Ausgabe 185 | Seite 4 30. Januar 2011 AD
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Fabelwesen Teil 30

die Skiapoden

Gaggeldigigack, da bin ich wieder! Unter dem beruflichen Engagement litt in letzter Zeit leider das ehrenamtliche etwas. Dabei bedarf es der Zeiten gar nicht vieler, um hinter sieben Flüssen behaglich zu ruhen. Flugs streift sich die Phantasie die Siebenmeilenstiefel über und hopst fröhlich kichernd und leicht bekleidet durch die Vorgärten vergangener Welten.

Wohlgemut hopst es sich leichter und immer leichter, je weiter wir uns von misslungenen Brustoperationen, Dschungelcamps und dergleichen entfernen. Nach geraumer Zeit halten wir inne und betrachten mit romantisiertem, verklärtem Blick die Welt, zu einer Zeit, als die Regenbogenpresse noch aus Rauchwolken und Fußspuren bestand.

Nachdem das Wohlfühl- und Entspannungsgefasel an uns abperlt, verbrennen wir das Qigong-Lehrbuch und befördern die Feng-Shui-Kerze mit einem beherzten Tritt aus dem Fenster. All dies erweckt in uns das Gefühl einer solchen Befreiung vom Alltag, von welcher auf der jeweiligen Packungsbeilage gewiss nicht die Rede war.
Aber Himmel, Arsch und Wolkenbruch, tat das gut! Obendrein brachte es uns all dies auch dem heutigen Fabelwesen näher, als Erklärung für all die, die sich bis hierher fragten, mit welch exotischen Dschungelkröten ich denn meine Suppe gewürzt habe.

Offengestanden würde ich gerne die ein oder andere Dschungelprüfung ablegen, wenn ich dadurch von anderen omnipräsenten Dschungelgeistern verschont bliebe. Aber Schluß damit, wir haben uns ja nicht zum Vergnügen hier eingefunden und Zeit ist, bekannter- und pikanterweise, Geld, vor allem am hochheiligen, arbeitsfreien Sonntag, nicht wahr?
Doch wo ist er hin, der arbeitsfreie Sonntag? Ist Gott etwa ein ständig mit dem Absatz unzufriedener Einzelhändler? Stichwort Seelenhändler, ein Schelm, wer Arges dabei denkt!
So glaubt an das Leichentuch, das Barthaar, den Zehennagel, den Holzsplitter und an all die anderen Reliquien der von euch favorisierten Religion. Es ist der Glaube, der sie echt macht und nicht sie den Glauben. Derart beseelt und bestärkt, gehet in diesem Geiste dahin und genießet den freien Tag, welchen der gnädige Gott euch bescheret hat. Allerdings erst, nachdem ihr diesen Artikel "genossen" habt.

Nun gut, wir besuchen heute also die Skiapoden, oder aus dem Altgriechischen übersetzt, auch Schattenfüßler genannt. Diese Fabelwesen sind von menschlicher Gestalt, allerdings haben sie alle nur ein Bein, jedoch mit einem verhältnismäßig großem Fuß versehen.
Nein, die naheliegende Redewendung beruht nicht auf diesen Wesen.
Jedenfalls sollte man meinen, dies sei der Bewegung eher wenig zuträglich, doch zeichnen die Überlieferungen überraschenderweise ein anderes Bild. Sie berichten ausschließlich davon, wie rasant die Skiapoden doch zu laufen vermögen. Obendrein bringt deren einer, großer Fuß einen weiteren, namensgebenden Vorteil mit sich, Schatten.

Wie oft ist es uns bereits schon so gegangen, neulich beim sonntäglichen Spaziergang brennt die Sonne wieder erbarmungslos vom Himmel herab und man sehnt sich nach Schatten. Wie es dann nun mal so ist, natürlich ist das kleine Wäldchen, oder der Baum, der sich letztens noch an dieser Stelle am Wegesrand befand, längst abgeholzt und einer Frittenbude oder einem sonstigem Einkaufs- oder Seniorenzentrum gewichen. Nix wars mit Ruhe und Schatten!
Dergleichen wäre den Skiapoden nicht widerfahren, da diese beim Liegen einfach ihren riesigen Fuß als Sonnenschutz über sich halten. Gut, zu den damaligen Zeiten wäre dann auch kein freundlicher, unausgeschlafener Polizist erschienen und hätte den bedauernswerterweise fehlgebildeten Mann fortgescheucht, weil er, derart liegend, das trügerische Bild einer heilen Einkaufswelt stört.

Obendrein schweigen sich die Quellen auch über eingeschlafene Füße und Arme seitens der Skiapoden aus, dies sollte nicht unerwähnt bleiben. Nicht daß ich hier jetzt zu viel verrate, aber Fabeln, Legenden und Märchen eignen sich hervorragend zur Unterhaltung, sie zeichnen sich aber durch einen eklatanten Mangel an Realität aus.
Tut mir leid, liebe Kinder, aber der Weihnachtsmann, der immer ein wenig nach Urin riecht, ist bedauerlicherweise euer etwas inkontinenter Opa. Lego muß nicht feucht sein, wenn es aus der Packung kommt!
Ebenso gibt es kein Tier, welches, in Scheiben geschnitten, aussieht wie Gesichtsmortadella...

Aber weiter im Text. Erwähnung finden die Skiapoden bei Hekataios von Milet, einem griechischen Geschichtsschreiber und Geograph, der etwa von 560 bis 480 v. Chr. in Milet wirkte. Nach seinen Erzählungen lebte das Volk der Skiapoden in Libyen.
Ktesias von Knidos, ein griechischer Arzt und Geschichtenschreiber des 5./4.Jahrhunderts vor Christus, unter anderem Leibarzt des Perserkönigs Artaxerxes, und Plinius der Ältere, ein römischer Gelehrter, ca. 23 - 79, berichten von den Skiapoden, siedeln diese allerdings in Indien an. Augustinus von Hippo, 354 - 430, ein Philosoph an der Epochenschwelle zwischen Antike und Mittelalter, erwähnt die Skiapoden in "De Civitate Dei" (lat. = vom Gottesstaat).
Bis hin zum 16.Jahrhundert finden sich Spuren der Skiapoden, danach verlieren sie sich leider. In der heutigen Literatur finden sie nurmehr gelegentlich Eingang, so in C.S.Lewis "Die Reise auf der Morgenröte" und in Umberto Ecos "Baudolino".
Für alle Sammler unter euch, in der Monster in My Pocket-Reihe ist der Skiapod Nummer 94.

Die Ursprünge der Skiapoden-Fabeleien vermutet man heute im Anblick damaliger sirenoider Fehlbildungen bzw. Sympus monopus mit starker Flexion der Beine zum Kopf hin.
Eine der bekanntesten Darstellung eines Skiapoden findet sich in der Schedelschen Weltchronik von 1493, das von Hartmut Schedel handgeschriebene Exemplar befindet sich in der bayerischen Staatsbibliothek und kann im Internet eingesehen werden.


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Gefahr ging von den Skiapoden offensichtlich nie aus, zumindest berichten die Quellen nichts davon. Vielleicht wurde gelegentlich mal jemand umgerannt, da sie sich ja ach so rasch fortbewegten. Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Jemand, der sich rasch auf einem Bein fortbewegt, erweckt zwangsweise breite Aufmerksamkeit, damals wie heute, sag ich mal.
Allerdings stellt sich die Frage, wie die Skiapoden mit den heutigen Bedingungen zurecht kämen. Hätten sie aufgrund des Ozonlochs und der damit zunehmenden UV-Strahlung einen steten Sonnenbrand auf der Fußsohle? Wenn dem so wäre, dann wäre auch ihre rasche Fortbewegung hinfällig und wir würden sie schlichtweg als "Behinderte" abtun, oder?
Welche Art von Schuhen würden sie tragen? Das Nike "One Step"-Modell mit breiter Auflagenfläche für Plattfüße? Was würden sie an Fußgängerampeln machen? Diese erlauben nur Zweibeinern das Überqueren der Straße bei Grün. Bei Rot böten sich hingegen keinerlei Probleme...

Manchmal beschleicht einen auch das Gefühl, die Skiapoden existieren wirklich und sie wohnen gar nicht weit weg, im Gegenteil, sie hausen mitunter sogar in nächster Nähe. Das denke ich mir des öfteren, wenn die Elefantenherde sogenannter "Nachbarn" sich über meinem Kopf in Bewegung setzt oder sie beim Betreten des Hauses trampelnd auf sich aufmerksam machen und ab der ersten Stufe bereits schwer ächzend das Treppenhaus erklimmen. Dabei gewinnt man wahrlich den Eindruck, sie würden nur über ein Bein verfügen und die Treppen stufenweise hinauf- oder hinabspringen.
Anfangs zweifelte ich arg an der Bausubstanz, als sich in regelmäßig wiederkehrendem Rhythmus Wasserflecken an der Decke bildeten. Irgendwann fand ich heraus, daß diese von der Elefantenherde stammten, die keuchend und in höchstem Maße professionell schwitzend vor ihrer Haustüre erstmal des längeren Atem schöpfen mußten.
Von diesem Zeitpunkt an stellte ich dann auch die Anrufe bei der Hausverwaltung ein und löschte deren Nummer aus meiner Schnellwahlliste. Ernstgemeinte und/oder interessante Mietangebote schickt bitte INGAME an Singularis Porcus, vielen Dank!

In diesem Sinne, bis zum nächsten Fabeltag!

© Singularis Porcus




Seyd gegrüßet, Volk KapiRegnums, ich präsentiere Euch heute:

Lektionen der Alchimie

Mein Name ist Albertus, ich bin Alchimist in ungezählter Generation und habe das Bedürfnis, Euch einen Einblick in meine Arbeit und die Arbeit meiner Zeitgenossen zu gewähren. Was nun ist Alchimie? Ich sehe in der Alchimie alle Träume und Wünsche der Menschen vereint, es ist Streben nach neuem Wissen, nach dem Schlüssel zu Macht und Reichtum. Und für den erfahrenen Alchimisten eröffnet sich die Suche nach dem Stein der Weisen - der aus unedlen Elementen Gold zu machen vermag - oder nach der Formel des Lebens, die es ermöglicht, vitale Wesen zu erschaffen. All dies bedarf sowohl großen Wissens als auch finanzieller Möglichkeiten, sich ein Labor aufzubauen.

Ich werde Euch die nächsten Wochen die wichtigsten Elemente vorführen, Euch mit Apparaturen und Arbeitsweisen vertraut machen, und Euch große Gelehrte unserer Zeit vorstellen. Seyd gespannt auf Albertus „Lektionen der Alchimie“.

© Mausburg




Persönlichkeiten des Mittelalters

Otto der Große, II. Teil

Bald nach Eadgithas Tod im Jahre 946 hat Otto seinen Sohn Liudolf zum Nachfolger bestimmt und diese Entscheidung von den Großen des Reiches bekräftigen lassen. Deren Treueid war die bindende Zusage, Liudolf nach dem Tode des Vaters als Nachfolger auf dem Thron zu akzeptieren.

Adelheid von Burgund, Königin von Italien, war eine Nichte Idas von Schwaben, mit der Liudolf verheiratet war. Allerdings waren die beiden Frauen annähernd gleichaltrig, da Adelheids Mutter Bertha eine erheblich ältere Halbschwester gewesen ist. Mit der Heirat, durch die Adelheid zur Ersten Dame im Reich aufsteigt, wird Ida in die zweite Reihe geschoben. Denn bis dahin ist sie nach dem Tode der Königin als Frau des Thronfolgers in dieser Position gewesen. Roswitha von Gandersheim berichtet, daß Otto eine große Nähe zu Sohn und Schwiegertochter gehabt habe. Diese Nähe hat sich lange gehalten. 958 veranlaßt Otto eine größere königliche Schenkung zum Gedenken an seine Kinder an St. Alban in Mainz. Dort sind Liutgard (953) und Liudolf (958) beigesetzt worden. Mitveranlasserin ist "die verehrungswürdige Herrin Ida, die Witwe unseres Sohnes Liudolf". Nach dem Tode Liudolfs hat Otto der Große seinen Enkel Otto adoptiert.

Es gab also in allen Teilen der Familie Spannungen, als Adelheid einheiratete. Liudolfs Aufstand gründet sich auf diese Rivalitäten. Schon an Weihnachten 951 veranstaltet Liudolf in der Pfalz Saalfeld ein Gelage, bei dem er alle anwesenden Großen des Reiches um sich schart. Das erinnert fatal an das Gelage seines Onkels Heinrich gut zehn Jahre zuvor, mit dem Heinrich eine bewaffnete Erhebung gegen Otto einleitete. Zudem werden einige diplomatische Erwartungen etlicher Herzöge, Grafen und Hofleute von Otto enttäuscht. Berengar von Ivrea und sein Sohn Adalbert blieben Könige von Italien (das meint: der Lombardei), hatten diesen Rang aber nur zu Lehen. Als Otto ins Ostfrankenreich zurückkehrte, versuchten sie umgehend, sich eine selbständige Machtposition zu schaffen. Konrad der Rote, Ottos Schwiegersohn und Herzog von Lothringen, hat Berengar von Ivrea durch Verhandlungen dazu gebracht, Otto in Magdeburg aufzusuchen. Offensichtlich hatte er sich auch zu festen Zusagen über den Ausgang des Treffens verstiegen. Otto aber tut nichts von alledem und gewährt Berengar lediglich freien Abzug. Etliche Fürsprecher des aufmüpfigen Königs von Italien nehmen das als persönliche Beleidigung und schließen sich Liudolf an.

Im März 953 beginnt der Aufstand in Mainz, das in die Hände der Aufständischen geriet. Zwei Monate lang belagert Otto die Stadt und muß sich dann zurückziehen, da die Bayern gegen seinen Bruder Heinrich rebellieren.

Diese inneren Unruhen wollen die immer noch nomadischen Ungarn zu Plünderungszügen ausnutzen. Sie fallen mit einer großen Streitmacht in Bayern ein. Liudolf und Konrad geben ihnen Führer in den Westen mit. So können sie ihre Territorien weitgehend vor Plünderungen bewahren. Die Edlen der Ungarn kommen bis Worms und werden am Palmsonntag 954 von Liudolf aus Anlaß eines großen Gastmahles mit Gold und Silber überhäuft. Schlagartig verliert Liudolf Anhänger an Otto, hat er doch mit "Feinden Gottes" paktiert. Nach Vermittlungsverhandlungen hat Liudolf keine hochrangigen Verbündeten mehr, ist aber dennoch nicht zur Unterwerfung bereit und verschanzt sich in Regensburg. Dort kann Liudolf reiche Beute machen und unter seine Gefolgschaft verteilen. Weil er Regensburg nicht halten kann, vermitteln Fürsten einen Frieden zwischen Vater und Sohn, aber beendet ist der Konflikt erst im Herbst 954 während der Königsjagd bei Weimar.

Inzwischen sind Otto in seiner Ehe mit Adelheid Kinder geboren worden - Söhne sogar. Aber der älteste, Heinrich, stirbt bereits mit etwa 16 Monaten im Frühjahr 954, Brun ist erst Anfang des Jahres 954 geboren... Liudolf ist als Thronfolger unersetzlich.

(wird fortgesetzt)

© Amhara zu Agorá





Rezepte

Agraz

Das "Buoch von guoter spîse" überliefert folgendes Rezept:

Willst du eine säuerliche Sauce machen, nimm Weintrauben und zerstoß saure Äpfel, tu dies zusammen, vermenge es mit Wein und drück es aus. Diese Sauce ist gut zu Lammbraten und zu Hühnern und zu Fischen und heißt Agraz.

Für 4 Personen:

  • 250g grüne oder blaue Weintrauben
  • 2 Boskop
  • ¼ l Rotwein
  • 1 Prise Pfeffer



Zubereitung: Äpfel schälen, das Kerngehäuse entfernen, in kleine Schnitze schneiden. Weintrauben und Apfelschnitze pürieren, mit dem Wein vermischen und durch ein feines Sieb geben und kalt servieren.

Die Sauce hat einen erfrischenden, mild-säuerlichen Geschmack und passt ausgezeichnet zu Lammkeule, zu Rehbraten im Teig, zu Huhn im Brätmantel oder zu Fleischpasteten.

© Mausburg




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