Ausgabe 139 | Seite 4 21. Februar 2010 AD
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Die ersten deutschen “Kolonien”



Der Grundstein Teil 1



Am 23. Oktober 1520 wurde im Kaiserdom zu Aachen Karl V. zum Kaiser des Heiligen roemischen Reiches deutscher Nation gekroent. Ein kostspieliger Wahlkampf um den Koenigstitel ging dem voraus. Die Kurfuersten wurden von Karl mit Geschenken bestochen und waehlten ihn in Frankfurt.

Das Geld fuer die Werbung um die Gunst der Kurfuersten schossen ihm grosszuegig die Patrizierfamilien Fugger und Welser vor.

Stammwappen Welser Doch auch nach Erringung der Kaiserwuerde war Karl V. nicht in der Lage die Kredite zurueckzuzahlen. Dies erkennend boten ihm die Welser an, Land in der neuen Welt zu pachten. So geschah es dann auch. Der Kaiser verpachtete ihnen die Provinz Venezuela in Suedamerika.

Mit dem als “Vertrag von Venezuela” (richtiger waere “Vertrag von Madrid”) in die Geschichte eingegangenen Schriftstueck, welches am 27. Maerz 1528 unterzeichnet wurde, begann das, was man als ersten ernsthaften Versuch einer deutschen Kolonisation bezeichnen koennte, obwohl es sich streng genommen eben nicht um den Erwerb von Kolonialbesitz, sondern eher um eine Pacht handelte.

In diesem Vertragswerk legten beide Seiten die Rahmenbedingungen schriftlich nieder.
Die Kaufmannsfamilie erhielt das Recht, Beamte, hoehere Beamte gar auf Lebenszeit mt teilweise erblichem Anspruch und Gouverneure einzusetzen. Sie konnten feindliche Indianer versklaven sowie 4000 Sklaven aus Afrika einzufuehren. Auch gewaehrte man ihnen das Recht, sich ein Gebiet ihrer Wahl in der Groesse von 25 spanischen Quadratmeilen als Privateigentum anzueignen. Sie wurden ausserdem von der Salzsteuer befreit, ebenso von jeglichen Abgaben und Zoellen im Hafen von Sevilla, dem damaligen Zentrum des spanischen Ueberseehandels im Mutterland.

Im Gegenzug verpflichtete sie der Vertrag zur Gruendung zweier Staedte und dem Bau dreier Festungen und zur Besiedelung des Landes. Am gesamten Unternehmen sollten sie zu 4% beteiligt werden. Hingegen mussten sie ein Zehntel der Edelmetall und Edelsteinfunde an das spanische Koenigshaus abtreten. Dies wurde spaeter sogar auf ein Fuenftel angehoben.

Klein Venedig Begrenzt wurde das Gebiet im Westen von Kap la Vela bei Neu-Augsburg (dem heutigen Coro) und dem Kap von Maracapana, 900 km oestlich nahe der heutigen Stadt Cumana. Der Kuestenstreifen mit dem vielversprechenden Namen “Perlenkueste” wurde den Welsern zur Nutzung ueberlassen. Die davorliegenden Inseln mit einigen Ausnahmen z.B. Curacao (heute Teil der niederlaendische Antillen) zaehlten mit dazu.

Die Grenze im Sueden des Pachtgebietes dagegen war recht schwammig festgelegt.... “von einem Meer zum anderen”. Zur damaligen Zeit, die Erforschung des Kontinents hatte gerade erst begonnen, ging man davon aus, dass es ein “Suedmeer” gaebe. Die Welser legten es dann folgerichtig fest, dass ihr Territorium bin zur Magellanstrasse reichte.

Gewinn versprach sich das Handelshaus vor allem im Abbau von Bodenschaetzen wie Gold und Silber sowie vom Handel mit Salz, Edelhoelzern und....Sklaven. Damit, so hoffte man, koenne man die Schulden des Kaisers recht schnell ausgleichen.

Wird fortgesetzt.

© Askanum


Der Guivre

Im Mittelalter waren Drachen eine weitverbreitete Spezies. Kein Kontinent wo sie nicht ihr Unwesen trieben. Kein Kontinent wo nicht Schauermärchen über sie erzählt wurden und werden.

Die Reihe möchte ich mit einem der, in meinen Augen, skurilsten Drachen beginnen.

Frankreich, irgendwann zwischen dem 11. und 13.Jahrhundert.

Das Land wurde regelmäßig von schlangenartigen Drachen bedroht, welche ihr Unwesen in Wäldern, Flüssen, Bächen oder gar Brunnen trieben. Den meisten dieser Wesen wurde übler Atem nachgesagt. Wer einmal die fauligen Gase eingeatmete, war vergiftet. Das Gras, worauf die Drachen sich wanden, soll unter ihnen verdorrt sein.

Eines der fürchterlichsten Wesen dieser Art sei der Guivre gewesen. (ursprgl. latein. vipera)

Dessen Atem galt als besonders giftig. Überall, wo sich ein Guivre befand, folgten Tod und Zerstörung in Form von verheerenden Seuchen und Krankheiten. Frankreich bangte.

Lindwurm Doch wie so oft, half der Zufall bei der Bekämpfung des schrecklichen Untiers kräftig mit. Eines schwülen Nachmittags entkleidete sich ein junger Bauer, erschöpft und verschwitzt vom harten Tagwerk auf den Feldern, am Rande eines Flusses. Er sprang in die kühlen Fluten und genoß die Erfrischung. Als er den Fluten entstieg um sich abzutrocknen, geschah es!

Die Büsche wackelten, seltsame, befremdliche Geräusche erklangen und Sekunden später schlängelte ein riesiger Guivre daraus hervor. Der Bauer ward starr vor Schreck. Voller Graus starrte er das Monster an, sein letztes Stündlein bereits schlagen hörend. Jeden Moment rechnete er damit erstickt und verschlungen zu werden.

Die Augen des Guivres funkelten, als dieser seinen hörnerbesetzten Kopf erhob. Wütend auf den Bauern hinabstarrtend schickte sich der Drache an seinen fürchterlichen Rachen zu öffnen. Da geschah wieder etwas Seltsames!

Der Guivre stutzte. Er sah den muskulösen Körper des jungen Bauern, erkannte, dass dieser nackt war. Und anstatt anzugreifen, schreckte der Drache zurück. Sein Kopf rötete sich, als er panisch versuchte die Augen von der muskulösen, nackten Gestalt abzuwenden, deren Haut, von Wassertropfen benetzt, im Sonnenlicht glänzte und funkelte.

Wenige Sekunden später flüchtete der Guivre durch ebenjene Büsche, welchen er kurz zuvor so bedrohlich grollend entstiegen war.

Zurück blieb ein verdutzter nackter Bauer, der sich nicht sicher war, ob das Ungetüm wiederkehren würde und sich gehörig über dessen Flucht wunderte.

Zur selben Zeit entdeckten auch andere, daß ein nackter Männerkörper die Guivres in die Flucht zu schlagen vermochte. Während sie andernorts hemmungslos bekleidete Männer töteten. Aufgrund dieses Wissens hopsten bald überall in Frankreich nackte Männer in Flüsse, Bäche, Brunnen und planschten nach Herzenslust, auf das sich nie wieder ein Guivre getraute, den Menschen Tod und Krankheit zu bescheren.

Tatsächlich verschwanden die Wesen aus Frankreich. Einige behaupten sie seien ausgestorben. Andere mutmaßen die Guivres seien in Länder abgewandert, in denen ein raueres Klima nackt badenden Männern Einhalt geböte.

Die Deutung dieser Legende überlasse ich einem jeden selbst. Ich möchte nur nahelegen, in Zukunft nicht bei jeglicher Nackt-Bade-Männer-Runde gleich etwas anzügliches zu vermuten, denn vielleicht retten diese gerade euer Leben!

© Singularis Porcus


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