Ausgabe 156 | Seite 3 20. Juni 2010 AD
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Mittelalter

Die Burgtypen

Denken wir heute an eine Burg, so ist das Erste, was uns in den Sinn kommt, das sie eine wehrhafte Burg ist. Viele dieser Burgen sind bis heute gut erhalten und locken jährlich tausende Besucher an. Damals waren sie sicherlich keine Touristenattraktion, sondern mußten ihren Zweck erfüllen. So gab es Wohnburgen, die als Wohnsitz für Ritter dienten, Unterkünfte für Soldaten (Zollburgen) oder Rückzugsräume für die Bevölkerung (Fliehburgen). Je nach Standort, Funktion und Bauart unterscheiden wir heute verschiedenen Burgtypen, die eine spezielle Burg an die wir gerne denken, gibt es demnach nicht.

Burgen sind die Wohnsitze der Feudalherren, Kirchenfürsten und Monarchen, die im Laufe des Mittelalters sich von einfach aufgehäuften Erdhügeln bis zu gewaltigen (Trotz-)Burgen entwickelten. Die Funktion einer Burg lag hauptsächlich in der Verteidigung und Sicherung des umliegenden Landes. Oft dienten sie auch einzig und allein der Machtdemonstration. Im Laufe der Zeit bildeten sich um Burgen Siedlungen, die durch den Schutz zu Städten wurden.

Mit dem Aufkommen des Schiesspulvers und der damit verbesserten Waffentechnik (Kanonen) verloren die Burgen ihren ursprünglichen Verwendungszweck der Verteidigung. Durch die Geschosse konnten die Burgmauern viel leichter und effektiver zerstört werden, als das mit den alten Belagerungsmaschinen früher möglich war. Der Burgenbau verlor an Attraktivität.

Einige Burgen wurden zu Artilleriefestungen umgebaut, viele zum Stammsitz der Adligen umgewandelt und andere wiederum wurden dem Verfall preisgegeben. Vorläufer der großen Burgen waren die Motten, darunter versteht man einen aufgeschütteten Erdhügel, auf dem ein hölzerner Wohn- und Wehrturm stand, umgeben von einer starken Palisade. Die meisten von den Motten hatten am Fuße des Berges einen weiteren geschützten Bereich, in dem Wirtschaftsgebäude und Ställe untergebracht waren.

Keine Burg glich der anderen. Doch diese Haupttypen von Burgen können wir unterscheiden:

- Reichsburgen und Landesburgen, die in das territoriale Herrschaftssystem eines Königs oder Landesherrn eingebunden sind

- Adelsburgen, die Adligen und ihrem Gefolge als standesgemäßer, wehrhafter Wohnsitz dienten

- Kloster- und Ordensburgen, die einer Gemeinschaft Schutz bieten bzw. Einfluss sichern

- Stadtburgen bzw. burgartig befestigte Städte

- Fliehburgen oder Volksburgen, die einer vollständigen lokalen Bevölkerung vorübergehend als Rückzugsorte in Zeiten der Gefahr diente. Hierzu zählen auch Kirchenburgen und Wehrkirchen, die in ihrer Funktion als Fliehburg ebenfalls nur temporär genutzt wurden

- Schloss : Ein Schloss ist ein groß angelegtes, künstlerisch gestaltetes, stattliches Gebäude, das dem Landesherrn oder anderen Mitgliedern des Adels als Wohnsitz diente

- Festung: Eine Festung ist eine eigenständige Wehranlage, die systematisch für die Verwendung von Feuerwaffen eingerichtet ist, sowie gegen den Schutz solcher Waffen.

- Höhenburg ist eine Burg, die auf einer natürlichen Anhöhe gebaut wurde. Sie wurden aufgrund ihrer besseren Verteidigungsmöglichkeiten bevorzugt. Höhenburgen können anhand ihrer Höhenlage nochmals in Gipfelburgen (auf dem Gipfel eines hohen Berges errichtet), Hangburgen (am Hang eines Berges gebaute Burgen) und Spornburgen (sie sind an drei Seiten von steil abfallendem Gelände begrenzt und mussten daher nur von einer Seite des Berges verteidigt werden ) unterteilt werden.

-Niederungsburgen (auch Flachlandburg oder Tieflandburg genannt), sind Burgen die im Flachland oder einer Talsohle liegen. Da Niederungsburgen nicht den Verteidigungsvorteil einer natürlichen Höhenlage haben, wurden bevorzugt andere gut zu verteidigende Bauorte gewählt, wie z.B. Fluss- oder Seeinseln oder Sumpfland. Waren keine natürlichen Hindernisse vorhanden, kamen Palisaden, wassergefüllte oder trockene Gräben sowie Ringmauern oder Wällen zum Einsatz.

© Haidt


GILDEN / Zünfte

Der Bäcker

Schon als Kind gab es für mich nichts Schöneres, als den Duft des frischgebackenen Brotes meines Vaters. Ich liebte es wie nichts Anderes auf der Welt, wenn er mal wieder ein neues Brot kreierte und wir testen durften. Das frische, feuchte, heiße Brot, das so weich war, das es schon fast auf der Zunge zerlief. *hmmmmmm* Ich schmecke es noch heute. Er erzählte uns immer, dass er Bäcker geworden sei, weil er seiner Oma beim Brezen backen helfen durfte, und diesen Duft, den auch ich so sehr liebe, immer um sich haben wollte.

Früher wanderten die Völker gezielt in Gebiete, in denen es essbare Gräser (die Vorläufer der heute bekannten Getreidearten) gab. Schon unsere Urmütter vor ca.8000 Jahren zerrieben die Körner der wild wachsender Gräser mit einem Stößel, vermengten das Mahlgut mit Wasser, strichen ihn auf warme Steinplatten und erhielten somit nach dem Trocknen das erste Knäckebrot (Die Firma Wasa gab es damals sicherlich noch nicht).
Den ältesten Brotbackofen hat man in Kleinasien ausgegraben und man datiert ihn um 5800 vor Christus. Als eigentliche Erfinder des Brotes gelten jedoch die Ägypter. Sie bauten die ersten Backhäuser aus Nilschlammziegeln. Der Sauerteig ist ebenfalls eine Erfindung der Ägypter. Vermutlich blieb ein Teigrest übrig, der am nächsten Tag wieder unter den neuen Teig gemischte wurde – und siehe da, das Brot wurde lockerer und schmeckte besser.

Durch die Juden kam die Brotbackkunst schließlich nach Griechenland. Dort wurde es zum Symbol der Göttin DEMETER. Dieser Demeter-Kult, die Anbetung der "Kornmutter", wurde eine der großen religiösen Strömungen Griechenlands.
In einer Lobrede von Aristophanes im Jahr 363 v. Christus heißt es: "Das Brot, das man bei uns auf die Tafel bringt, selbst jenes, das es auf dem Markt zu kaufen gibt, ist von blendender Weiße und von bewundernswertem Geschmack. Unsere Mittel, Mehl in gesunde und köstliche Brote zu verwandeln sind zahlreich. Zum Beispiel backen wir Brote mit Sesam, Anis, Honig, Öl oder Kümmel." Um 600 v.Ch. gibt es auch Belege für den Demeter-Kult in Griechenland, in denen über die Bedeutung des Ackerbaus berichtet wird.

Als 2 Jh.v.Chr. Griechenland von den Römern erobert wurde, brachten ihre Soldaten das Wissen über das Brotbacken mit. Die Veteranen eröffneten die ersten Bäckerläden in Rom. Die römischen Heere und Flotten wurden dann von den Bäckern mit dem sogenannten KOMMISSBROT beliefern. So entstammte dieser Zeit zum Beispiel der Dichter Vergil dem Bäckerstand. Im Mittelalter galt Vergil als der Dichter schlechthin und zugleich als Vorbote des Christentums – in der 4. Ekloge wird die Geburt eines Knaben in Worten vorausgesagt, die stark an Christi Geburt erinnern.

In Israel wurde bereits zur Zeit der Hochkultur Brot gebacken, und der Geburtsort von Jesus Christus – Bethlehem- heißt übersetzt „ HAUS DES BROTES“. Auch machte Jesus das Brot zu einem sehr bedeutenden Begriff seiner Lehren. Die Hostie aus ungesäuertes Brot stellt den mystische Leib Jesus dar, der bis in unsere Zeit verehrt wird.

Mit den Römern kam die Backkunst und das Brot endlich auch in unsere Gegend. Die Germanen kannten damals jedoch nur den Hafer, der für Haferbrei oder zum Brauen ihres "Cervas", unser heutiges Bier, angebaut wurde. Die Verbreitung des Brotbackens verdanken wir in unseren Breiten den KLÖSTERN, die dieses Handwerk zunächst für sich allein beanspruchten. Im Jahre 1000 n.Ch. entstanden dann in den Städten die ersten Backhäuser.

Sehr früh schon vereinigten sich die Bäcker zu Zünften – etwa im 11. Jahrhundert.

Bäcker Zunftzeichen In den Vorschriften der Zünfte stand, dass die Bäcker verpflichtet waren, Brot an jeden Bürger auch gegen Pfand zu liefern. Das normale Brot wurde zu Festtagen mit dem "Feine-Herren-Brot" ergänzt, welches geröstet und mit heißem Schmalz übergossen eine geliebte Besonderheit war. (Das Toastbrot des Mittelalters).

In der Dorf- oder Stadtgemeinschaft genoss der Bäcker sehr großes Ansehen und die Bäckerzünfte/Gilden erhielten sogar großzügige Privilegien. Als Gegenleistung mussten sie jedoch genügend Mehlvorräte halten für schlechte Zeiten. Traditionell wurde der Beruf in Familienbetrieben unterhalten. Im Mittelalter war Brot eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel. Abgelöst wurde es erst durch die Verbreitung der Kartoffel im 18. Jh..

Geschichtlich sind der Backofen und die Bäckerzunft eng miteinander verbunden. Im Mittelalter waren der Backofen und die Mühlen, genauso wie Pressen und Sägen ein hervorragendes Mittel des Lehnsherrn zu Abgabeneinnahme. Die Holzbacköfen standen in der Regel außerhalb der Dörfer (Brandschutz) und wurden von einem Backofenwärter betrieben. An Backtagen brachten die Bewohner der Dörfer ihre Brote dem Backofenwärter zum Backen. Das Brotbacken im eigenen Ofen war bei strenger Strafe verboten.

Im 13. Jahrhundert kam erstmals der Begriff „Bäcker“ vor. Damit die Brote nicht verwechselt wurden entstanden Holzstempel zur Kennzeichnung. Jede Familie hatte einen eigenen Stempel. Als sich mit der Zeit die Bäckerläden entwickelten und die Bäcker die Brote gänzlich selbst buken, setzen sich die Gilden/Zünfte dafür ein, das keine zu kleinen oder teuren Brote verkauft wurden und die ehrlichen Bäcker benachteiligt wurden. Bäcker, die trotzdem schlechtes oder zu kleines Brot verkauften, wurden in dieser Zeit öffentlich an den Pranger gestellt. Heute gibt es in jeder großen Stadt eine Bäckerinnung, die in ihrer jeweiligen Geschichte immer auf die damaligen Zünfte/Gilden oder Brüderschaften zurückzuführen sind.

Die Förderung und Wahrung der gemeinsamen gewerblichen Interessen als damalige Hauptaufgabe umfasste die Arbeitsvermittlung und das Herbergswesen, die Regelung des Lehrlingswesens, die Durchführung von Gesellenprüfungen sowie die Schlichtung von Streitigkeiten.

Während die Arbeitsvermittlung und das „Herbergswesen“ heute deutlich in den Hintergrund getreten sind, stehen im Beratungs- und Dienstleistungsbereich für die Mitgliedsbetriebe andere Leistungen im Vordergrund, wie z.B.:
*arbeitsrechtliche Beratung, Vertretung am Arbeitsgericht
*Hilfe bei Wettbewerbsstreitigkeiten
*jährliche Qualitätsprüfungen (für Brot und Stollen)
*Betriebs-Gruppen-Rechtsschutzversicherung (im Innungsbeitrag enthalten!)

Auch heute noch reicht ein Blick in die Regale einer größeren Bäckerei um zu sehen wie vielfältig das Angebot ist, und um zu erkennen, dass eines der Grundnahrungsmittel nach wie vor das Brot darstellt. In einigen Gebieten der Erde stellt es nach wie vor das Grundnahrungsmittel schlechthin dar, bei uns jedoch ist es nur noch ein Teil unserer Ernährung.

Ich liebe es nach wie vor am Morgen aufzustehen und ein richtig frischgebackenes Brot zum Frühstück zu essen. Wobei ich zugegebenermaßen die Brotbackmaschine am Abend hinstelle und die Zeitschaltuhr benutze, damit es am Morgen perfekt fertig gebacken ist. Das Aufstehen um 3 Uhr für frisches Brot wäre nicht wirklich was für mich.

Die klassischen Werkzeuge des Bäckers im Mittelalter:
• Waage
• Sieb
• Backofen
• Backhaus
• Rührgerät
• Besteck

© Strahlestädtle


Altes Backhaus von 1838 in Neckarsulm-Dahenfeld




Altes Backhaus innen der Backofen




Mittelalterliche Darstellung eines Bäckers


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