Ausgabe 179 | Seite 4 28. November 2010 AD
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Kopfgrafik - © upjers GmbH & Co. KG

WINTER IM MITTELALTER

„MAMAAAAAAAAAA Ich will rauuuuuuus!!!!!!!!!!!“ Ohje….. schon wieder diese Einpackerei! Jede Mama, die mehr als ein Kind hat, wird wohl mit seufzen! Schon wieder diese Einpackerei. Erst mummt man die kleinen Geschöpfe in Mütze, Schal, Handschuhe und Wollsocken. Dann zwängt man sie in Schneeanzug oder Skihose und Anorak. Zum Schluss noch die Schuhe anziehen und die Innenhosenbeine in den Stiefelschaft und das Außenhosenbein über den Schaft. Dann noch kontrollieren, ob die Handschuhe auch fest vom Ärmelbund verschlossen sind. Zu guter Letzt noch Wind-und-Wetter- Balsam ins Gesicht.

-> Ufz…..geschafft…Nummer 1 fertig. Und nun das ganze nochmal bei Nummer 2 und evtl. 3 usw….Mit etwas Glück kann das eine oder andere der kleinen Brut schon manchen Handgriff selber. Wenn alle fertig verpackt sind, darf man -> bereits nassgeschwitzt <- sich selber bezwiebeln, Aufsicht muß ja sein.

Wenn dann alle, nach gefühlten 60min., ausgehfertig sind, kann man, wenn das Glück einem hold ist und keinem plötzlich einfällt, nochmal auf's Klo zu müssen, den Start in die weiße Pracht beginnen!

Die Kinder jubeln und hüpfen und springen. Rodeln glücklich den Hügel runter und lassen sich noch glücklicher wieder hochziehen! Bei den aktuellen Temperaturen von ca. -10 Grad hält die Freude allerdings nicht allzu lang. Schnell beginnt der erste zu jammern….

„MAMA … ich hab Schnee im Handschuh!!“
„Mama…mir ist kalt!“
„Mama..ich hab Durst!“

*Seufz*

Ergeben stapft man nach Hause und beginnt die Zwiebel-Tortur von neuem, nur umgekehrt! Und zu guter Letzt, völlig außer Atem, darf man für alle heiße Schokolade und Obstteller bereitstellen. -> Die Kinder waren ja schließlich soooo aktiv draußen, und frische Luft macht hungrig!! Und trotzdem machen die strahlenden Kinderaugen auf dem sausenden Schlitten alles wieder wett! -> Ich freue mich jedes Mal wieder aufs Neue bei dem Ruf: „ MAMA Ich will rauuuuuuuuusss!!!!!!!!!!“

Der Schlitten war im Mittelalter ein Transportmittel mit einfacher Bauart: zwei Kufen, Verbindungs- und Ständerwerk, Ladefläche und Deichsel. Schlitten wurden nicht nur im Winter auf Eis und Schnee, sondern auch außerhalb der Frostperiode auf vom Regen aufgeweichten, matschigen Wegen, auf feuchten Wiesen oder, wenn die Kufen eingefettet wurden, auch auf felsigem Untergrund benutzt -> sogenannte "Schleipfen" = Sommerschlitten. Wegen ihrer robusten Bauweise und dem Fehlen einer empfindlichen Lenkeinrichtung wurden sie häufig zum Bewegen schwerer Lasten (Bausteine, Bauholz) dem Lastwagen vorgezogen.

Hunde- und Rentierschlitten waren zwar von Reiseberichten über Nord- und Osteuropa her bekannt, setzten sich in Mitteleuropa jedoch nicht durch. Neben dem Schlitten waren von der Steinzeit bis über das Mittelalter hinaus die Schneeschuhe das Fortbewegungsmittel über tiefen Schnee.

Im Mittelalter war die Zeit von Mitte Dezember bis ca. Mitte März eine harte Zeit vor allem für die Unterschicht, die Mehrheit der Bevölkerung, die nur notdürftig bekleidet war und teilweise auch über nur unzureichende Behausungen verfügte. Oft fand man nur in der Nähe der Tiere oder am Herdfeuer Wärme. Die Tiere wurden häufig aus diesem Grund in einer Ecke der Katen gehalten.

Auch der Hunger war sehr ausgeprägt, vor allem zum Ende der Wintermonate. Durch die Kälte, die Nässe und die oft rauchige Raumluft, verstärkt durch die Mangelernährung, hatten viele Menschen besonders respiratorische und rheumatische Erkrankungen. Winterliche Verrichtungen, wie sie in mittelalterlichen Monatsbildern dargestellt sind, waren Schlachten, Dreschen, Holzfällen, Hecken- und Rebenschneiden, Reparaturen an Werkzeug, Gebäuden und Zäunen, die Versorgung des aufgestallten Viehs, Aufbereitung der Schafwolle, Spinnen und Nähen.

Weniger schlimm war der Winter in den Häusern der Oberschicht. Auch dort wurde der Winter als unangenehm empfunden durch die allgegenwärtige Kälte, dennoch besaßen diese weit bessere Bekleidung und Befeuerungsmöglichkeiten in den Häusern. Auch war die Ernährung deutlich besser und abwechslungsreicher.

Edelleute vertrieben sich die Zeit mit Sau- und Bärenhatz und mit häuslicher Kurzweil wie Brett- oder Kartenspielen. Die Gelehrten meinten, im Winter beherrsche der feucht-kalte Schleim (Phlegma) den Körper. Gegen dessen negative Wirkung werden heiße, fettreiche Speisen – besonders Braten – empfohlen, dazu sollen heiße Getränke, Rotwein, Feigen und Nüsse zu sich genommen werden.

Aderlass, Abführmittel und häufiger Geschlechtsverkehr sind zu meiden.

Dichter nannten den Winter gern „veiger winter“,
wünschten „Mohte ich verslafen des winters zit“
und seufzten „we dir winter unghiure ... heide und ouwe ist bluomen bar“.

Winterliche wichtige Tage waren:

  • Heiligabend (24. Dezember; eine wolkenfreie, klare Christnacht verheißt ein fruchtbares neues Erntejahr)
  • Dreikönigstag (06. Januar; wenn’s an Dreikönig gefriert, friert es noch sechs Wochen weiter)
  • St. Paul (Pauli Bekehr Tag, 25. Januar; schönes Wetter verspricht ein gutes Erntejahr)
  • Lichtmess (2. Februar; das Fest markierte den Beginn des bäuerlichen Arbeitsjahres; lindes Wetter an Lichtmess bedeutet späten Frühling)
  • Mattheis-Tag (24. Februar; „Mattheis brichts Eis“ – soll der Frühling rechtzeitig eintreffen, muss der Mattheis-Tag schon spürbare Wärme bringen)

Das winterliche Hauptfest war Weihnachten. Bis zum 5. Januar dauerte diese längste Pause des Jahres. Bei Armen und Reichen wurde diese ausgefüllt mit geselliger Kurzweil und Schmausereien.

© Strahlestädtle




Sprechende Steine

Weihnachtsspezialausgabe Engel

Das, was uns selbstverständlich ist, die Fähigkeit des Lesens und Schreibens, war für den Menschen des Mittelalters bis zu Zeit der Reformation das Vorrecht einer kleinen Minderheit. Selbst der Adel und die Könige hatten ihre Schreiber und Vorleser.

Symbole an den Wänden waren wie Bilderbücher. Hier konnte man erfahren, um was es in der Bibel eigentlich ging. Welche gewaltige Umwälzung, ja Revolution zur Zeitenwende, war die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther im Zusammenwirken des Drucks des ersten Buches, der Bibel, durch Johannes Gutenberg. Es lernten immer mehr Kinder auch in den Dörfern Lesen und Schreiben. Jetzt hatten die Menschen einen direkten Zugang zum Wort Gottes und brauchten keine Mittler in Gestalt von Priestern mehr. Niemand konnte mehr dem anderen ein X für ein U vormachen.

Heute geht es nur um ein Thema: Engel

Vielleicht haben wir alle die süßen, etwas kitschigen, pausbäckigen Kinderengel oder die weiblichen Engel im Kopf. Diese Darstellungen haben weder etwas mit der Bibel noch mit dem Mittelalter zu tun. Sie stammen meist aus der Zeit des Barock und des Rokoko oder kommen im Zeitalter des Jugendstils auf. Das Bild der kleinen, träumenden Engelchen auf der Wolke von Raffael zu Füßen der Sixtinischen Madonna ist für seine Zeit eher die Ausnahme.

Die ersten christlichen Abbildungen von Engeln sind mal wieder in Katakomben zu finden. Sie stammen aus dem 2. Jahrhundert. Sie befinden sich in Rom in der Priscilla-Katakombe. Der Engel ist hier ein männliches, weiß gekleidetes Wesen, das Maria die Geburt Jesu ankündigt.

© Thalassa von Kerygma




Persönlichkeiten des Mittelalters

Hugo Magnus, Herzog von Franzien

Er stammt aus dem rheinfränkischen Geschlecht der Robertiner, die im 8. Jhdt. im Wormsgau nachgewiesen sind, und ist ein Sohn Roberts I., der kurzzeitig König des Westfrankenreiches war. Hugo wurde etwa 895 geboren und kann sich über seine Mutter karolingischer Abstammung rühmen. Sein Beiname "Magnus" bedeutet "der Ältere", auch wenn er häufig mit "der Große" übersetzt wird.

Das Geschlecht der Robertiner rivalisierte mit den Karolingern und hatte bereits zwei Könige im Westfrankenreich gestellt: Odo von Paris, König von 888-898, und dessen jüngeren Bruder Robert I., Hugos Vater. Ein Jahr lang war er Gegenkönig gegen Karl III.; er fiel 923 in der Schlacht von Soissons.

Hugo ist bereits als Heerführer bewährt. Trotz des Todes des Vaters gewinnt er die Schlacht und könnte sich zum König bestätigen lassen - doch er lehnt ab. Vielleicht stimmt es, was neuzeitliche Forscher vermuten: als König hätte er alle seine Grafschaften und Abteien an andere Grafen übertragen müssen, er durfte nicht sein eigener Graf sein.. Vertrauenswürdige Blutsverwandte scheint er nicht gehabt zu haben, denen er eine treuhänderische Verwaltung seiner Güter zugetraut hätte, folglich hat er den politischen und wirtschaftlichen Selbstmord nicht begangen.

So wird Robert von Burgund zum König gewählt, ein Schwager Hugos. Spätestens mit dem Tode des Vaters folgt Hugo ihm in seinen zahlreichen Grafschaften, Ämtern und Rechten nach. Dazu erhält er von Robert von Burgund auch noch die Grafschaft Maine. Damit beherrscht Hugo das Gebiet zwischen Loire und Seine mit Ausnahme des Teiles, den Karl III. 911 an die Normannen abgetreten hatte. Hugo ist der mächtigste Fürst des Westfrankenreiches seiner Zeit.

Er sorgt dafür, daß wieder ein Karolinger den Thron besteigt: sein Neffe Ludwig IV. d'Outre-Mer. Von "Übersee", aus England vom Hofe des Onkels, holt er Karls III. Sohn auf das Festland zurück, als Robert von Burgund 936 stirbt. Mit diesem Schachzug will er ein Gegengewicht zu Heribert II. von Vermandois schaffen, der ehrgeizig und konfliktbereit ist. Er kennt Heribert gut - dieser ist (wie Robert von Burgund) mit einer Schwester Hugos verheiratet. Ludwig IV. ernennt Hugo zum 'dux francorum' (Herzog von Franzien) und Ranghöchsten im Reich nach dem König.

Als sich der Karolinger-König immer stärker von seinem Vormund emanzipiert, betreibt dieser immer deutlicher eine eigene Macht- und Interessenpolitik. Als schließlich sowohl Hugo (937) wie auch Ludwig (939) jeweils eine Schwester des Ostfränkischen Königs Otto I. geheiratet haben, wird dieser zum Mittler.

Mehrfach gibt es Bürgerkrieg, doch 942 wird zwischen den streitenden Fürsten Frieden geschlossen - allerdings geht Reims damit an Hugo. Die Gefangennahme Ludwigs durch Normannen 945 nutzt er, um die Preisgabe von Laon zu erpressen. Daraufhin zieht Otto gegen Hugo zu Felde und die Synode von Ingelheim kommt zu einem eindeutigen Schluß. So ein respektloses Gebaren muß sich kein König gefallen lassen, der Herzog wird exkommuniziert. Und der Papst bestätigt den Synodenbeschluß 949 in Rom. Hugo erkennt daraufhin im Jahre 950 seinen Vasallenstatus Ludwig gegenüber an. Verzögert durch Streitigkeiten der Vasallen beider Fürsten kommt es aber erst am 20.03.953 zum förmlichen Frieden von Soissons.

Als Ludwig 954 überraschend an den Folgen eines Reitunfalles stirbt, akzeptiert Hugo die Thronfolge des ältesten Sohnes, Lothars. Allerdings müssen Königin-Witwe und Kronprinz die gleichen Bedingungen annehmen wie ludwig IV. 936, um Hugos Zustimmung zu erhalten. Anders als bislang bei den Karolingern üblich, soll nur noch ein Sohn den Titel erben. Der dreizehnjährige Lothar wird am 13.11.954 in Reims gekrönt, Königinwitwe Gerberga ist die Regentin, und Graue Eminenz ist neben Erzbischof Brun.... Hugo von Franzien.

Die Belohnung für Hugos Kooperation ist sehr großzügig: er bekommt auch noch Burgund und Aquitanien, deren bisherige Herzöge seine Vasallen werden sollen. Herzog Giselbert von Aquitanien akzeptiert dies, und Hugos elfjähriger Sohn Otto wird mit der Erbtochter von Burgund, Luitgard, verheiratet. Als Herzog Giselbert schon 956 stirbt, wird Hugo durch seinen Sohn zum alleinigen Herren über Burgund.

Aquitanien aber wehrt sich. Trotz eines Feldzuges gelingt es nicht, die neue Herrschaft einzusetzen, und Hugo ist nur nominell Herr über dieses Herzogtum.

Hugo stirbt am 17.06.956 und wird in Saint-Denis bestattet. Er hinterläßt fünf zum Teil unmündige Kinder aus seiner Ehe mit Hadwig, der Schwester Ottos I.:
Béatrix (*~938 †nach 987), verheiratet 954/955 mit Friedrich I., Herzog von Ober-Lothringen
Hugo Capet (*940 †24.10.996), König von Frankreich ab 987
Emma (*~943 †nach 968), verheiratet 960 mit Richard I., Herzog der Normandie
Otto (*~944 †965), Herzog von Burgund 956-965
Heinrich Magnus (*~946 †1002), ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt, ab 965 Herzog von Burgund

Ein illegitimer Sohn, Heribert, stirbt am 16. oder 23.08.994 als Bischof von Auxerre, sein Alter ist nicht bekannt. Hadwig überlebt ihren Gatten nur um wenige Jahre; ab 960 wird sie in zeitgenössischen Urkunden nicht mehr erwähnt. Das Geschlecht der Kapetinger aber wird die französischen Könige aus den verschiedenen Adelshäusern bis 1848 stellen .....

© Amhara zu Agorá




Aus dem Archiv

Der Advent

Die Alte Kirche legte die Adventszeit auf die Tage zwischen dem 11.11. ("Fast-Nacht") und dem 06.01. (Epiphanias) fest. Abzüglich der "fastenfreien" Samstage und Sonntage ergaben diese acht Wochen insgesamt 40 Tage - wie die Passionszeit vor Ostern. Diese Festlegung geschah zu einer Zeit, als das Christentum noch nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt war. "Unser" Weihnachten gab es noch nicht, das "Fest der Erscheinung des Herrn" am 6. Januar wurde aber schon begangen.

Als Kaiser Konstantin im Jahre 313 für das gesamte Römische Reich die Religionsfreiheit deklariert hatte, konnten auch Mitglieder der Armee sowie Staatsbeamte Christen werden, ohne ihren Beruf aufgeben zu müssen. In der Armee war ein Feiertag besonders beliebt, das Fest des "Sol invictus" am 25. Dezember mit Wurzeln im persischen Mithraskult. Nachdem Kaiser Konstantin den Gott der Christen zu seinem persönlichen Schutzgott erklärt hatte und die Christen Jesus von Nazareth als "das wahre Licht" bekannten, lag nichts näher, als diesen bereits beliebten Tag inhaltlich neu zu füllen.

Wenn nicht Mithras das "wahre Licht", die Sonne der Welt ist, sondern Jesus von Nazareth, dann ist der 25.12. sein Tag. Seither wird Weihnachten an diesem Datum gefeiert. Allerdings wußten die Alten sehr genau, wie dieser Mensch geendet hat - jämmerlich am Kreuz. Christus wird geboren, damit er stirbt. Da konnte die Adventszeit nur als Fastenzeit begangen werden.

Papst Gregor der Große legte die Zahl der Adventssonntage auf vier fest. Seither beginnt die Adventszeit zwischen dem 27.11. und dem 03.12. und endet mit der Christvesper - abends 18.00 Uhr - am Heiligen Abend. Weihnachten nämlich ist am 25. Dezember!

Alle unsere Adventsbräuche entstammen der Neuzeit und sind im Mittelalter weitgehend unbekannt.

© Amhara zu Agorá


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