Ausgabe 169 | Seite 4 19. September 2010 AD
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Fabelwesen Teil 14

Der Troll

Naturgeister also...prima Sache...mehr gibt das mentale Kochstudio noch nicht her. Oder wie sagte F.J.Strauß zu Helmut Kohl, als dieser ihm erzählte, daß sein Sohn seinen Verstand von ihm habe: "Wie unangenehm, ich hab den meinen zum Glück noch."

Naturgeister also...prima Sache! Naturgeister, als frühes Mittel früher Menschen, mit deren Hilfe die sie umgebenden Elemente etwas greifbarer werden sollten. Schließlich gibt es kaum abstrakteres als Erdbeben,Überschwemmungen, Wirbelstürme, Feuersbrünste und dergleichen.

Damit ist der einleitenden Pointe genüge getan, die sachlich trockene Erzählung kann beginnen. Mit den Naturgeistern beschäftigen wir uns in den nächsten Wochen eingehender, daher wählte ich als ersten Vertreter jener Spezies eine recht bekannte Gestalt.

Der Troll entstammt ursprünglich der nordischen Mythologie, jener, welche bereits in meiner Drachenreihe des öfteren Erwähnung fand. Bestimmt könnt ihr euch noch an die Edda, die Asen usw. erinnern und mir auf Anhieb vier Personen oder Figuren nennen, nicht wahr?

Die Trolle wurden als negative Gegenstücke zu den alles überstrahlenden Elfen geschaffen, verloren das ursprüngliche Ziel aber recht schnell aus den Augen und widmen sich seither eher ihren Leibfeinden, den Zwergen. In ihren Grundwesenszügen unterscheiden sie sich in den einzelnen skandinavischen Ländern kaum.

Bedauerlicherweise ist der Troll/die Trollfrau mittlerweile überwiegend zum touristischen Souvenier und zur Folklore verkommen. Vom schadenbringenden Wesen spricht eigentlich niemand mehr.

So findet man Trolle aus verschiedensten Materialien und in verschiedenstem Aussehen in jedem Ort Dänemarks, Norwegens, Schwedens und Islands, durch den alljährlich Touristenmassen strömen. Der Troll ist zu einem festen Bestandteil des skandinavischen Kunsthandwerks geworden und hat, im Zuge dessen, auch den Sprung in die Vorgärten der Menschen "geschafft". Ihre Rolle als Kinderschreck haben sie ebenfalls eingebüßt. Ähnlich bunt wie in den Vorgärten, sind sie aus skandinavischen Kinderbüchern nicht mehr wegzudenken.

Allenfalls in Schweden gelten sie gebietsweise noch als geheimnisvoll und unzuverlässig, ein letzter Atemzug des verruchten. Dort hält sich der Mythos vom kleine Kinder stehlenden Troll, der anstelle des Menschenkindes sein eigenes Kind ins menschliche Kinderbett legt, Stichwort Wechselbalg.

Troll-Verkehrszeichen beim Trollstigen Die Skandinavier bauen für die kleinen Vorgarten-Trolle gerne Miniaturhäuser, die ihren eigenen Wohnhäusern verblüffend ähnlich sehen, sogar Miniaturkirchen erblickt man. Das in meinen Augen einzig amüsante an dieser Weichspülung der Trolle sind die Troll-Verkehrszeichen in Norwegen, davon hätt ich wahrlich gerne eins zuhause.

Einzig in der Literatur gehen Trolle ihrer Berufung noch nach. So lange irgendwo schlummern, bis einen die Leute für einen Berg halten, da über und über mit Bäumen und Flechten bewachsen. Der erstbeste Abenteurer oder Schatzsucher wird dann direkt verspeist, selber schuld, wenn jemand so dumm ist und Nasenlöcher für Höhlen hält.

In Wäldern auf der Jagd nach Elfen, in den Bergen nach Zwergen, die ihre Spitzhacken nicht selten in einen Troll wuchten auf ihrer Suche nach Gold und und und.

Brückentrolle, die an Flüßen und Furten Wegzoll verlangen, sind übrigens ursprünglich eine deutsche "Erfindung" und waren früher in Skandinavien nicht bekannt. Mittlerweile wurden diese Wesen, dank der Globalisierung, aber an den meisten Orten der Welt, meist uniformiert, gesichtet.

Die skandinavische Literatur, zum Glück nicht nur die für Kinder, ist voll mit den verschiedensten Trollvarianten. Ibsen, Jansson, Gulbranssen, Bjornson, Lagerlöf und viele andere Dichter, Schriftsteller und Erzähler fanden in den Trollen Inspiration. Außerhalb Skandinaviens nenne ich von vielen Tolkien, Moers, Pratchett, Jones und Hennens.

USK 1 von 5
Mittlerweile eine Art Teddy zum Anfassen, Knuddeln und Liebhaben geworden, fristet der Troll ein merkwürdiges Schattendasein. Vereinzelt bricht bei dem ein oder anderen Troll noch die Urlust auf menschliches Fleisch durch - wenn dann ein Kind in der Nähe ist, umso besser. Doch alles in allem beissen die Trolle Kinder nicht häufiger als ein wiederholt gegen den Strich gekraultes Maultier im Streichelzoo. Zur weiteren Verteidigung der Trolle sei erwähnt, daß es noch nie vorkam, daß sie Kinder anpinkelten, wie das Ziegen ja gerne auch mal tun.
Von daher sollte man den Trollen den ein oder anderen abgebissenen Finger oder Kopf verzeihen. Wünschen wir ihnen lieber viel Kraft, auf daß sie neben den kommenden Zeiten auch ihre Identitätskrise überwinden.

Damit, wenn dereinst in einigen Jahren, neuerdings ein Artikel über Trolle verfasst wird, bei USK 5 von 5 genannt werden kann! Irgendwie muß der Überbevölkerung schließlich begegnet werden, auf Krankheiten und Seuchen ist heutzutage ja kein Verlaß mehr, dienen sie doch nurmehr der Bereicherung von Pharmakonzernen und ähnlichem. Genug der Worte und des schwarzen Humors an dieser Stelle.

Gehabt euch wohl bis zum nächsten Fabeltag!

© Singularis Porcus




Troll verwandelt sich in einen Berg






Küche mit Kachelofen, Dreifußtöpfen und Bratenspieß. Abbildung aus der Kuchenmaistrey, Augsburger Ausgabe von 1505




Ernährung im Mittelalter

Getreide, Brot und Brei

Als Mutter mach ich mir natürlich so meine Gedanken was und wie und woher ich die Nahrungsmittel für meine Kinder beziehe. Schon in meiner Kindheit haben meine Eltern sehr darauf geachtet, das ich und meine Geschwister „gutes“ Essen, sprich BIOessen bekommen.

Damals waren wir die „Körndlfresser“… als Kind habe ich sehr darunter gelitten. Heute mach ich es mit meinen Kindern nicht viel anders. Auch ich kauf viel Bio ein und achte darauf, das sie viel Obst und Gemüse essen und regelmässige Mahlzeiten haben. Süßigkeiten gehört zum Kindsein dazu, und meiner Meinung nach muß es auch erlaubt sein, solange es in „normalen“ Mengen und einigermaßen unter Kontrolle ist.

Aber wie war das eigentlich damals? Vor langer Zeit. Bestimmt machte sich so manche Familie kaum einen Kopf darüber was auf den Tisch kam. Vielerorts war man einfach froh die tägliche Mahlzeit zusammen zu bekommen und jedes Familienmitglied einigermaßen satt zu bekommen. Die Grundlage der damaligen Ernährung bildete für alle Schichten das Getreide und war damit das wichtigste Erzeugnis der Bauern. Die Getreidewirtschaft ist im Hochmittelalter sogar bedeutender als die Viehwirtschaft geworden.

Die Ursache dafür lag in der stetig wachsenden Bevölkerung. Man braucht großen Flächen, wo früher Vieh gehalten wurde wächst im Mittelalter Getreide, denn damit konnten mehr Menschen versorgt werden. Um die Fläche möglichst intensiv zu nutzen und damit eine Ertragssteigerung zu erzielen, wurde nach der Dreifelderwirtschaft angebaut. Damit lag nur ein Drittel der Flächen zur Regeneration brach, während die anderen zwei Drittel mit Getreide bestellt wurden.

Der Nachteil bei diesen fest organisierten Bewirtschaftungssystemen war aber die Verhinderung der Ausbreitung anderer Kulturpflanzen und somit eine Ursache der damaligen oft einseitigen Ernährung. Die Fruchtfolge der Dreifelderwirtschaft war in der Regel Roggen, Hafer, Brache. Statt des Roggens wurde auch vielerorts Weizen oder Dinkel gepflanzt und statt dem Hafer auch teilweise Gerste. Roggen, Dinkel, Gerste und Hafer sind anspruchslose Getreidesorten. Sie können auch auf mageren Böden angebaut werden und sich an verschiedene Arten von Klima anpassen. Dadurch lieferten sie zufriedenstellende Erträge.

Roggen war dabei unangefochten das wichtigste Brotgetreide im weitaus größten Teil Mitteleuropas und besonders im nördlichen und östlichen Deutschland. Der Weizen hingegen ist sehr anspruchsvoll. Er verträgt kein strenges Klima und braucht fruchtbare Boden.

Doch trotz der Fortschritte im hochmittelalterlichen Ackerbau blieben die Ertragsquoten in der Getreidewirtschaft relativ niedrig. So war die Anfälligkeit für Hungersnöte hoch, denn der Ertrag musste für den Eigenbedarf und für die Abgaben an die Grundherren ausreichen.

In den meisten Fällen wurde das Getreide zu Brot verarbeitet. Brot war das Hauptnahrungsmittel und je ärmer man war, desto häufiger stand es auf dem Speiseplan. Mit der Gründung der ersten Städte im Hochmittelalter und deren Aufschwung wurde das Brot vor allem in den Bäckereien der Stadt gebacken. Man konnte dort auch sein Korn abliefern und erhielt im Gegenzug vom Bäcker eine bestimmte Menge an Brot.

Doch Brot war damals nicht gleich Brot. Es wurde zwischen "gutem" Brot und "schlechtem" Brot unterschieden. Der Unterschied bestand in der Farbe und in der Beschaffenheit des Brotes. Das Bauernbrot, also das "schlechte" Brot war dunkel, weil es mit Mehl gebacken wurde, das nicht ausgesiebt war und so noch die gesamte Kleie enthielt. Außerdem verwendeten die Bauern Getreidesorten, die anspruchslos und ertragreich sind, also zum Beispiel Roggen, Gerste und Hafer. Doch da diese stärkearm sind, geht das Brot nicht so gut auf und man erhält ein schweres Brot.

Den Reichen diente solches Brot höchstens als „Teller“, worauf sie ihr Fleisch legten. Nach dem Essen gaben sie dann den Armen die eingefetteten Brotscheiben oder verfütterten sie an die Tiere. Es konnte auch vorkommen, dass die arme Bevölkerung das Brot noch mit Mehl von geschälten Hülsenfrüchten strecken musste. In Notzeiten wurde auch Brot aus Rüben, Petersilie, Rettich und Zwiebeln gegessen.

Bei schlechten Witterungsverhältnissen fiel aber nicht nur die Getreideernte schlecht aus, sondern es breitete sich auch nach verregneten Sommern ein gefährlicher Schmarotzerpilz des Roggens aus. Dieser unscheinbare Pilz am Korn, auch Mutterkorn genannt, löste das damals gefürchtete Antoniusfeuer aus. Es traf vor allem die ärmeren Leute, da sie nach Hungersnöten alles in die Ernte aufnahmen, was an Korn vorhanden war, auch das Korn welches vom Pilz befallen war.

Hinzukam, dass das Mutterkorn besonders kurz vor der Ernte am meisten Gift enthielt. Zuerst bekannt wurde die Mutterkornvergiftung aber unter dem Namen ignis sacer, was so viel wie heiliges Feuer bedeutet.

Die Menschen glaubten, dass das heilige Feuer von Gott gesandt wurde um darin das sündige Fleisch der gegen ihn schuldig Gewordenen brennen zu lassen. Die Folgen der Vergiftung waren Halluzinationen, Brandigwerden der Gliedmaßen oder sogar der Tod. Da die Ursache des Antoniusfeuers aber nicht bekannt war, wurden auch die Hexen dafür verantwortlich gemacht.

Im Gegensatz zum dunklen und schweren Brot galt das aus fein gemahlenem Weizenmehl hergestellte Weißbrot als Herrenspeise, da Weizen ein sehr anspruchsvolles Getreide ist, das geringere Erträge liefert. Durch seinen hohen Stärkegehalt ergibt sich ein lockeres Brot, das damals einen Luxusartikel darstellte, den sich nur die höheren Schichten leisten konnten.

Die Bauern aßen das Weizenbrot normalerweise nicht. Wenn sie Weizen anbauten, dann verkauften sie ihn, oder lieferten ihn beim Grundherrn ab.

Weil das helle Weizenbrot damals so wertvoll war, versuchten manche Bäcker auch das minderwertigere dunkle Brot mithilfe der seltsamsten Mittel wie zum Beispiel Kreide, Gips, weißem Töpferton, oder gemahlenen Knochen hell zu färben, oder mit Chlor zu bleichen und so teuer als Weißbrot zu verkaufen.

Manchmal taten sie auch getrocknete Fliegen statt Rosinen in den Teig. Doch diese betrügerischen Bäcker wurden mit hohen Geldbußen hart bestraft. Mancherorts wurden die Bäcker aber auch öffentlich in einem Korb über eine Jauchegrube aufgehängt. Um diesen zu verlassen mussten sie aus dem Korb in die stinkende Jauche springen.

Zwischen dem Brot für die Reichen und dem Brot für die Armen gab es ein so genanntes Stadtbrot oder Bürgerbrot. Dieses bestand aus weniger fein gesiebtem Mehl und stellte die tägliche Kost des Durchschnittsbürgers dar.

Dazu gehörten zum Beispiel Kaufleute und Handwerker. Man konnte die gesellschaftliche Stellung also auch daran erkennen, welche Farbe das Brot hatte, das gegessen wurde.

Es gab aber auch einige Menschen, die es sich gar nicht leisten konnten Brot zu essen. Denn um überhaupt Brot backen zu können, benötigte man einen Ofen, den nur wenige Bauernhöfe besaßen.

Eine Möglichkeit Brot ohne einen Ofen herzustellen gab es jedoch. Man legte den Brotteig einfach in einen verschlossenen Tontopf, stellte ihn unter heiße Asche und wartete bis daraus ein essbarer Fladen entstanden war. Der Nachteil dabei war aber, dass diese Brotfladen sehr schnell hart wurden und so nur mit Öl gegessen werden konnten.

Der Getreidebrei war deshalb oftmals Grundnahrung armer Leute. Er wurde aus grob zerkleinertem Getreide hergestellt und mit Wasser oder Milch aufgekocht. Nicht selten wurde der Brei auch als Mus oder sogar als Brot bezeichnet, war einfach zuzubereiten und machte lange satt. Hafer zählte zu den wichtigsten Breigetreiden, denn er ist kälte- und feuchtigkeitsunempfindlich und für die Ernährung sehr wertvoll, da sein Eiweiß- und Fettanteil größer als bei anderen Getreidearten ist. Aber auch Hirse wurde zum Kochen von Brei verwendet.

Die Bürger in der Stadt hatten einen Vorteil gegenüber den Landbürgern. Während die Bauern von den Produkten abhängig waren, die sie selbst auf ihren eigenen Feldern anbauen konnten, hatten die Bürger in der Stadt die Möglichkeit eine größere Vielfalt an Nahrungsmittel über die Märkte zu beziehen.

© Strahlestädtle




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