Ausgabe 135 | Seite 4 24. Januar 2010 AD
<<< zurück weiter >>>

 

Kopfgrafik - © upjers GmbH & Co. KG

 

Eleonore von Aquitanien



Etwa im Jahre 1122 wird in Poitiers in Aquitanien ein Mädchen geboren, das zur mächtigsten Frau des Hochmittelalters aufsteigen wird: Eleonore.

Nachdem ihr Bruder früh verstirbt, ist sie die Erbtochter des Herzogs von Aquitanien. Sie erhält eine ausgezeichnete Ausbildung. Ihr Vater stirbt 1137 auf einer Wallfahrt nach Santiago de Compostela. Für die Zeit seiner Abwesenheit hat er den König von Frankreich, Ludwig VI. zum Vormund gebeten, der sein Lehnsherr war.

Ludwig sichert sich das große aquitanische Territorium, indem er noch im selben Jahr kurzerhand seinen Sohn Ludwig VII. mit der jungen Frau verheiratet. Poitiers war ein glänzendes kulturelles Zentrum - Paris nicht. Der junge französische Thronanwärter war aus dem Kloster geholt worden, nachdem sein älterer Bruder bei einem Reitunfall tödlich verunglückte. Eleonore macht aus Paris einen Musenhof.

Von 1147 bis 1149 nimmt sie mit Ludwig VII. am Zweiten Kreuzzug teil und besucht den Kaiserhof in Konstantinopel. Ludwig will nach Jerusalem - Eleonore will nach Edessa, das an die Sarazenen gefallen war, das eigentliche Ziel des Kreuzzuges. Ludwig setzt sich durch und so kommt es zu einem tiefgreifenden Zerwürfnis zwischen den Eheleuten.


Da sie "nur" zwei Töchter zur Welt bringt und ihre kunstsinnige und freiheitsliebende Art ihrem Gatten ein Dorn im Auge ist, betreibt Ludwig VII. die Auflösung der Ehe - offiziell wird sie am 21.03.1152 annulliert. Als Grund schiebt man eine zu enge Blutsverwandschaft vor. Eleonore wird diese Trennung begrüßt haben, denn von ihr ist der Ausspruch überliefert: "Ich habe einen Mönch geheiratet..."

Noch 1152 heiratet Eleonore erneut: Heinrich Plantagenet, Graf von Anjou und Herzog der Normandie, ab 1154 König von England, Schottland und Irland.

Diese Eheschließung ist ein Affront gegen Ludwig und Frankreich, denn zu den Besitztümern der Plantagenets kommen nun die Territorien Eleonores. Das Paar kontrolliert neben den Britischen Inseln ganz Südwestfrankreich und wird ein mächtiger Rivale für Rest-Frankreich. Heinrich und Eleonore sind Partner mit gegenseitiger Prokura: sie reisen getrennt, verordnen und siegeln getrennt - und verwalten gemeinsam.

Aus Eleonores zweiter Ehe gehen acht Kinder hervor (das älteste stirbt früh), darunter Richard Löwenherz und Johann Ohneland.

Ihre ältesten Söhne rebellieren 1173 gegen den Vater und Eleonore unterstützt sie - nicht nur moralisch oder mit guten Ratschlägen. 1174 fangen Truppen von Heinrich auf der Straße Poitiers - Chartres einen kleinen Reitertrupp ab, und einer der Reiter entpuppt sich.. als die Herzogin von Aquitanien, Eleonore, in Ritterrüstung. 16 Jahre lang, bis zu seinem Tode, hält Heinrich seine Frau an verschiedenen Orten gefangen.

Heinrich stirbt am 06.07.1189 und Richard folgt ihm auf den Thron. Für ihn führt Eleonore die Regentschaft, wenn er abwesend ist. Sie führt - ergänzend zu den lokalen Maßen - ein einheitliches Maßsystem für das gesamte Herrschaftsgebiet ein und fördert so wesentlich den Handel. Sie treibt das Lösegeld für Richard auf - den Gegenwert von 34.000 kg Feinsilber - der auf dem Trifels und in Mainz beim Kaiser des Römischen Reiches in Geiselhaft sitzt. Zudem unterdrückt sie Johanns Rebellion gegen Richard während des Kreuzzuges.

Am 04.04.1194 ist Richard frei und kehrt im Triumph nach England zurück. Und Eleonore begibt sich auf ihren Witwensitz, hochbetagt, das Kloster Fontevrault im Südwesten Frankreichs. Dort stirbt sie am 01.04.1204 und in der Abteikirche stehen die Sarkophage von Heinrich II. von England, Richard Löwenherz und Eleonore, Königin von Frankreich und England.

© Amhara von Agorá


Die Bank



Es war einmal ein Schreiner. Er war in seinem Handwerk sehr versiert und erfindungsreich und hat für die Bewohner des Dorfes, in dem er lebte, viele schöne und nützliche Gegenstände gefertigt: Schränke, Tische, Holzpantinen, Treppengeländer, Truhen, Leiterwagen, Dreschflegel und vieles mehr.

Eines Sonntags im Frühjahr, frisches Grün spross überall, Krokusse brachen durch die letzten Schneeflecken und die Vögel begannen, die wärmende Sonne mit ihrem Gesange zu begrüßen, als der Schreiner mit seiner Frau und den Kindern einen Spaziergang durch das Dorf unternahm. Am Dorfteich überkam ihn die Lust, sich einfach nur hinzusetzen, die wärmenden Strahlen der Sonne im Gesicht zu spüren, den Vögeln zu lauschen und die Ruhe des Sonntags zu genießen.

Stuhl Doch er fand nirgends eine Gelegenheit, sich niederzulassen, ohne sich Hose und Wams auf der noch schneefeuchten Erde einzunässen. Er seufzte und dachte sich, hätten wir nur Stühle mitgenommen.

Doch die schweren Möbel all die Zeit mit sich herumzutragen nur für einige Minuten der Ruhe zu genießen, schien ihm doch für wahr nicht sinnig. So sann er während des weiteren Spazierganges für sich hin, bis ihm plötzlich eine Idee kam.

Bank Er machte auf der Hacke kehrt und eilte in seine Werkstatt, Frau und Kinder staunend zurücklassend. Dort angekommen zimmerte er auf die Eile einen Stuhl, der so breit war, dass wenigstens fünf Menschen auf ihm Platz hatten – die Bank war geboren. Kaum fertig, trug er sein Kunstwerk nach draußen vor die Tür, setzte sich darauf und blinzelte froh in die Sonne.

Da kam sein Nachbar vorbei und meinte: „Ei, wollt Ihr mit Eurem Reichtum prahlen? Macht Euch einen Hocker, auf dem eine ganze Familie Platz hat?“

Kurz darauf der Küster: „Oh, wie hübsch. Doch für die Kirche leider nicht lang genug. So ging es die ganze nächste Stunde. Alle Vorbeikommenden beachteten zwar das neue Möbel, fanden aber immer Gelegenheiten der Anstoßnahme:
Zu hart, zu unbequem, zu klein (der Schäfer mit seinen 12 Kindern), zu unhandlich, zu schmucklos, zu wackelig. Allmählich verlor der gute Schreiner den Mut und wollte schon die Bank zu Feuerholz verarbeiten.

Währenddessen aber kam des Schreiners Frau nach Hause, sah die Bank und lobte ihn für seinen Einfall, ein Möbel für die ganze Familie erfunden zu haben. Da war der gute Mann wieder glücklich und seitdem saßen jeden Sonntag der Schreiner und seine Frau auf der Bank vor dem Haus – sofern es nicht regnet oder zu kalt ist – und genossen die Natur.

Alle anderen Bürger des Dorfes mussten diese stehend erfahren oder sich Hose und Wams schmutzig machen, wenn sie ein wenig ruhen wollen, nach dem sonntäglichen Spaziergang. Und so dauerte es nicht lange, da konnte sich unser Schreiner vor Aufträgen nach Bänken kaum retten.

So merket auf: Nicht alles Neue ist schlecht, nur weil es neu ist. Oft hilft es, vorerst gründlich nachzudenken, Für und Wider gegeneinander abzuwägen, bevor man eine voreilige Entscheidung trifft.

© Hinrik



<<< zurück Tagblattarchiv weiter >>>