Griaß eich olle mitanand!
Manch eine/r unter euch wird es sich fast gedacht haben.
Freit mi fei scho!
Freilich bewegen wir uns nun im besonderen DRITTEN Teil der Fabelwesen-Deutschlandtour im Süden unseres Landes, genauer gesagt, im schönen Bayern.
Jenem herrlich weiß-blauen Land, mit den jederzeit Trachten tragenden und gänzlich vom Mia-san-mia-Gefühl erfüllten kauzigen Menschen.
Welch Bereicherung für eine Weltmeisterschaft wäre eine in Trachten auflaufende bayrische Nationalmannschaft? Bei der Begrüßung am Anstosspunkt würde der bayrische Kapitän dem gegnerischen eine Schneekugel von Schloß Neuschwanstein sowie einen Wolpertinger überreichen.
Unvergessen auch, zumindest von mir, die WM 2002 in Japan und Südkorea.
Sepp Maier bringt, mit ordentlichem Schmalzler bewaffnet, asiatischen Damen und Herren das Schnupfen bei.
Einfach pfundig! Hachja, ein Hoch auf asiatische Reisekataloge.
Der Wolpertinger also.
Da führte erwartungsgemäß einfach kein Weg dran vorbei.
Und so sehr ich für gewöhnlich das Unkonventionelle bevorzuge, manche Erwartungshaltung gehört erfüllt.
Aber was weiß man eigentlich von diesem Wesen, dessen Namen beinahe ein Jeder kennt und die meisten auch schon mal, in welcher Variante auch immer, auf Bildern gesehen haben?
Schau´n mer mal!
Eigentlich weiß man nicht so viel über dieses seltsame Wesen, bei welchem es sich im Grunde um ein gewöhnliches Mischwesen handelt, die bereits seit der Antike bekannt und überliefert sind. Jedoch, und das macht den Wolpertinger so besonders, gibt es kein festes Schema seiner Gestalt.
Will sagen, er wird immer wieder anders dargestellt und beschrieben. Mal eher als Eichhörnchen mit Entenschnabel, mal als Hase mit Entenflügeln, mal als eine Kombination aus beiden. "Wie auch immer, Hauptsache Ente", mag man nun erwiedern. Doch weitgefehlt: Es geht durchaus auch ohne Ente!
Doch woher stammt der Wolpertinger? Das vermag niemand mit absoluter Sicherheit zu sagen. Heute wird vermutet, das Tierpräparatoren im 19.Jahrhundert damit begannen, aus den Körperteilen unterschiedlichster Tiere ebendieses Wesen zu formen. Einzig aus dem Grunde, es an leichtgläubige Touristen zu verkaufen.
Ähnlich unklar ist sich die Wissenschaft bezüglich der Ethymologie des Wolpertingers.
Die Gebrüder Grimm berichten in ihrer Deutschen Sagensammlung von einem Wesen namens "Kreißl". Auch benennt der Sprachforscher
Johann Andreas Schmeller die Nähe zum heutigen Wort "kreischen".
Das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum in München sieht bei den Glasmachern der Ortschaft Wolterdingen bei Donaueschingen den
Ursprung. Dort fertigte man Schnapsgläser in Tiergestalt, im allgemeinen Wolterdinger genannt. Sprachliche Abschleifung ließ dem Museum zufolge daraus den Wolpertinger entstehen.
Allerdings variiert der Name des Wesens fast ebenso sehr wie sein Aussehen. Woipertinger, Volpertinger, Oibadrischl, Rammeschucksn,
Raurackl sind regional geläufige Bezeichnungen. Der bayrische Schriftsteller Ludwig Albert Ganghofer bezeichnete den Wolpertinger
als "Hirschbockbirkfuchsauergams".
Zurück zum Aussehen des Wolpertingers.
Sowohl die im Wolpertinger-Museum, ja das gibt´s tatsächlich, in Mittenwald, als auch im oben bereits genannten Deutschen Jagd-und Fischereimuseum ausgestellten Bälge zeigen den Wolpertinger meist mit einem gehörnten Hasenkopf. Dem Körper aber sind in der Regel die Extremitäten verschiedener Tierarten angefügt. Oftmals besitzt er Flügel anstelle von Vorderläufen, während platte Wasservogelfüße die Hinterbeine ersetzen. Der Phantasie des Tierpräparators sind da kaum Grenzen gesetzt.
Beispielsweise bevölkerte Walter Moers seinen fiktiven Kontinent Zamonien in "Rumo und die Wunder im Dunkeln" mit zamonischen
Wolpertingern. Diese sind eine Mischung aus Wolf und Reh, was ihnen die Stärke eines Wolfes und gleichzeitig die grazile Beweglichkeit eines Rehs verleiht.
Legenden zufolge gilt der Wolpertinger als sehr scheu. Je nachdem, in welcher Region man sich bewegt, unterscheiden sich auch die Arten,
ihm nachzustellen.
Mal können Wolpertinger ausschließlich von jungen, gutaussehenden Frauen gesichtet werden. Dies aber nur, wenn diese sich in der Abenddämmerung bei Vollmond der Begleitung eines rechten, zünftigen Mannsbilds anvertrauen. Welches natürlich die richtigen, lauschigen Stellen an abgelegenen Waldrändern kennt. Ähm, ja, da werden die Gedanken ausschließlich um den Wolpertinger kreisen. Vor allem bei zünftigen Mannsbildern, welche grad keine Leiter zum Fensterln zur Verfügung haben. Man muß sich bekanntlich nur zu helfen wissen. Denn schließlich, was reizt Frau mehr, als ein gestandener Abenteurer?
Andere sagen, man kann einen Wolpertinger nur fangen, indem man ihm Salz auf den Schwanz streut.
Wieder andere meinen, man müsse bei Vollmond mit einer Kerze, einem Sack, einem Stock und einem Spaten losziehen. Der Stock hält den Sack offen, während mit Hilfe des Kerzenlichts der Wolpertinger angelockt wird, welchen man dann mit Hilfe des Spatens in den Sack treiben kann. Warum es gerade ein Spaten sein muß, bleibt allerdings ein Geheimnis der dortigen Spatenindustrie.
Ganz andere behaupten, eine Möglichkeit sei, einem Wolpertinger einen Eimer mit Wasser überzustülpen. Naturgemäß hätten Wolpertinger panische Angst vor Wasser und würden so dann nicht mehr fortlaufen können. Wobei dieses "nicht mehr fortlaufen können", naturgemäß im Wesen eines Eimers begründet liegt, wenn man sich erstmal darunter befindet. Unabhängig davon ob dieser mit Wasser gefüllt ist oder nicht.
Gänzlich andere erzählen, der Wolpertinger habe verschieden lange Beine links und rechts. So könne er sich nur auf freistehenden Hügeln in einer dadurch festgelegten Richtung bewegen. Gelingt es, das Wesen derart zu erschrecken, indem man es zum Beispiel mit Wasser benetzt, daß es umkehrt und zurücklaufen möchte, fällt es automatisch um und kann bei raschem Handeln eingefangen werden.
Derlei Jagdtaktiken gibt es viele. Versichert euch also vorher, wo ihr seid und welchem Wolpertinger ihr nachstellt, sonst werdet ihr nie auch nur in die Nähe dieses scheuen und zurückgezogen lebenden Tieres gelangen, geschweige denn in die Nähe einer jungen, gutaussehenden Frau.
USK: 3 von 5
Als Raubtier ernährt sich der Wolpertinger hauptsächlich von kleinen Tieren, Kräutern und Wurzeln. Was ihn nicht unbedingt zu einer Bedrohung macht.
Allerdings sind die bayrischen Wälder und ihre Wege sehr von Touristen bevölkert. Daher sah sich das Münchner Jagd-und Fischereimuseum gezwungen, darauf hinzuweisen, daß der Wolpertinger seine Nahrungsgewohnheiten dem Angebot anpasste.
Er ernähre sich mittlerweile beinahe ausschließlich von "preußischen Weichschädeln".
Zum Glück für den Wolpertinger geriet er so nie zum Problem-Wolpertinger. Denn was Bayern schont und Nicht-Bayern vertilgt, läßt Edmund ruhig schlafen.
So seid denn auf der Hut, ihr Nicht-Bayern, vor jenem gefährlichsten der bislang in meiner Reihe vorgestellten Wesen.
Weben ist das Herstellen von textilen Flächen durch 2 Fadensysteme, die einander kreuzen, wobei das eine fest gespannt wird, während das andere beweglich ist.
Ach, ist das ein schöner Satz! Aber weiter:
Das fest gespannte System heißt Kette, das bewegliche Eintrag, Einschlag oder Schussfaden. Die Kette besteht gewöhnlich aus vielen Fäden, welche alle gleich lang geschärt, d. h. zugeschnitten sind. Mit einem Webgerät werden diese Fäden gleichzeitig festgehalten und straff gespannt, so dass sie parallel laufen.
Als den Webern das ewige 1 drüber, 1 drunter.. zu langweilig wurde, kam jemand auf die Idee, die Kettfäden, die gleichzeitig "drüber" laufen sollen, alle zusammen auf einmal hoch zu heben. Die erste Vorrichtung dafür war der Litzenstab. Jeder 2. Kettfaden wurde durch eine kleine Garnschlinge, die Litze, geführt, und alle Litzen sauber nebeneinander auf einem Stab befestigt, der mindestens so lang war wie die Breite des Webstückes. Hebt man den Litzenstab an, dann kommen alle unteren Fäden mit, zwischen den anderen Fäden hindurch nach oben..
Der Eintrag war zuerst einfach ein Knäuel Garn, welches so geschickt gewickelt war, dass es sich leicht abspulte, ohne dabei auseinander zu fallen oder zu verknoten. Später erfand man verschiedene Geräte, auf die das Garn aufgewickelt werden konnte. Die höchste Entwicklung hier war schließlich das Weberschiffchen, in das kleine Spulen mit Garn eingesetzt werden. Die Kinder mussten die Spulen wickeln, damit die Erwachsenen schneller weben konnten.
Etwa um das Jahr 1000 n. Chr. kam dann der Flachwebstuhl auf, und hier wird schließlich der spezielle Kamm, auch Reet genannt, zum Anschlagen benutzt.
Im Jahre 1733 erfand der englische Wollweber John Kay schließlich die sogenannte Schnellschütze, eine Vorrichtung, die dem Weber ermöglicht, das Schiffchen schneller und vor allem auch weiter durch das Webefach zu "schießen", als es mit der Hand möglich war. So wurde der Einschlag zum Schuss, und die Stoffe konnten viel breiter gewebt werden.
Spinnwirtel und Webgewichte wurden im 10 000-jährigen Schutt der Stadt Jericho gefunden, sie sind Zeugen des hohen Alters der Webekunst. Sie ist in der Jungsteinzeit entstanden, als die wandernden Jägerstämme anfingen, sesshaft zu werden und als Ackerbau und Haustierhaltung sich zu entwickeln begannen.
Der Webstuhl hat seinen Namen von der kleinen Sitzbank für den Weber.
Der Hochwebstuhl ist eigentlich kein Webstuhl, denn er hat keine Bank. Die Leute arbeiteten daran im Stehen.
Als erste Zunft ist die der Weber in Mainz bekannt (die Urkunde stammt aus dem Jahr 1099). Allerdings gilt diese Urkunde als Fälschung, da sie wissenschaftlich auf Mitte des 13. Jahrhunderts datiert wurde.
Durch die Bildung der Zünfte wurde die damalige Feudalherrschaft abgelöst und die Zünfte gewannen an politischer Macht. Die Zunft stellte Regeln und Vorschriften für ihre Gemeinschaft auf. Zusätzlich bestimmte sie die Regeln für Zunftgebäude, Qualitätsbestimmung, Produktionsmenge, Preisniveau, Arbeitszeitregelung, Ausbildung von Lehrlingen, ausreichende und gesicherte Einkünfte, Schutz vor Konkurrenz, Sicherheit im Alter und fachliche Anerkennung.
Alle Weber sollten die gleichen Chancen bekommen. Man wollte außerhalb keine Zulassung von Konkurrenz. Bekommen hat man dies durch einen Zunftzwang, der eindeutig im Gegensatz zur Gewerbefreiheit stand.
Ein Geschäft, das sich nicht der entsprechenden Zunft unterordnete, konnte nicht überleben, denn es durften zum Beispiel Waren ohne Zunftstempel nicht in der Stadt verkauft werden.
Der Webstuhl gehörte den Meistern, denn nur sie hatten die finanziellen Mittel, um das Material, das für das Weben notwendig war, zu kaufen. In der Regel arbeiteten nur drei bis vier Gesellen oder Lehrlinge in den Handwerksbetrieben. Meist waren es Familienunternehmen und die Gesellen und die Lehrlinge wohnten im Haus der Meister. Als Geselle zur damaligen Zeit durfte man nicht heiraten, außer man hatte die seltene Erlaubnis der Meister.
In Augsburg gab es Mitte des 15. Jahrhunderts eine Weberzunft mit über 700 Mitgliedern. Vielerorts, so etwa im Mühlviertel, wurden in den Gemeinden mit einem hohen Anteil von Webern, oftmals die Hälfte der Bevölkerung, eigene Webermärkte abgehalten. Eines der wichtigsten Zentren der traditionellen Leinenweberei in Württemberg war Laichingen.
Das Thema der Weber ist endlos. Leicht könnte ich hier noch 2 Seiten füllen, jedoch wird es dann sehr speziell, und so bedarf es später vielleicht mal eines eigenen Themas. Auf jeden Fall war diese Sammlung der Fakten für mich sehr spannend und ich hoffe, ich habe alles Wichtige für euch zusammengefasst.
Ich für meinen Teil werde mich wohl nochmal bemühen, meinen Kindern aufzuzeigen, wie interessant es doch sein kann, einen selbstgewebten Teppich zu machen….