik nieder. Ausgehend vom Primat (also der Vorrangstellung) des Papsttums innerhalb der Kirche und dessen Vorrangstellung gegenüber der weltlichen Gewalt forderte er, dass Kaiser und Könige sich seiner geistlichen Herrschaft unterordneten. So meinte er z.B.: "Des Papstes Füße allein haben alle Fürsten zu küssen". Er verbot nicht nur die Priesterehe und den Ämterkauf, sondern er trat auch den Kampf gegen die Laieninvestitur an, da er als Papst das alleinige Recht auf Einsetzung oder Entlassung von Bischöfen banspruchte.

Der Investiturstreit

Entzündet hat sich der unausweichliche Konflikt zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt (der Investiturstreit) an der Besetzung des Erzbistums Mailand.Im Jahr 1075 gab Heinrich IV. das Amt an einen Mann seiner Wahl, den königlichen Kaplan Thedald. Dies hatte heftigen Protest mit Bannandrohung durch Gregor VII. zur Folge; darin sah Heinrich VI. wiederum einen Angriff auf die königliche Herrschaft. Er konnte sich im deutschen Episkopat (Bischofsamt) auf eine romfeindliche Stimmung verlassen und auf der Wormser Reichsversammlung im Januar 1076 wurde Gregor, der "falsche Mönch", wegen ungültiger Wahl für abgesetzt erklärt.

Heinrich bittet Mathilde und seinen Taufpaten Abt Hugo von Cluny um Vermittlung Gregor VII. hatte auch darauf eine Antwort parat und reagierte mit Exkommunikation und Absetzung des Königs sowie der Lösung aller Eide, die Heinrich geleistet worden waren. Daraufhin beschlossen oppositionelle Reichsfürsten auf einem Fürstentag in Tribur Heinrichs Absetzung, sollte er sich nicht binnen Jahresfrist vom Bann lösen. Der König konnte mit dem Gang nach Canossa die Lösung des Banns erreichen, damals erschien er auf der Burg der Markgräfin Mathilde von Tuszien als Büßer vor dem Papst.

Das Ende Gregors VII.

Trotz des Bußganges von Heinrich wählten die deutschen Fürsten Rudolf von Schwaben zum Gegenkönig. Jedoch triumphierte Heinrich militärisch über diesen Widersacher, zudem konnte er auch eine Anfang 1084 einsetzende Abfallbewegung in Rom für sich nutzen (13 Kardinäle sagten sich von Gregor los), um in die Stadt einzuziehen und sich von dem als Gegenpapst gewählten Klemens III. (Wibert) zum Kaiser krönen zu lassen. Gregor hingegen hatte sich in der Engelsburg verschanzt, aus der ihn sein Vasall, der Normannenherzog Robert Guiscard, befreite. Jedoch konnten er sich in der Stadt nicht halten und so nahm er den Papst mit auf seinen Rückzug nach Süden. Gregor starb am 20.05.1085 im Exil in Salerno.

Das Wormser Konkordat (Staatskirchenvertrag)

Zu Lebzeiten der Widersacher Heinrich und Gregor fand der Investiturstreit kein Ende. Erst Heinrichs IV. Sohn, Kaiser Heinrich V. (1106 - 1125) konnte sich mit dem Heiligen Stuhl auf einen Kompromiss einigen. Das Wormser Konkordat vom September 1222 legte den Verzicht des Kaisers auf die Einsetzung der Bischöfe und Reichsäbte fest; als Gegenleistung erlaubte der Papst dem Kaiser, bei den Wahlen anwesend zu sein und die Lehenshuldigung der geistlichen Fürsten entgegenzunehmen. Das im 10./11. Jhdt. von den Ottonen gegründete Reichskirchensystem war somit aufgegeben.

© Haidt


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