Ausgabe 170 | Seite 4 26. September 2010 AD
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Fabelwesen Teil 15

Der Leprechaun

Nach den eher großen, teils riesigen Gesellen letzter Woche, rücken wir heute kleineren Gestalten auf den wohlgeschnittenen Anzug, den Leprechauns.

Neben Kleeblatt und Guiness sind sie wohl das bekannteste Wahrzeichen Irlands, stehen wie kein anderes Wesen für die grüne Insel. Kaum ein Irish-Pub hierzulande ohne Leprechaun, in manch besonders authentischen Pubs könnte man fast meinen, ein Leprechaun stünde hinter der Theke. Speziell nach dem ein oder anderen Guiness zuviel, wenn die Sinne allmählich umherstreifen. Wobei die Sichtung eines Leprechauns, vor allem in einem Pub, ein Novum wäre.. doch ich laufe Gefahr, vorwegzugreifen.

Also, mit solider deutscher Ordnung und Gründlichkeit, der Reihe nach.

Der Leprechaun, irisch: Leireachán, ist ein irischer Naturgeist aus der Familie der Kobolde, wird im deutschen allgemein gerne den Heinzelmännchen zugeordnet. Diese Zuordnung hinkt jedoch, da sie sich von diesen in einigen Dingen sehr unterscheiden. Ganz im Gegensatz zu den Heinzelmännchen, die den Menschen, wenn diese schlafen, gerne helfen, verfolgen die Leprechauns nämlich lieber die eigenen Interessen. Mit Menschen haben sie dabei nichts am Hut, weder wollen sie ihnen helfen, noch ihnen überhaupt begegnen. Der Schabernack anderer Kobolde ist ihnen meist ebenfalls fremd. Ein echter Leprechaun will schlichtweg in Ruhe gelassen werden.

Daher werden sie auch von anderen Märchenwesen oftmals als griesgrämig, eigenbrötlerisch und dissozial angesehen. Nicht nur den Menschen, nein, auch den Märchenwesen sind Gestalten suspekt, über die sie nichts oder nur sehr wenig wissen.

Weshalb sollte es in der Welt der Märchen anders sein, als im wahren Leben, nicht wahr?

So gehen die Leprechauns in ihrer Abgewandtheit diszipliniert der Arbeit nach, schließlich, so wird gemunkelt, beliefern sie die gesamte Märchenwelt mit Schuhen aller Art. Daher trifft man sie in der Regel Pfeife rauchend in Busch- und Strauchwerken an, wo sie Schuhe herstellen. Da eigentlich ein jedes Wesen Schuhe benötigt, ist ihr Geschäft ein einträgliches. So verwundert es nicht, daß die Leprechauns weithin auch als gute Bankiers gelten. Ergo, wer gut mit Geld umgehen kann und einiges davon verdient, ist rasch mit Ansammeln von Reichtümern beschäftigt. Wer Reichtümer hortet, ist rasch als Geizkragen verschrieen. Womit die Leprechauns die einzigen Fabelwesen wären, denen man diese Charaktereigenschaft nachsagt.

Doch wer Gold besitzt, tut gut daran, dieses vor allzu neugierigen Augen wohl zu verbergen, was die Leprechauns bevorzugt am Fuße des Regenbogens tun. Am Golde hängt, zum Gold drängt doch alles bekanntlich. Und wer im Besonderen? Richtig, der Mensch. Wer kann es den kleinen Wesen also verübeln, wenn sie den Menschen meiden, da dieser ihnen aufgrund des Goldes stets nachstellt?

Ebenso trennt sich niemand gern von Dingen die er hart erarbeitet hat, oder? Daher legen die Leprechauns größten Wert auf die Vollständigkeit ihres Vermögens, nichts darf verloren gehen oder gestohlen werden. Gerät einer von ihnen einmal in die Fänge eines Menschen, beginnt ein harter Kampf. Der Mensch will um jeden Preis das Gold, das der Leprechaun um jeden Preis behalten möchte.

So versuchen sie unter allerlei Tricks, Auflagen und Bedingungen in einem kurzen unbeobachteten Moment zu entwischen, was ihnen glücklicherweise häufig gelingt. Nichts schlimmeres gibt es schließlich als diese Neureichen, die ohne Anstrengung Reichtum erlangten.

Für sein angesammeltes Gold hat der Leprechaun an sich keine besondere Verwendung, daher lehnt der Autor sich jetzt mit folgender Behauptung etwas aus dem Fenster.

Je größer die angehäuften Reichtümer, desto größer der Topf zur Aufbewahrung des Goldes. Da ausschließlich männliche Leprechauns gesichtet werden, die Notwendigkeit der Arterhaltung unzweifelhaft ist, dient der Goldtopf vielleicht als Mittel der Brautwerbung. Zwar wird bei verschiedensten Gelegenheiten seitens der Damenwelt behauptet, daß die Größe nicht entscheidend sei...

Jedenfalls scheinen weibliche Leprechauns spärlich gesät, da empfiehlt es sich schon, wenn man etwas vorweisen kann.

Damit genug der Mutmaßungen fürs Erste, zurück zu den Fakten.

Der Leprechaun, stets zwischen 60 und 90cm groß, wird heutzutage gerne auf einem Fliegenpilz sitzend dargestellt. Dabei trägt er einen grünen Anzug, einen ebenfalls grünen Hut, sein Gesicht ziert ein roter Rauschebart, die Pfeife ist ebenso obligatorisch und dergleichen mehr. Dies entspricht jedoch lediglich einem modernen Stereotypen, der zum größten Teil frei erfunden ist. Vor dem 20. Jahrhundert trug er auf Darstellungen noch rote Kleidung.

Ursprünglich sah der Leprechaun höchst unterschiedlich aus, abhängig davon, in welchem Teil Irlands man sich bewegte. So variierte die Kleidung vom roten, reich mit Gold verzierten Frack (square-cut coat) sowie dazu passenden bzw. aus dem selben Material bestehenden Schuhen, Hut und Schnallen. Mal war es ein Mantel, mal war das Jackett knopflos, mal wies es sieben Reihen von Knöpfen auf, mit sieben Knöpfen in jeder Reihe. Manche modisch extrovertierte trugen zum roten Dress gar schwarze oder graue Socken.

Im rauen Westen der Insel, dort, wo die Winde schon seit jeher pfoffen, also immer schon pfeiften wie sie jetzt pfiffen..., dort trugen sie einen dicken, flauschigen Übermantel über ihrem Anzug. In der Gegend um Tipperary, einer kleinen Stadt im Süden Irlands, bekannt durch das Lied "It´s a Long Way to Tipperary", wird der Leprechaun Lurigadawne genannt und ist mit einem Schwert bewaffnet, das er als Zauberstab benutzt. In den nördlicheren Teilen der Insel ist der Leprechaun als Logheryman bekannt. Dort ähnelt sein Aussehen zumeist der Uniform einiges britischen Infanterieregiments, roter Mantel mit weißen Kniehosen, anstatt einer schwarzen Mütze trägt er jedoch einen roten, hohen Hut mit breiter Krempe. Dergleichen gibt es noch einige Variationen mehr. Gemäß William Butler Yeats, 1865 - 1939, tragen einzelgängerische Feen/Kobolde, "solitary fairies", wie der Leprechaun rote Kleidung, während in Schwärmen auftretende Wesen, "trooping fairies", sich grün kleiden.

Erste Erwähnung fanden die Leprechauns in "Echtra Fergus mac Léti", die Abenteuer des Fergus, Sohn des Léti, einer in altirisch verfassten Geschichte aus dem 8.Jahrhundert. Für die Wissbegierigen erzähle ich sie hier kurz. Wer sich das ersparen möchte, möge direkt zur Rolle der Leprechauns in den modernen Medien übergehen.

Gemäß Caithréim Conghail Cláiringhnigh, war Fergus König der südlichen Häflte Ulsters, während Congal Cláiringnech über die nördliche Hälfte herrschte. Zu dieser Zeit war Lugaid Luaigne der Hohe König, sprich König von ganz Irland. Die Ulaid, frühe Bewohner Irlands, namensgebend für Ulster, weigerten sich jedoch, zwei König anzuerkennen. So oblag es dem König von Irland, zu entscheiden, wer über die Provinz Ulster herrschen sollte. Lugaid wählte Fergus und gab ihm seine Tochter Findabair als Braut. Überraschenderweise mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, erklärte Congal Fergus den Krieg. Als dieser fehlschlug, marschierte er nach Tara und enthauptete Lugaid im Kampf.

Tara ist der traditionelle Ort, an dem die irischen Könige eingesetzt wurden. Der "Lia Fáil", irisch für großer Stein des Schicksals, habe magische Kräfte. Sobald der rechmäßige König von Irland seinen Fuß darauf setze, brülle der Stein vor Freude.

Congal ernannte sich selbst zum König von Irland, entthronte Fergus als König von Ulster und ernannte seinen Bruder Ross Ruad an dessen Stelle. Während der Herrschaft Von Fachtna Fáthach wurde Ross in der Schlacht von Lough Foyle getötet. Dadurch wurde Fergus wieder König von Ulster.

Dies als erklärendes Vorgeplänkel. In den "Echtra Fergus mac Léti" nun begegnet Fergus Wasserkobolden, die er "Lúchorpáin", kleine Körper, nannte. In dieser Passage wird die erste Erwähnung der Leprechauns gesehen. Die kleinen Wesen versuchen den schlafenden Fergus ins Meer zu ziehen und zerren. Dieser erwacht jedoch aufgrund des kalten Wassers und packt sich die Wesen. Im Tausch gegen ihre Freiheit gewähren sie Fergus drei Wünsche. Mittels des einen Wunsches erlangt er die Fähigkeit, unter Wasser zu atmen.

Diese Fähigkeit funktioniert überall, nur nicht im Loch Rudraige in Ulster. Fergus versucht dort überall zu schwimmen, aber er es gelingt ihm einfach nicht, dort unter Wasser zu atmen. Während seiner Bemühungen stößt er auf das Muirdris genannte Seemonster. Fortan ist sein Gesicht auf Dauer vom erlittenen Schrecken entstellt.

Sein Fratze würde ihn von der Regentschaft ausschließen, aber die Bewohner Ulsters wollen ihn nicht entmachten. So entfernen sie alle Spiegel aus dem Umfeld Fergus´, auf daß er nie von seiner Entstellung erführe. Sieben Jahre später später peitscht er eine Bedienstete aus, welche ihn voller Verachtung auf seine Entstellung hinweist. Daraufhin kehrt Fergus zum Loch Rudraige zurück, auf der Suche nach dem Seemonster. Er findet und besiegt es nach einer zwei Tage dauernden Schlacht, die das Wasser des Sees rot färbte, ehe er selbst vor Erschöpfung stirbt.

In der heutigen Zeit sind Leprechauns bei vielen Gelegenheiten mit von der Partie.

Bei den Simpsons tauchen sie immer wieder als streit- und trunksüchtige kleine Sidekicks auf, vor allem O´Reilly. Henry Kosters "The Luck of the Irish" aus dem Jahre 1948 ist vielleicht bekannt, ebenso wie Robert Stevensons "Darby O´Gill and the Little People" aus dem Jahr 1959. Darüberhinaus gibt es zahlreiche Disney-Produktionen mit Leprechauns, sowie Franics Ford Coppolas Musical "Finian´s Rainbow" aus dem Jahr 1968. Auch bei Harry Potter taucht ein Leprechaun auf.

Das Football-Team der Notre-Dame University, Indiana, hat einen "Fighting Irish" genannten Leprechaun als Maskottchen. Das Maskottchen des NBA Basketballteams Boston Celtics ist ebenfalls ein Leprechaun.

In Computerspielen tauchen sie immer wieder auf, vorzugsweise in Fantasy-Rollenspielen oder Adventures wie zum Beispiel Baphomets Fluch.

USK 1 von 5
Mittlerweile ist es leider auch mit den Leprechauns nicht mehr allzu weit her. Zwar sind sie noch immer höchst ausdauernde Trinkgenossen, nur wenn sie nicht bezahlen müssen, versteht sich. Aber die Krise macht auch vor Fabelwesen nicht halt. Kaum jemand, sei es Mensch oder Fabelgestalt, läßt sich von ihnen noch Schuhe anfertigen. Echte Handarbeit und Handarbeitskunst ist nicht mehr gefragt in diesen schnelllebigen Zeiten neuerdings. Daher schrumpfen die irdenen Goldtöpfe rapide, schuld daran ist die Herstellung von Schuhen in Billig-Lohn-Ländern. Dort arbeiten keineswegs größere, aber weitaus jüngere Geschöpfe für einen Hungerlohn.

Wodurch immer mehr Leprechauns gezwungen sind, sich ihren Lebensunterhalt anderweitig zu verdienen. Öffentliche Boxkämpfe von Kleinwüchsigen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Manch einer von ihnen gibt gar seine Menschenscheu auf und geht zum Film, wo er mit mehr oder weniger großem Erfolg, bei einschlägigen Produktionen (beispielsweise Schneeflittchen und die sieben Zwerge) seinen Mann steht.

Doch auch solche Erfolgsgeschichten täuschen nicht darüber hinweg: die Leprechauns fristen ein Schattendasein am Rande der Gesellschaft und wehe uns, wenn ihr alter Reichtum aufgebraucht ist!

Gehabt euch wohl bis zum nächsten Fabeltag!

© Singularis Porcus


Heil- und Nutzpflanzen

Apfel

Malus domestica Äpfel gehören zu den Rosengewächsen. Es sind sommergrüne Bäume, die bis 15 m hoch werden und eine ausladende Krone ausbilden können. Das tun allerdings nur frei stehende unveredelte Bäume, die es nur noch selten gibt. Apfelbäume sind nicht sehr langlebig - mit 100 Jahren sind sie schon uralt..

In Mitteleuropa ist der Holzapfel heimisch, der schon zu Zeiten der Pfahlbauten genutzt wurde. Allerdings sind die kleinen Früchte sehr sauer und auch etwas bitter, sodaß sie nur gedörrt oder gekocht genießbar sind. Kelten und Germanen verkochten die Holzäpfel zu Mus, gewannen Most oder vergoren auch den Saft mit Honig.

Den regelrechten Obstanbau brachten die Römer nach Mitteleuropa. "Unsere" Äpfel gehen vermutlich auf asiatische Stammformen zurück, die über die Handelswege nach Europa kamen. Denn Äpfel galten von jeher auch als lebensverlängerndes Heilmittel. Für Mitteleuropäer sind Äpfel "das Obst" schlechthin.

Äpfel blühen ab Mai/ Juni weiß mit einem leichten rosa Hauch. Sie sind auf die Bestäubung von Bienen angewiesen, da die Kultursorten selbst steril sind. Es sind mehr als 20.000 Apfelsorten bekannt. Allerdings schrompft das Angebot besonders in Supermärkten derzeit auf 5 bis 6 weltweit gehandelte Sorten zusammen. Diese Verarmung ist bedenklich, was die Anfälligkeit für Krankheiten angeht.

Man unterscheidet Sommeräpfel - Herbstäpfel - Winteräpfel voneinander.

Der Weiße Klarapfel ist ab Juli verfügbar; James Grieve, Ingrid Marie, Gravensteiner, Goldparmäne Roter Herbstkalvill reifen ab September; Renetten, Freiherr von Berlepsch, Golden Delicious, Weißer Winterkalvill sind ab Oktober verfügbar und halten bis in den Dezember. Die Lageräpfel werden erst ab Ende November reif - der Ontario zum Beispiel - und können bis in den Juni hinein halten.

Äpfel reifen nach und sondern dabei ein Gas, das Ethen, ab. Dieses beschleunigt unerwünschter Weise die Reife von anderem Obst. Daher sollte man Äpfel nicht zusammen mit anderen Früchten lagern. Die Bräunung des Fruchtfleisches bei Kontakt mit Luft ist eher ein "kosmetisches" Problem. Allerdings mindert sie die Heilwirkung von Äpfeln.

Schon in der Antike waren Äpfel als Heilmittel in Gebrauch. Erstmalig schriftlich erwähnt werden sie in einer babylonischen Auflistung über einen königlichen Heilkräutergarten aus dem 8. vorchristlichen Jahrhundert. Die Früchte samt Schale wirken zusammenziehend, abführend und keimtötend.

Inzwischen ist in Versuchen nachgewiesen worden, daß Äpfel krebsvorbeugend wirken; besonders das Risiko von Darm- und Lungenkrebs wird verringert. Auch die Wahrscheinlichkeit für Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes, Lungenfunktionsstörungen und Asthma wird reduziert. "An apple a day keeps the doctor away!"

Das Holz des Apfelbaumes ist hart und schwer, es zählt zu den einheimischen Edelhölzern. Besonders begehrt sind die mächtigen Stämme alter Mostapfelbäume.

© Amhara zu Agora




Sprechende Steine

Der Drache

Das, was uns selbstverständlich ist, die Fähigkeit des Lesens und Schreibens, war für den Menschen des Mittelalters bis zu Zeit der Reformation das Vorrecht einer kleinen Minderheit. Selbst der Adel und die Könige hatten ihre Schreiber und Vorleser.

Symbole an den Wänden waren wie Bilderbücher. Hier konnte man erfahren, um was es in der Bibel eigentlich ging. Welche gewaltige Umwälzung, ja Revolution zur Zeitenwende, war die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther im Zusammenwirken des Drucks des ersten Buches, der Bibel, durch Johannes Gutenberg. Es lernten immer mehr Kinder auch in den Dörfern Lesen und Schreiben. Jetzt hatten die Menschen einen direkten Zugang zum Wort Gottes und brauchten keine Mittler in Gestalt von Priestern mehr. Niemand konnte mehr dem anderen ein X für ein U vormachen.

Heute befassen wir uns mit nur einem Begriff:

Der Drache

Hier geht es nicht um eine Gruppe von Fabelwesen oder reptilienartigen Monstern, mit denen uns Haxxen-Hannes immer in Spannung gehalten hat, sondern mit dem Gegenspieler Gottes, um das Prinzip des Bösen. Wir finden das Tier auch in der Mythologie anderer Völker wie bei den Babyloniern und Ägyptern.

Im Mittelalter beliebte Darstellungen waren der Kampf der Drachentöter mit dem durchbohrten Drachen. Die älteste Darstellung ist erst aus dem 10. Jh. bekannt. Das Aussenrelief an der armenischen Kirchenanlange Surp Khatsch auf der Insel Achtamar im Vansee ist besonders erwähnenswert. Noch heute glauben die Menschen, dass dieser Drache, dieses Vansee-Monster – halb Fisch – halb Reptil – existiert. Er wird Van Gölü Canavarý genannt. Die letzte Sichtung sei am 31. Januar 2009 gewesen. Interessanterweise taucht das Monster immer dann auf, wenn die türkischen Zeitungen im Sommerloch versinken. Das Tier scheint ein anatolischer Verwandter von Nessie zu sein. Der Vansee ist siebenmal so groß wie der Bodensee und 457 Meter tief. Er liegt am Großen Ararat und dem Vulkan Nemrut. Das Ungeheuer soll ca. 15 m lang sein, einen schwarzen Rücken und einen weißen Bauch haben. Die Kryptozoologen vermuten einen überlebenden Plesiosaurus. Aber das ist ein Thema für Haxxen-Hannes aus Singularis porcus.

Gehen wir wieder zurück zur Drachensymbolik.
Es ist schon eigenartig, dass gerade in tiefen Seen oder im Meer Unheimliches vermutet wird. Die Tiefenpsychologie deutet es als den Kampf des bewußten Ich gegen das Unbewußte, Verborgene. Auch unsere scheinbar so aufgeklärte Zeit lebt mit diesen Ängsten, um wieviel mehr der Mensch vor 1000 Jahren, der noch keinen Prozeß der naturwissenschaftlichen Schulung durchlebt hat!

Um so wichtiger waren die Gestalten der Drachentöter für ihn. Die Bilder und Skulpturen der Drachenkämpfe standen immer ausserhalb der Kirchen. Das Böse hat keinen Zugang ins Heilige. Die Drachen, Dämonen und Teufel können nicht in die Kirche.

Martha besänftigt die Tarasque. Wenn der Drache besiegt ist, wird er allerdings auch in der Kirche dargestellt: unter den Füßen der Madonna (Magdeburg, Dom; 13. Jh.) oder gezähmt und am Band geführt durch Martha von Bethanien (St. Lorenz, Nürnberg). Diese Drachin namens Tarasque, die sich vorher durch das Verzehren von Jungfrauen unbeliebt gemacht hatte, lockte Martha mit ihrer wundervollen Stimme aus dem Wasser. Mit Weihwasser und dem Kreuzeszeichen bändigte sie sie, band ihr ihren Gürtel um den Hals und führte die Drachin in die Stadt, wo die Einwohner das "Untier" umbringen wollten. Martha aber brachte Tarasque an das Ufer der Rhone - und das war der Fluß, in den dieses Wesen auch gehörte. Seither nennt sich Tarascon nach der Wasserdrachin...

Ein apokryphes Evangelium erzählt, dass auf der Flucht nach Ägypten das Jesuskind einen Drachen gezähmt hätte, der die heilige Familie vor Räubern, Löwen und Wölfen beschützt hätte.

Als Drachentöter werden Christus, der Erzengel Michael und St. Georg gezeigt. Die meisten Darstellungen kommen aus dem 12. Jh. und 13. Jh., desm Hochmittelalter: die Fenster in der Kathedrale von Reims, die Statuen von Coma und Boulogne.

© Thalassa von Kerygma




Ein Leprechaun zählt sein Gold; Kupferstich von 1900






Leprechaun




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