Ausgabe 196 | Seite 3 17. April 2011 AD
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Kopfgrafik - © upjers GmbH & Co. KG

 

Aus dem Archiv

Britta von Folkling

Vorige Tage auf dem Markt traf ich Britta von Folkling. Zuerst musste ich ja zweimal hinschauen, so edel wie sie daher kam. Eine solche zufriedene Ausstrahlung sieht man nur selten. Es war mir von Herzen eine Freude, sie zu treffen und natürlich sprach ich sie auch sofort an. Fast schwesterlich verbunden, begrüßten wir uns und so kamen wir nicht umhin, uns ein ruhiges Plätzchen zu suchen und uns auszutauschen.

Nun Domenica, Du weißt selber, wie tragisch es war, als unser Haus brannte und es meinen armen Vater dahinraffte. Meine Mutter musste all unsere paar Habseligkeiten verkaufen, damit wir zu unseren Verwandten an der Küste fahren konnten. Nur ihrem Großmut haben wir es zu verdanken, dass wir noch ein Dach über den Kopf hatten.

Meine Mutter und ich haben tatkräftig überall ausgeholfen wo wir konnten. Angst vor Arbeit hatten wir ja noch nie. Also haben wir unsere Ärmel aufgekrempelt und alle anfallenden Arbeiten übernommen die wir konnten. Ob der Küchendienst oder die Tiere versorgt, ob das Feld bestellt werden musste oder geerntet wurde, oder ob ich dem Fischer beim Ausnehmen der Fische helfen musste, halt alles was anfiel.

Du weißt, meine Mutter war immer eine gute Geschäftsfrau. Daher machte sie den Vorschlag, wir sollten einen Teil der Fische verkaufen, denn wir hatten ja so viele.

Mein Onkel war zu Anfang nicht begeistert und unterstützte das Vorhaben nur sehr zögerlich. Aber dennoch ließ er uns mit einem Karren voller Fisch in das nächste Städtchen ziehen, um sie zu verkaufen. Es war ein sehr anstrengender Tag. Wir sind noch vor Sonnenaufgang gestartet und waren schon sehr früh im Städtchen. Klappten einfach nur unsere Ladeklappe auf und warteten auf Käufer.

Zuerst sah es gar nicht so aus, als ob wir überhaupt etwas verkaufen würden...aber als wir fast schon die Hoffnung verloren hatten, da plötzlich wurden unsere Fische verkauft. Wir hatten alle Hände voll zu tun. Die Sonne war noch nicht zum mittäglichen Stand aufgestiegen, da hatten wir keine Waren mehr. Du kannst Dir bestimmt vorstellen, welche Freude wir empfanden. Also packten wir den Karren und fuhren nach Hause. Meinem Onkel fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er sah, wieviel wir eingenommen hatten.

Dennoch wollte er selber nicht den Verkauf tätigen, also mussten meine Mutter und ich es übernehmen. Am darauffolgenden Sonntag machten wir uns wieder auf, allerdings hatten wir 3 Fässer mehr geladen. Und wieder haben wir alles verkauft. Und diesmal gönnte ich mir, nach getaner Arbeit, einen kleinen Bummel an den Ständen vorbei. Was dort alles angeboten wurde! Ich fühlte mich so angetan, aber leider konnten wir uns nichts davon leisten. Dennoch genoss ich den Augenblick.

Und während ich so vor mich hin träumte, sah ich ein Pamphlet, auf dem der Jahrmarkt in der nächsten Großstadt angekündigt wurde. Ja, da wollte ich doch hin! Ich war ganz aufgeregt, als ich es meiner Mutter erzählte. Als sie Bedenken äußerte, versuchte ich sofort gegenzureden.

Alle hatten ihre Bedenken, aber ich wollte unbedingt dahin. Auf alles hatte ich eine Antwort, um ihre Bedenken zu zerstreuen. Ich hab mir den Mund fusselig geredet, die Fischer angetrieben. Stundenlang habe ich Netze geflickt, Brote geschmiert für die Fischer und die Bootsbauer, Flachs geschlagen, bis die Hände blutig waren. Teilweise war ich so müde, dass ich über den Futtereimer für die Tiere stolperte. Aber ich bin von meinem Wunsch nicht gewichen. Dann war es Freitagabend vor dem Jahrmarkt und niemand wollte mir sagen, ob wir nun auch fahren würden. Aber ich ließ nicht locker und fing schon mal an, den Karren zu beladen. Ich wusste, dass wir fahren, auch wenn noch niemand ein Wort gesagt hatte. Als sie wahrnahmen, mit welcher Kraft ich meine Arbeit tat, blieb ihnen fast nichts anderes übrig, als nachzugeben.

Wir luden tatsächlich zwei Karren voll und machten uns auf den Weg. Nur der zweifelnde Blick meines Onkels verunsicherte mich einen Moment. Dennoch - wir waren auf dem Weg und konnten jetzt auch nicht mehr zurück. Was soll ich sagen, es war, als ob diese Stadt nur auf uns gewartet hätte. Schon am Samstagnachmittag hatten wir alles verkauft. Wir waren überglücklich. Ich kann dieses Gefühl überhaupt nicht beschreiben. Wir hatten uns darauf eingestellt, uns selbst an einem Feuer zu versorgen, aber von unserer Euphorie getragen gingen wir zur Schenke und ließen uns etwas bringen. Noch nie hat mir ein Gänsebraten so gemundet wie an diesen Tag!

Als ich sehr zufrieden mich in der Schenke umsah, glaubte ich, einen alten Geschäftspartner von meinem Vater zu erkennen. Kurzentschlossen sprach ich ihn an. Siehe da, er war es tatsächlich und er freute sich sehr, uns zu sehen. Er äußerte sein großes Bedauern über die Geschehnisse und begrüßte meine Mutter überschwänglich. Natürlich luden wir ihn ein, mit uns ein Gläschen Wein zu trinken, und sprachen über alte, längst vergangene Tage. Zu später Stunde verabschiedeten wir uns von einander und gingen glücklich zu unserem Lager, um uns schlafen zu legen. Am nächsten Morgen fiel das Aufstehen etwas schwer. Es war doch sehr spät geworden, bis wir uns etwas beruhigt hatten und eingeschlafen waren.

Um so erstaunter waren wir, als der Geschäftspartner meines Vaters sich bei uns einfand. Er hatte einen Vorschlag, welchen wir uns unbedingt anhören sollten, bevor wir die Heimreise antraten.

Seine Idee war sehr einfach. Er hatte in der Stadt ein kleines Quartier, was nicht genutzt wurde. Er wollte es uns für eine kleine Miete überlassen und wir sollten dort ein Geschäft eröffnen. Ich war sofort Feuer und Flamme, aber meine Mutter zögerte, wieder in die Großstadt zu ziehen, alles selbstständig aufzuziehen. Dieses erforderte großen Einsatz. Und wenn das Vorhaben keine Früchte tragen würde? Was dann? Wir wären verpflichtet gewesen. 1000 weitere Fragen taten sich auf und so traten wir die Heimreise mit der Suche nach Antworten an.

Zu Hause angekommen, konnten wir nicht schnell genug alles erzählen, um auch eventuell einen Rat von meinem Onkel zu bekommen. Aber mein Onkel war, wie Du weißt, kein geschäftstüchtiger Mann. Sehr fleißig, aber wenn er sein Auskommen hatte, war er zufrieden. Um so erstaunter waren wir, dass unsere Tante uns nahe legte, es zu wagen. Sie hatte sich nie eingemischt, aber mit leiser Begeisterung alles verfolgt. Ihr gefielen die Erfolge und fand, wir sollten ins kalte Wasser springen und es versuchen. Sie überredete den Onkel, noch zwei Fischer einzustellen. So konnte mehr Fangfisch eingeholt werden. Ferner stellte sie zwei weitere Knechte ein, um die Tiere zu versorgen und den Fang in die Stadt zu liefern.

Nach ein paar Gesprächen haben wir uns einfach aufgemacht. In kürzester Zeit war das Geschäft aufgebaut und helfende Hände eingestellt worden. Was soll ich sagen, diese Bevölkerung hat uns mit offenen Armen aufgenommen. Sehr schnell sind wir in einer Gilde aufgenommen worden, wo wir nicht nur treue Kunden gefunden haben, sondern auch tatkräftige Unterstützung. Wie haben so liebgewordene Freunde gefunden, die uns immer eine helfende Hand geben.

Und zum guten Schluss sollte ich Dir noch erzählen, dass der Geschäftspartner einen Sohn hat und wir werden sehr bald heiraten. Deshalb bin ich heute auch hier, um mir die eine oder andere Anregung zu holen. Hätte ich gewusst, Dich hier zu treffen, dann wäre ich doch eher angereist.“

Ich hatte jedem Wort gelauscht, als wäre es ein Märchen. Konnte kaum glauben, welche Wege meine Freundin gegangen war. Dennoch freute ich mich so sehr für sie, dass sie den Mut hatte, immer an ihren Träumen festzuhalten und sie mit so viel Kraft zu verfolgen.

Kein Wunder, dass sie so sehr strahlte. Endlich hatte sie ihr Ziel erreicht und ihr Glück gefunden, welches ich ihr von Herzen gönne...
Heute schon kann ich es kaum erwarten, sie als Braut zu sehen... und ihr weiterhin viel Erfolg und Glück zu wünschen...

© San Domenica


17. April 1521

Martin Luther, eigens angereist aus Wittenberg, wird einer ersten Befragung vor dem Reichstag zu Worms unterzogen.
Kaiser Karl V. wollte damit eigentlich erreichen, dass der Theologe seine in verschiedenen Schriften geaeusserten Ideen widerruft. Unterstuetzt wurde er dabei von einem Abgesandten aus dem Vatikan, wo Luthers Schriften bereits Unmut hervorgerufen haben. Deshalb hat der Papst den Angeklagten bereits mit dem Kirchenbann belegt. Karls Ansinnen ging fehl und Luther widerrief nicht, dies brachte ihm zusaetzlich nun die Reichsacht seitens des Kaisers ein. Zum Ende des Reichstages wurde er fuer vogelfrei erklaert, womit der ehemalige Moench noch recht gut wegkam.
Wieviel eine kaiserliche Zusicherung freien Geleits wert war, hatte etwa 100 Jahre frueher Jan Hus erleiden muessen, der - ebenfalls ein Kritiker des Heiligen Stuhls – unter eben dieser Praemisse nach Konstanz reiste. Jener endete auf dem Scheiterhaufen.

Dieses Schicksal blieb Luther erspart. Auch den Verfolgern auf seiner Heimreise entkam er, da sein Schutzpatron Friedrich der Weise von Sachsen ihn “entfuehren” und auf der Wartburg verstecken liess.

© Askanum




Frühes Mittelalter

Enstehung des Islam (6./7. Jhd.)
Der Prophet Mohammed

Als Mohammed (Abul Kasim Muhammad Ibn Abdallah) aus Mekka als Religionsstifter begann, waren die semitischen Araber in viele kleine, untereinander verfeindete, Stämme aufgespalten. Nur in einigen Städten, wie Mekka und Medina, hatten sich Formen höherer Kultur entwickelt. Dort lebte neben jüdischen und christlichen Gemeinschaften eine arabische Bürger- und Kaufmannschaft. Diese war durch den Handel mit innerarabischen Nomadenstämmen zu Reichtum gelangt.

Allah, der einzige Schöfper der Welt

Mohammed, der um 570 in Mekka geboren wurde, gehörte bis zur Mitte seiner Mannesjahre zu einer Kaufmannsgilde und lebte dort. Erst als er visionäre Erlebnisse hatte, wurde er zum Propheten. In seiner Lehre, die nach seinem Tod im Jahr 632 im Koran festgelegt wurde, verkündete er die Weltschöpfung allein durch Allah. Dieser werde im kommenden Jüngsten Gericht Welt und Menschen wieder in seinen Schoß zurücknehmen, und forderte den "Islam", den Eintritt in den Stand des Heils, die Gottergebenheit.

In Mekka, das durch hellenistisch-jüdische Einflüsse geprägt war, fand Mohammed zuerst keine Basis für seine Lehre. Im Gegenteil, Feinschaft und Ablehnung schlugen ihm entgegen. Mit wenigen Anhängern floh er also nach Medina, dort verbuchte er größeren Erfolg. Schließlich prägte er die politische Gemeinschaft und beherrschte sie.

Die fatalistische Einstellung zum Leben

Zuverlässigkeit und Wahrheitsliebe, die Achtung vor Verwandten und Nachbarn, der Verzicht auf Blutrache und Gewalttaten waren die gesellschaftlich und politisch revolutionären Ideale dieser neuen Religion. Das menschliche Schicksal galt als durch den Willen Gottes vorbestimmt. Jedoch darf man diese fatalistische Einstellung nicht mit Taten- und Hoffnungslosigkeit verwechseln.

Der Kultus wurde von Mohammed streng geregelt. Das oberste Gebot ist das Bekenntnis zu dem Einen Gott. Dann gehört zu den Regeln das tägliche Gebet zu fünf festen Zeiten. Außerdem hat der Gläubige Mildtätigkeit gegen Arme zu üben, regelmäßig zu fasten und zur Kaaba, dem alten arabischen Heiligtum in Mekka, zu pilgern. Diese "Fünf Säulen" erhob Mohammed zum Mittelpunkt seiner Religion. Der Prophet sah als höchste Stufe religiöser Hingabe die Teilnahme an einem Kriegszug, der die Herrschaft des Islam über die ganze Welt ausbreiten helfe.

Schiiten und Sunniten

Schon sehr bald nach Mohammeds Tod kam es zu Richtungskämpfen und Spaltungen im Islam. Der Grund dafür ist, das vor allem unterschiedliche Auffassungen über die Leitung der Glaubensgemeinschaft bestanden. Die Sitten- und Glaubenslehre, die gottesdienstliche Ordnung und das Ritual gründeten sich auf die Offenbahrungen Allahs, für einen Großteil der Muslime auch durch die Überlieferung und das Gewohnheitsrecht, die Sunna, welche die Koranbestimmungen ergänzt. Doch nur die Sunniten erkennen die später niedergeschriebene Sunna als Religionsquelle neben dem Koran an. Geistliche Oberhäupter waren die Nachfolger des ersten Kalifen und Schwiegervaters von Prophet Muhammed, Abu Bekr.

Für die Schiiten, die zweite große Konfession des Islams, besitzt allein der Koran die kanonische Geltung. Hier gilt als legitimer Nachfolger des Propheten nur Mohammeds ermordeter Adoptiv- und Schwiegersohn Ali (ermordet 661 in Kufa/Irak). Es bildeten sich auch zahlreiche regionale Sekten, die die Elemente vorislamischer Religionen bewahren ( wie die Ghulat) oder besonders puritanisch und konservativ eingestellt sind (die Wahhabiten).

© Haidt




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