In einer Ecke war ein Tisch frei geräumt, Marxellus saß vor einem Teller und vertilgte eine Haxe. Ein riesiger Krug Wein stand neben dem Teller. Cherubias nahm neben seinem Kameraden Platz. Der Riese benötigte eine ganze Bank. "Einer meiner Beamten hatte eine sehr merkwürdige Anfrage. Und bestimmte Anfragen werden nun mal dem Vorgesetzten gemeldet. Und manche Anfragen landen auch bei mir. Vor allem, wenn die Ergebnisse etwas denkwürdig sind." Cherubias hatte einen Teller Trauben entdeckt und naschte an ihnen. "Dürfte ich zunächst erfahren, mit wem genau ich das Vergnügen habe?"
Marxellus fiel die Haxe aus der Hand. "Ich bin der König von Lahatra. Mein Name ist Thalredo." Cherubias schnippte eine Traube ins Feuer. Sie explodierte mit einem "Plopp". "Das seid Ihr nicht." Cherubias grinste. "Ihr seid vielleicht vierzig Sommer alt. Thalredo nahm, soweit ich weiss, an den Kriegen als Offizier teil. Das war vor etwa zwanzig Sommern. Und laut meines Wissens hatte Thalredo einen Sohn, der als sein Adjutant fungierte. Erklärt mir also, wie ein zwanzig Jahre alter Offizier einen zweijährigen Adjutanten benutzt. Schlägt er ihm auf das Hinterteil, damit seine Truppen von dem Gebrüll zum Angriff gerufen werden?"
Marxellus starrte seinen Gefährten mit offenem Mund an. Der Riese schüttelte den Kopf. "Ihr seid schlau. Ich bin Thalredo. Und jener König war mein Vater Thalredo. Jedoch ist er krank. So leite ich seine Geschäfte." Cherubias lächelte. "Diese Erklärung habe ich erwartet. Denn kaum jemand sonst wird das königliche Siegel ungestraft tragen dürfen." Marxellus widmete sich wieder seiner Haxe, nachdem er etwas wie "der Teufel soll den Kleinen holen" in seinen Bart genuschelt hatte.
"Was sucht Ihr genau?" fragte Thalredo. Cherubias sah seinem Gegenüber in die Augen. Er entschied sich, dem Mann zu vertrauen. "Einen Mörder, Entführer, Sklavenhändler, Dieb und einen Betrüger!" "Und all diese Leute sucht Ihr hier in unserem Königreich?" Cherubias lachte. "Wir suchen nicht fünf Leute, sondern nur einen Mann." Thalredos Gesichtszüge verloren ihren Halt. "Wieso hier?" Cherubias orderte beiläufig mit einer Handbewegung einen Humpen Wein. "Dieser Mann reist. Morgen hier, übermorgen dort. Es soll Gegenden geben, wo man ihn Geist nennt.“
Thalredo zog einen Stapel Papier aus seinem Wams. "Ihr habt in ein Wespennest gestochen, werter Cherubias. Ein Wespennest, von dem keiner wusste, das es da ist." Seine Augen überflogen den Stapel. "Meine Beamten haben in nur wenigen Stunden diese Berichte gefunden. In einigen ist von einem gewissen Clavius die Rede, in anderen von Verschwundenen. Auch wenn die einen Berichte auf den ersten Blick nichts mit den anderen gemein haben zu scheinen, diese Sache ist auffällig genug.“
Cherubias hatte die Beine hochgelegt und sah durch halbgeschlossene Lider auf sein Gegenüber. "So auffällig, das es über die Jahrzehnte keinem aufgefallen ist." Thalredo lief rot an. "Ja, und ich frage mich, wie das geschehen konnte!" "Santeril!" Thalredo sah ihn an. "Wie?" "Wenn meine Informationen stimmen, ist Clavius ein halber Santeril. Die Santeril pflegen meines Wissens nach eine schamanistische und druidische Kultur. Dazu könnte auch das Verwässern von Erinnerungen gehören." Thalredo schüttelte den Kopf. "Dann dürften die Berichte nicht in dieser Form zustande gekommen sein."
Cherubias kratzte sein Kinn. "Das Verwässern führt dazu, dass bestimmte Informationen nicht mehr richtig in Zusammenhang gebracht werden können, nicht dazu, dass sie ausgelöscht werden. Kein Druide ist so mächtig. Und wenn Clavius ein Halbdruide ist, erst recht nicht. Hinzu kommt: er kann nur auf Menschen Einfluss nehmen, wenn diese nicht aufgebracht sind. Sein Verwässern hat bei einem Vater, dessen Kinder er geraubt hat, keinen Effekt. Der Schmerz verhindert es."
Thalredo sah durch Cherubias. "Das würde einiges erklären." Dann blickte er Cherubias fest ins Gesicht. "Ihr seid ein Kal Var?" Cherubias nickte mit den Augen. "Im Krieg lernte ich einige Kal Var kennen. Ehrenvolle Männer. Wenn Ihr nur halb soviel von ihnen besitzt, weiss ich, dass ihr dieses Problem lösen werdet." Thalredo nahm einen Beutel von seinem Gürtel und zog zwei Siegelringe hervor. "Das Großsiegel von Lahatra. Tragt es in meinem Land. Jeder Beamte wird Euch zu Diensten sein. Ihr seid per Dekret ab sofort Gesandter des Regenten." Es war das erste Mal, das Marxellus Cherubias sprachlos erlebte. Mehr als "Danke!" brachte er nicht heraus. Thalredo winkte den Wachen. "Zahle die Zeche und bringt die Habseligkeiten der Gesandten in die Zitadelle!" Cherubias schob den Siegelring an seinen Finger, Marxellus wischte sich die Finger ab und tat es ihm gleich. "Gibt es in der Zitadelle eine Bibliothek?" "Eine große. Sie steht zu Eurer Verfügung."
Vor der Tür der Herberge hatte man Adular und die Pferde bereitgestellt. Als Cherubias ins Freie trat, stürmte die Wache auf ihn zu, um sich für die Schmach zu rächen. Cherubias wirkte einen kleinen Zauber, der den Soldaten einfror. Er stellte sich vor den Mann und lächelte freundlich. "Wenn ich übler Laune wäre, würde ich deine Innereien über den Platz verteilen. Hüte dich lieber vor meinesgleichen. Und unterschätze nie einen Gegner." Er hielt dem Soldaten das Siegel vor die Augen. "Und nimm dieses zur Kenntnis." Als er sich umwandte, gab er den Soldaten wieder frei.
Im flotten Trab ging es durch die Stadt. Drei Reiter machten den Weg frei, der Rest folgte ihnen. In der Zitadelle wurden den beiden Wanderern zwei Gemächer zugewiesen, wie man sie für Offiziere und Diplomaten bereithielt. Es gab Dienstboten, die ihnen auf Wunsch das Beste aus Küche und Keller brachten. Cherubias ließ sich in die Bibliothek führen, wo er sich mit verschiedenen Büchern in einem Sessel versteckte. Erst spät in der Nacht begab er sich in sein Quartier.
Als Kirchenvater wird ein christlicher Autor der ersten Jahrhunderte bezeichnet, der entscheidend zur Lehre und zum Selbstverständnis des Christentums beigetragen hat. Alle Kirchenväter der katholischen Kirche sind (mit Ausnahme von Johannes von Damaskus 650 - 754 AD und Thomas von Aquin 1225 - 1274 AD) noch der Antike zuzuordnen.
Einige Theologen bekamen den Titel Kirchenlehrer (lateinisch doctores ecclesiae), weil sie einen eminenten Einfluss auf die Theologie der christlichen Kirche hatten. Mit dem Titel Kirchenlehrer wurden nur wenige besonders bedeutende Theologen bezeichnet. (Definitionen nach Wikipedia)
Frühchristliche Theologen wurden bis etwa zum 6. Jahrhundert als Kirchenväter bezeichnet, während der Titel Kirchenlehrer seine Anfänge in der Antike findet und bis ans Ende des 19. Jh. reicht (Thérèse von Lisieux (1873–1897).
Auf die Person Isidor von Sevilla trifft nun beides zu: Als Kirchenvater ist er noch der Antike zuzurechnen, als Kirchenlehrer ist er bereits Sinnbild der Überlieferung und Weiterverbreitung von Kultur und Zivilisation durch die Geistlichkeit, wie sie für das gesamte Mittelalter kennzeichnend war.
Isidor von Sevilla ist ein (wichtiger) Stein in der geistigen und kulturellen Entwicklung, die für das gesamte Mittelalter bestimmend war. Sein Wirken beweist, dass der Beginn des Mittelalter nicht allein von der Barbarisierung geprägt war (was durchaus auf die Langobarden zutraf, die erstmalig mit zivilisatorischen Errungenschaften wie fließendem Wasser und Bäder in den Häusern konfrontiert waren), sondern dass die antiken geistigen Schöpfungen auch weiterhin Bestand im Mittelalter (und zwar sowohl im Osten als auch im Westen !) hatten.
Sein berühmtestes Werk "Etymologiae", eine 20-bändige Enzyklopädie des Wissens seiner Zeit, aufgeteilt in die septem artes liberales (die sieben freien Künste) wurde von unzähligen Mönchen kopiert und war bis über das Mittelalter hinaus Lehrbuch an den gelehrten Schulen und später an den neu gegründeten Universitäten. Es wurde erstmals 1472 in Augsburg von Günther Zainer gedruckt. Heute noch kann sein Werk im Buchhandel (in viele Sprachen übersetzt) gekauft werden. Darin enthalten war auch eine "mapa mundi" - eine Abbildung der damals bekannten Welt in der für damals charakteristischen O-T-Form (als Kreis = Erdkreis dargestellt und dreigeteilt durch die drei wichtigen Gewässer der damaligen Zeit: Don, Nil und Mittelmeer und letztlich vom umfassenden Ozean als Weltmeer umgeben).
Abb.: "mapa mundi" nach Isidor von Sevilla als Rekonstruktion nach geografischen Ausführungen in den Etymologiae durch K.Miller
Isidor von Sevilla war es in erster Linie, der die Westgoten (Visigoten) vom arianischen zum katholischen Glauben führte. Er war einer der Wegbereiter für die Verbreitung des katholischen Glaubens und seiner Glaubenslehre sowohl in der Alten als auch in der "Neuen Welt".
Mit Isidor von Sevilla beginnt für die Kirchengeschichte das Mittelalter, die bis über dessen Ende hinaus von seinem geistigen Werk geprägt wurde. Dafür wurde er im Jahre 2001 zum Schutzpatron des "Internets" gewählt.
Isidor von Sevilla wurde übrigens um 560 in Cartagena, Spanien geboren und starb am 4. April 636 in Sevilla, Spanien. Er war von 600 - 636 AD Bischof von Sevilla.