Ausgabe 165 | Seite 3 22. August 2010 AD
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Kopfgrafik - © upjers GmbH & Co. KG

 

Sprechende Steine

Buchstabe C

Darstellungen Christi am Beispiel des Isenheimer Altar

Der Altar zeigt drei Stationen der Lebensgeschichte Jesu:
a. die Geburt b. die Kreuzigung c. die Auferstehung. Als Flügelaltar konnte er je nach Zeit des Kirchenjahrs verändert werden. Das Kirchenjahr beginnt mit der Advents- und Weihnachtszeit.

Der Altar hat die Form eines Triptychon (griechisch t??pt????; tri = drei, ptychion = Falttafel) und konnte also aufgeklappt werden. Auf der linken Seite wird die Verkündigung der Geburt Jesu durch den Erzengel Gabriel dargestellt. Auf Marias Schoß ruht ein Buch. Das Buch ist, wie der aufmerksame Leser der Reihe "Sprechende Steine" kombiniert, das Wort Gottes.

Maria sitzt in einem Raum mit gotischen Fenstern gleich einer Kirche. In Johannes 1,1 lesen wir: "Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort." Der mittlere Teil zeigt die Geburt Jesu. Maria sitzt mit dem Kind auf dem Schoß in einer offenen Landschaft. Sie wird nicht durch einen Stall oder eine Höhle, wie es auf früheren Darstellungen zu sehen war, begrenzt. Im Hintergrund befindet sich ein Berg, eine Anspielung auf den Berg Sinai, auf dem Mose die zehn Gebote empfangen hatte. Neben Mutter und Kind spielt ein himmlischer Engelchor auf Celli und Geigen. Ein imaginärer Lichtstrahl, in blau und gelb, fällt auf Maria und das Kind, in dem nach näherer Betrachtung ein Wesen zu erkennen ist. Es ist Gottvater mit den himmlischen Heerscharen.

Auf dem rechten Altarflügel ist die Auferstehung Christi zu erkennen. Christus zeigt die Wundmale an seinen Händen und steht dabei in Siegerpose auf dem zertrümmerten Grab. Zu seinen Füßen liegen die römischen Soldaten in den Rüstungen der Landsknechte des ausgehenden 15. Jh.s. Sie sind durch das alles durchflutende Licht überwältigt zu Boden gefallen.

Die rückwärtige Tafel ist von einer Szene beherrscht: Der Kreuzigung Jesu. Das mannshohe Bild zeigt am Leib des Gekreuzigten jede Spur der voraus gegangenen Folter. Die Striemen der Geiselhiebe mit der neunschwänzigen Katze, die Dronenkrone, das Blut, das den geschundenen Körper entlang rinnt, machen jeden Betrachter auch heute noch betroffen.

Der Maler wußte wohl ganz genau, was er darstellte. Hatte er selbst zu seiner Zeit solche Martyrien gesehen? Wir wissen es nicht. Wer dieses Altarbild einmal gesehen hat, braucht keinen Film von Mel Gibson "Passion of christ". Unter dem Kreuz steht Johannes, der "Lieblingsjünger", der die kreidebleiche, kurz vor der Ohnmacht stehende Maria stützt. Auf der rechten Seite steht Johannes der Täufer, der an seinem wilden Aussehen und seinem Kamelhaarfell zu erkennen ist. In seiner Hand hält er ein aufgeschlagenes Buch. Es ist natürlich die Bibel.

Hier ist Johannes 3, 30 in Latein zu lesen: "Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen." Diese Darstellung der Kreuzigung zeigt eine symbolische Darstellung, denn diese Szene hat es in der Realität nicht gegeben. Der Täufer war laut Bibel zum Zeitpunkt des Todes Jesu schon von Herodes geköpft worden. Direkt unter dem Kreuz befindet sich die in Tränen aufgelöste Maria Magdalena mit dem Graböl zur Einbalsamierung des Toten und das Opferlamm mit dem Kelch und dem Kreuz als Zeichen des Abendmahls.

Natürlich sind die Motive (der gute Hirte, der Lehrer, der Weltenherrscher) nicht auf eine Epoche beschränkt, sondern überlappen sich. Auch tritt die stillende Maria mit dem Kind auf dem Arm in allen Phasen der Geschichte des Hoch- und Spätmittelalters auf, nur in früheren Epochen der jungen Christenheit spielt sie keine Rolle.

Ihr seht, wieviel Symbolik in einem mittelalterlichen Altar steckt. Ich wünsche Euch, dass Ihr Euch mal in eine Jahrhunderte alte Kirche traut und spannende Entdeckungen macht.

Bis zum nächsten Mal beim Buchstaben D.

© Thalassa von Kerygma







Die Frauenbilder im Mittelalter

Amalaswintha - starke Königin des Frühmittelalters

Wenn wir an mächtige und selbstbewußte Königinnen denken, fallen uns Kleopatra und Hatschepsut im antiken Ägypten oder Elisabeth I. von England, die im 16. Jh. die spanische Armada versenken ließ, ein. Aber Königinnen des Mittelalter?

Wir erinnern uns eher an Frauen, deren erste Aufgabe es war, Thronfolger zu gebären oder die durch ihre Geduld und Mildtätigkeit bekannt wurden. Aber starke Frauen, die nicht nur Mitregentinnen ihres Mannes oder Vormund ihres noch unmündigen Sohnes und Thronfolger waren, gab es die?

Hat jemand schon einmal den Namen „Amalaswintha“ gehört? - Nein? Ich bis vor Kurzem auch nicht. Schon die zeitgenössischen, überwiegend männlichen Autoren beschäftigten sich vor allem mit ihren Geschlechtsgenossen. Sie schrieben über ihre sagenhafte Herkunft und ihre zahlreichen Eroberungen wie bei Chlodwig oder das politische Geschick und Tapferkeit wie die von dessen Großvater Karl Martell.

Amalaswintha wurde als Tochter des Ostgotenkönigs und Reichsgründers Theoderich I. um 495/496 geboren. Ihre Mutter war die Schwester des merowingischen Königs Chlodwigs I. (Näheres über ihn habe ich in der Ausgabe 154/155 des Tagblatt geschrieben). Sie hieß Audofleda. Amalaswintha war das einzige legitime Kind des Ostgotenkönigs. Angesichts der machthungerigen Merowinger, der Römer und des eigenen Adels versuchte der Vater, die Stellung der Tochter als seiner Nachfolgerin zu stützen, in dem er sie mit Eutharich im Jahre 515, einem jungen Mann aus einer vornehmen, christlichen Familie aus Byzanz, verheiratete.

Er bat den oströmischen Kaiser, seinen Schwiegersohn als „Waffensohn“ zu adoptieren. Er schützte so seine Tochter und sein Reich vor den Expansionsgelüsten seines Schwagers Chlodwig, der sich die Ostgoten mit in sein Reich einverleibt hätte, wenn er nur gekonnt hätte. Chlodwig konnte die Ostgoten nicht mit dem Schwert „christianisieren“ - sie waren keine Heiden und zählten sich zur alten oströmischen Kirche, die älter war als das Papsttum. Es konnte auch nicht behauptet werden, dass Theoderich keinen Nachfolger nach seinem Tod hinterlassen würde. Wer sich nach seinem Tod mit Amalaswintha und ihrem Mann Eutharich einlassen würde, hätte sich gleich mit dem oströmischen Kaiser und seinen Truppen angelegt. Der ungestüme Cholwig war dann doch klug genug, um die Finger von einer solchen Unternehmung zu lassen.

Doch 523 starb Eutharich und Theoderich lebte nur noch drei Jahre länger. Amalaswintha trat ein schweres Erbe an. Die etwa 30-jährige Königin übernahm zunächst die Regentschaft für ihren minderjährigen Sohn Athalarich. Die letzten Regierungsjahre ihres Vater waren überschattet von Parteienkämpfe des Adels zwischen germanischen und pro-oströmischen Gruppierungen. Zwei Senatoren wurden zu Theoderichs Zeiten wegen Hochverrats angeklagt und hingerichtet. Das Vermögen ihrer Familien wurde konfisziert. Damit hatte der König die römische Seite gegen sich aufgebracht. Seine Tochter bemühte sich, beide Parteien wieder mit einander zu versöhnen, und schaffte es, nach dem Tod des Vaters den Frieden wieder herzustellen, indem sie das Vermögen den Familien zurückgab. Sie gab den Westgoten auch ihre Eigenständigkeit wieder, die ihr Vater noch unterworfen hatte.

Nach dem griechischen Geschichtsschreiber Prokop kam es zu erneuten Streitigkeiten. Man warf der Königin vor, ihren Sohn ungotisch zu erziehen. Ihre Erziehungsmaßnahmen und die Lerninhalte seien zu römisch. Der nunmehr 18-jährige Athalarich starb im Oktober 534. Die jetzt allein regierende Amalaswintha bezog ihren Vetter Theodahad mit in die Regierungsgeschäfte mit ein. Der alte König, ihr Vater, hielt seinen Neffen für charakterlos. Er erhielt die Stellung des Heerführers der Ostgoten. Doch diese Stellung genügte ihm nicht. Er ließ Amalaswintha aus Ravenna entführen. 535 wurde sie auf der Insel Martana auf dem Bolsenasee ermordet. Niemand weiß, wo ihr Grab sich befindet. Der Bolsenasee befindet sich in Mittelitalien, 90 km nördlich von Rom. Nur der Name eines Campingplatz am See erinnert noch an sie.

© Thalassa von Kerygma


Burgen

Schloss Mespelbrunn

Dieses Schloss ist ein Wasserschloß. Es liegt in der Gemeinde Mespelbrunn zwischen Frankfurt am Main und Würzburg in einem abgelegenen Seitental im Spessart. Seinen Ursprung verdankt es einer Schenkung des Mainzer Erzbischofs Johann II. von Nassau. Am 1. Mai 1412 übereignete dieser seinem kurfürstlichen Forstmeister Hamann Echter den „Platz zum Espelborn“, der an einem Weiher ein unbefestigtes Haus baute. Der Spessart war zu dieser Zeit ein wilder und unerschlossener Wald, den die Hussiten als Zwischenstation ihrer Plünderungszüge nutzten. 1427 begann deshalb Hamann Echters gleichnamiger Sohn, aus dem unbefestigten Wohnhaus ein befestigtes Haus mit Mauern, Türmen und einem Wassergraben zu errichten.

In den folgenden friedlicheren Zeiten wurde aus dem abweisenden Gemäuer durch die nachkommenden Generationen ein verträumtes Renaissanceschloss. Zwischen 1551 und 1565 wurde das Schloss von Peter Echter von Mespelbrunn und seiner Frau Gertraud von Adelsheim umgebaut. Diesem Umbau verdankt das Wasserschloss sein heutiges Aussehen. Über dem Turmportal findet man eine Abbildung der beiden mit deren Hausspruch:

"Ehelich Lieb in Gott und stete Trew
Bringt Glück und Segen ohn alle Rew.
Mit Ernst und Fleis haben wir Gott vertraut,
Den Unseren zu Gut dies Haus gebaut."

Zehn Kinder brachte Gertraud von Adelsheim zur Welt. Das bekannteste Kind dürfte Julius Echter gewesen sein, der als Fürstbischof von Würzburg und Herzog in Franken 1576 das Juliusspital und 1583 die Universität in Würzburg gründete. Außerdem ließ er die Festung Marienberg erweitern.

Keine hundert Jahre nach dem Tod Peter Echters erlosch die männliche Linie, trotz des Kinderreichtums. Der Dreißigjährige Krieg forderte auch hier seine Opfer. Die letzte Frau im Geschlecht Echter, Maria Ottilia, heiratete 1648 Philipp Ludwig von Ingelheim. Dieser entstammte dem Freiherrengeschlecht derer von Ingelheim, das später in den Grafenstand erhoben wurde. Im Jahr 1665 starb der Mannesstamm der Familie Echter aus, deshalb durften die beiden Familien mit kaiserlicherer Erlaubnis ihre Namen und Wappen zusammenfügen. Somit konnten sie die Tradition der Familie Echter weiterführen. Noch heute lautet der Name der Familie „Grafen von Ingelheim genannt Echter von und zu Mespelbrunn“.

Dank seiner versteckten Lage überstand das malerische Schloss Mespelbrunn alle Kriegswirren unversehrt und sein Erscheinungsbild ist bis heute erhalten. Das Wasserschloss befindet sich noch immer in Privatbesitz, die gräfliche Familie von Marie Antoinette Gräfin von Ingelheim Echterin von und zu Mespelbrunn bewohnt den Südflügel des Hauses, der Nordflügel ist von Karfreitag bis Allerheiligen zu besichtigen.

© Haidt




Wasserschloss Mespelbrunn


Heil- und Nutzpflanzen

Die Maulbeere

Die Maulbeere Bei diesem Gewächs handelt es sich um einen Baum. Seit der Römerzeit ist die Maulbeere in allen Weinbaugebieten Europas verbreitet. Ursprünglich wird sie aus China stammen, denn dort wurden die Seidenraupen von jeher mit Blättern des Maulbeerbaumes gefüttert. Die Weiße Maulbeere hält dem Winter besser stand als die Schwarze Maulbeere. Den alten Griechen galt die Maulbeere als Symbol der Klugheit, da sie ihre Blätter erst austreibt (zumindest in Griechenland), wenn keine Nachtfröste mehr drohen.

Die Früchte der Maulbeere sind eßbar. Sie erinnern im Aussehen stark an Brombeeren, allerdings reicht die Farbskala der reifen Früchte von cremeweiß über rot bis zu schwarz. Sie sind sehr süß und saftig und lassen sich daher gar nicht gut transportieren. Die Beeren der Weißen Maulbeere sollen aber fader schmecken als die der Schwarzen Maulbeere. Die dunklen Früchte färben sehr intensiv, von den Fingern läßt sich die Farbe aber verhältnismäßig leicht abwaschen. Vorsichtshalber pflanzt man die Bäume dennoch nicht in die Nähe von Verkehrsflächen. So vermeidet man Flecken in der Kleidung der Passanten. Die Beeren werden nicht alle zur gleichen Zeit reif; das dauert mehrere Wochen.

In Japan wird das Splintholz für die Herstellung von Japanpapier verwendet, im Mittelmeerraum baut man daraus Schnaps- und Weinfässer, und in der Türkei nimmt man es für den Bau von hochwertigen Musikinstrumenten.

Schon die alten Griechen verwendeten Maulbeerfrüchte, um den Wein tiefdunkelrot zu färben. Karl der Große verfügte in seinem "Capitulare de villis", daß Maulbeeren anzupflanzen seien. Klöster stellten vielfach neben Heilmitteln aus der Maulbeere auch einen Maulbeerwein her.

Seit tausend Jahren soll im Kloster von Brauweiler (heute ein Stadtteil von Pulheim/ NRW) ein Maulbeerbaum wachsen. Tatsächlich ist die Maulbeere ein zähes Gewächs, das eine hohe Regenerationsfähigkeit hat.

Da die frischen Maulbeeren nicht lagerfähig sind, kommen sie allenfalls getrocknet in den Handel. Sie schmecken ähnlich wie Rosinen, haben aber während der Trocknung ihre Farbe verloren. Nun sind sie sandfarben bis transparent, werden sehr fest und haben eine rauhe Außenhülle.

Aus dem Saft kann man Sirup oder Gelee kochen, die ganzen Früchte zu "Maulbeer-Latwerge" verarbeiten, einen Obstwein ansetzen oder auch einen Schnaps brennen.

Seit dem Altertum dienen Drogen aus der Maulbeere als Abführmittel. Dazu wird die scharfe, bittere Wurzelrinde verwendet. Sogar als Gegenmittel bei Vergiftungen durch Sturmhut sollen die Abkochungen von Wurzelrinde helfen. Den eingedickten Saft kann man bei Zahnschmerzen, Geschwüren und Mandelentzündungen anwenden.

Auch der Saft der Wurzel, zur Zeit der Weizenernte angezapft und bereits am Tage danach erstarrt, hilft bei Zahnschmerzen, öffnet Geschwüre (ähnlich wie Zugsalbe) und "öffnet den Bauch".

Hildegard von Bingen empfiehlt Maulbeersaft bei Leberleiden.

In China werden Drogen aus der Wurzelrinde auch in der Behandlung von Diabetes und Nierenfunktionsstörungen sowie bei Impotenz verwendet. In Deutschland nimmt man für die Therapie bei Diabetes die trockenen, zerriebenen Blätter als Zutat zum Essen (z.B. in Kräuterquark).

© Amhara zu Agora




Ein Sommergruß der Redaktion.


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