Heute nun geht es endlich los, für die Landratten unter euch ebenso wie für die rauhesten Seebären! Lange habe ich überlegt, welches Wesen das Ziel unseres ersten Törns sein möge.
Es sollte ein eher verhaltener Beginn sein. Allein um zu sehen, ob nicht manch eine/r bereits hierbei die Nerven verliert, sich schreiend über die Reling wirft und im weit geöffneten Maul einer Schnappschildkröte das persönliche Heil sucht.
Nach einigem Hin und Her, Für und Wieder, fiel meine Entscheidung auf den Incubus und dessen Gegenstück Succubus. Nicht zuletzt auch aus Wertschätzung der von mir sehr verehrten Band gleichen Namens. Doch STOP! Niemals nicht zuviel persönliches verraten, schließlich weiß man nie, wer alles mitliest.
So denn, hisst neben Rah- auch Besansegel, bleibt mir fern von Vor- und Achterstag und bemannt mir neben den Wanten auch das Ruder! Es wird eine stürmische Fahrt werden, tief hinein in die unbekannten Untiefen des Schlummers. Nahen die Wesen, refft die Segel. Kommen sie mit Elmsfeuern einher, so lenzt das Schiff vor Topp und Takel und verhindert ein Querschlagen, Rudergänger!
Der Incubus, lateinisch: incubare "oben liegend", ist ein männlicher Alb. Ein nachtaktiver Dämon, welcher mit größter Wonne Alpträume verursacht. Selbstredend gibt es das ein weibliches Gegenstück, Succubus, lateinisch: succumbere "unten liegend", genannt. Die ältesten Erwähnungen derartiger Dämonen stammen aus dem Reich Mesopotamien. Sie werden dort beschrieben als Dämonen, die den Menschen im Schlaf erscheinen und ihnen erotische Träume bescheiden.
Ähnliche Vorstellungen finden sich in der jüdischen und christlichen Mythologie, dort bekannt unter dem Namen Lillith. Lilith sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt, da ich ihr höchstwahrscheinlich einen seperaten Artikel widmen werde.
Incubus und Succubus ernähren sich von der Lebensenergie schlafender Menschen, mit welchen sie sich des Nachts paaren. Der Mensch erwacht nicht während des Aktes, er kann sich allerhöchstens in Form eines Traumes an den nächtlichen Besuch erinnern. Im früheren Christentum wurden derartige sündhaften Träume und mit ihnen einhergehende Ejakulationen häufig mit dem Besuch eines Incubus oder Succubus erklärt. Damit war man weitestgehend aus dem Schneider. Man konnte für diese Sünde nicht verantwortlich gemacht werden, schließlich wurde man ja Opfer einer übernatürlichen Macht.
Im Zuge beginnender Hexenverfolgungen allerdings änderte sich diese Ansicht gravierend. Unter dem Titel "Teufelsbuhlschaft" galt der Geschlechtsverkehr mit dem Teufel nunmehr als bewusst gewünschter Akt. Somit war er Zeichen des Abfallens von Gott und der Hingabe an den Teufel.
Die Teufelsbuhlschaft war neben Teufelspakt, Hexenflug, der Verwandlung in ein Tier, der Teilnahme am Hexensabbat und dem Schadenszauber einer der zentralen Anklagepunkte in den Hexenprozessen.
Hexenmeistern erschien der Teufel in Gestalt eines Succubus, während er Hexen als Incubus heimsuchte. Vor allem Frauen wurden angeblich oft Opfer solch erotischer Träume, hervorgerufen durch sogenannte Hexensalben.
Eine andere weit verbreitete Theorie besagt, dass ein, an sich geschlechtsloser Dämon zuerst in Form eines Succubus mit einem Mann schlief. Im Anschluß verwandelte sich der Succubus in einen Incubus, um mit dem Samen des Mannes eine Frau zu schwängern.
Das Ergebnis jener "ungewollten" Seitensprünge war das Wechselbalg (Kuckuckskind). Ein Wechselbalg wurde oftmals nicht als menschliches Wesen angesehen, daher fiel ihre Tötung nicht unbedingt unter das offizielle Verbot der Kindstötung. Selbst Martin Luther glaubte an Wechselbälger. Er hielt sie für Kinder des Teufels, sie seien nur ein Stück Fleisch, ohne eine menschliche Seele.
Desweiteren besäßen Wechselbälger einen unfreundlichen Charakter sowie unschöne Verhaltensweisen. Sie sollen sehr viel schreien und Unmengen an Nahrung vertilgen.
Gemäß der jungianischen (vgl Carl Gustav Jung) Archetypenlehre (die im kollektiven Unbewussten angesiedelten Urbilder menschlicher Vorstellungsmuster), ist der Succubus Ausdruck einer zerstörten Weiblichkeit und gemeinsam mit dem Vampir, als männliches Pendant, ein Symbol für eine Borderline-Persönlichkeit. Vermutungen heutiger Tage gehen dahin, daß möglicherweise Erlebnisse während der Schlafparalyse (=Schlafstarre, Schlaflähmung) zur Entstehung des Incubusglaubens beitrugen.
Eine der wohl berühmtesten Incubus-Darstellungen ist "Der Nachtmahr" aus dem Jahr 1781, des Schweizer Malers Johann Heinrich Füssli.
USK: 2 von 5 Schließlich sind die finsteren Zeiten der Hexenverfolgung hierzulande passé und wenn die besudelten Laken nicht gerade von Mama gewaschen werden, gibt es schlimmeres als derartige Träume, oder?
Bis zum nächsten Sonntag
eure Booberella...ähh...euer HaxxenHannes
Succubus, Holzschnitzerei (16. Jahrhundert) in einem Gasthof in Cambridge
Sprechende Steine
Das, was uns selbstverständlich ist, die Fähigkeit des Lesens und Schreibens, war für den Menschen des Mittelalters bis zu Zeit der Reformation das Vorrecht einer kleinen Minderheit. Selbst der Adel und die Könige hatten ihre Schreiber und Vorleser.
Bilder und Symbole an den Wänden waren wie Bilderbücher. Hier konnte man erfahren, um was es in der Bibel eigentlich ging. Die Messen wurden in lateinischer Sprache abgehalten. Nur die Gelehrten verstanden diese Sprache – Ärzte, Juristen, Priester, die Minderheit, die eine Lateinschule besuchen konnte. Der einfache Bürger, Bauer oder gar das Gesinde verstand nur, wann man sich zu bekreuzigen hatte oder auf die Knie gehen musste. Für den Latein unkundigen Hörer musste dem Weihrauch geschwängerten Zelebrieren der Messen etwas Magisches, Unheimliches und Einschüchterndes innegewohnt haben. Durch die gegenständlichen Kunst kam ein Licht ins Unverständliche. Bibeln gab es nur in Latein für die Priester und Klöster. Die Bauern und das Gesinde hörten von den Mönchen, Dorfpfarrern und Wanderpredigern in ihrer Muttersprache die Botschaften der Bibel.
Welche gewaltige Umwälzung, ja Revolution zur Zeitenwende, war die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther im Zusammenwirken des Drucks des ersten Buches, der Bibel, durch Johannes Gutenberg. Erst jetzt hatten die Menschen einen direkten Zugang zum Wort Gottes. und brauchten keine Mittler in Gestalt von Priestern mehr. Endlich waren sie erwachsene Leute und nicht kleine Kinder. Die Texte der Bibel waren keine "Zauberformeln" mehr.
Wir setzen unser kleines Lexikon mit dem Buchstaben B fort.
Baum
Der Baum ist das Symbol des Paradieses schlechthin. Jeder denkt auch heute noch an Adam und Eva und den Baum, um den sich die Schlange ringelt. Dargestellt wurde in der Regel ein Apfelbaum, aber auch Kirsch- oder Feigenbäume waren auf verschiedenen Bildern zu finden. Durch den Sündenfall wird der Baum des Lebens und der Erkenntnis zum Baum des Todes. In seiner radikalsten Abstraktion wird der Lebensbaum durch das Kreuz Christi dargestellt. Schon frühe Darstellungen konfrontieren den Alten und den Neuen Bund in dieser Weise (Tympanon aus Elstertrebnitz). In einigen Legenden wurde behauptet, daß der Stamm des Kreuzes, an dem Jesus seinen Tod fand, aus jenem Baum der Versuchung gezimmert wurde. Ähnliche vergleichende Darstellungen zwischen Paradiesbaum und Kreuz sind im Victoria und Albert Museum in London, Museé Jaquemart—André, Paris und in der Kirche St. Martin in Landshut/Bayern zu finden.
Im Mittelalter wurden die Traktate der Mystiker Bonaventura und Heinrich Seuse vom köstlichen Rosenbaum des zeitlichen Leidenswegs als Vorlagen für verschiedene Darstellungen genutzt. So auf dem Portal der Kathedrale von Trogir/Dalmatien aus dem 13. Jh.
Der Baum steht auch für Lebenskraft und zeigt in seinen Jahreswechsel den beständigen Sieg über den Tod. Unterschiedliche Baumarten dienen im Rahmen der Pflanzensymbolik als Illustration besonderer Sinninhalte:
Die Akazie steht für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele, die Eiche für Beständigkeit im Glauben. Der Lorbeer verweist nicht nur auf bleibende Ehre, sondern ebenso auf die Ewigkeit, während die Seligen im Paradies Palmzweige tragen. Der Ölbaum ist nicht nur ein Marienattribut, der Ölbaumzweig deutet auch auf den Frieden Gottes mit den Menschen hin (besonders in Kombination mit einer Taube, dann ist der Bezug zur Sintflutgeschichte ganz eindeutig). Die Stechpalme, aus deren Zweigen der Legende nach die Dornenkrone gewunden war, deutet auf die Passion Christi hin.
Ein immer wiederkehrendes Motiv in Verbing mit einem Baum im Neuen Testament ist die Begegnung Jesu mit Zachäus. Auf seinem Weg nach Jerusalem kam Jesus auch durch Jericho. Dem Wunderheiler und Wanderprediger war sein Ruf vorausgeeilt und die Menschen drängten sich in den Gassen, um einen Blick auf die Berühmtheit zu erhaschen. Auch der Oberste der Zolleinnehmer war neugierig. Er hieß Zakkai - auf Griechisch wurde Zachaios daraus - das heißt gerecht.. aber er hielt es mit der römischen Besatzungsmacht, was seine Landsleute für ausgemacht ungerecht hielten. Zudem führte seine Position zu einem gewissen Wohlstand. Dem haben sie es bei der Einkehr Jesu in Jericho mal so richtig gezeigt! Der Zakkai nämlich war kleinwüchsig und konnte bei der Menschenmenge aber auch nirgendwo einen Blick auf Jesus werfen..
Da lief er der Menge voraus zu einer Sykomore und kletterte hinauf, Reputation hin, Würde her, um von dort oben Jesus sehen zu können. Als Jesus an diesem Baum vorbei kam, hielt er inne, schaute hinauf, sprach Zakkai mit seinem Namen an und lud sich selbst in dessen Haus ein. Das fanden die Neugierigen von der Straße nun auch nicht richtig, aber Jesus wies sie zurecht: "Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht - aber die Kranken. Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel."
Zachäus war durch seine Kollaboration mit der römischen Besatzungsmacht aus der Volks- und Glaubensgemeinschaft herausgefallen. Jesus bot ihm ohne Vorbedingungen Gemeinschaft an. Daraufhin gelobte Zachäus, alle überhöhten Zolleinnahmen zu erstatten und die Hälfte seines Reichtums "den Armen" zu geben. Die Sykomore, auch Maulbeer-Feige oder Esels-Feige genannt, wird seit Jahrtausenden im vorderorientalischen Raum als Obstbaum kultiviert und liefert gutes Holz für den Bau von Möbeln und Schiffen. Als Bildmotiv erscheint "Zachäus auf dem Baum" öfter bei Darstellungen des "Einzuges Jesu in Jerusalem".
Darstellungen der Zachäus-geschichte auf mittellterlichen Fensterbildern in der Ravensburger Neupfarrkirche
Berthold Furtmeyr (Miniaturmaler des 15. Jahrhunderts)
Der Baum des Lebens steht im ersten Buch der Bibel, dem Buch Genesis, in engem Zusammenhang mit dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse als Sinnbild der Lebensfülle, die Gott dem Menschen zugedacht hat, sofern dieser die ihm gesetzten geschöpflichen Grenzen nicht überschreitet.