Die Lieben zu Hause hoffen eher auf Marzipan und Schokolade als auf Äpfel, Nuss und Mandelkern. Hoffen sollten Sie allerdings auch: Möge der Nikolaus übersehen, dass die Stiefel nicht gerade glänzen - und sie trotzdem befüllen.
Eure Tagblatt-Redaktion
Die Theorie des schlauen alten Jägers!
Schnee. Wald. Vollmond. Eine sternenklare Nacht. Und Stimmen.
"Schnee fällt! So hieß es schon immer, also muß das auch stimmen!" "So ein Unsinn, verschon mich mit deinem Jägerlatein. Was mit stolzen 4 km/h zu Boden stürzt ist eigentlich mehr am schweben als am Fallen oder? Überleg mal...laß mich ausreden bitte, nur weil wir uns im Wald befinden müssen wir uns nicht wie die Wilden aufführen, danke! Also, überleg mal, Hagel fällt mit bis zu 150km/h zu Boden. Das würde ich als fallen bezeichnen. Zumal ich mit fallen auch in irgendeiner Weise Schmerz assoziiere. Und der ist bei einem Hagelkorn, dass mich mit 150km/h trifft, gegeben. Bei 'ner Schneeflocke nunmal nicht. Und nein, verschon mich mit 'ner Lawine. Die fällt genauso wenig einfach vom Himmel wie Bären das eigentlich nicht tun sollten."
Nachdenklich entfernte sich der Blick des Sprechers während Kratzgeräusche auf Linderung bestimmter Unannehmlichkeiten schließen ließen. "Hehe", machte Bruno, der sich seinerseits an die Geschichte des Bären erinnerte, auf welchem Barnabas nun thronte. "HrHr", stimmte auch Vitus mit ein und sorgte damit das Barnabas´ Blick wieder ins hier und jetzt zurückkehrte. Bis eben hatte er darüber nachgedacht was die Leute an Bärenfellen so toll fanden. Kratzen ungemein die Dinger. Er verfluchte sein ständig juckendes Gesäß innerlich und stand auf.
"Brat mir einer `n Storch, aber so was hab ich noch nicht erlebt und dabei sind wir schon lange im Geschäft", sprach er. Bruno räusperte sich und stieß jede Menge heißen Atem und Stückchen hervor. Doch Vitus war rascher.
"Wird das ein Gelächter wenn wir das den Kameraden erzählen. Ich meine, ein Bär der auf einen Baum klettert, gut, das ist nichts ungewöhnliches. Aber das er sich ausgerechnet einen aussucht, der ihn und den Schnee nicht tragen kann, das ist ungewöhnlich." Vitus grinste breit, vom Kautabak braungefärbte Zähne dabei entblößend. Nich´ nur das", ergriff Bruno das Wort, "das der Baum bricht, der Bär runterfällt und von der ihm im Fall folgenden Baumkrone KO geschlagen wird, meine Güte, ein Glücksbärchi war der Kamerad nicht gerade."
Sie lachten alle lange und herzhaft. Sie hatten ihre Wildschweinjagd erfolgreich abgeschlossen und befanden sich eigentlich auf dem Heimweg, als ihnen plötzlich, einem Geschenk gleich, der Bär, ausgiebig mit Ästen und Blättern verpackt, vor die Füße fiel. Nun hatten sie eine Art Lager aufgeschlagen und ein Feuer entzündet um darüber zu beratschlagen, wie sie zusätzlich zu den vier Wildschweinen auch den Bären nach Hause schaffen sollten.
"Wir sind echt `n gutes Team", bemerkte Vitus mit Blick auf die Wildschweine und den Bären. "Allerdin´s! Rülps!" Bruno krabbelte auf allen vieren durch den Schnee und stellte einen neuen Topf mit Glühwein aufs Feuer. "Un´ ich sach euch, HICKS, Bengääls auch warum." Die beiden anderen Jäger grinsten einander an in stiller Vorfreude auf eine neue heitere Geschichte des alten Bruno.
"Kuck", sprach der Alte, "in der Wildschweinrotte verhäläläält...verhält es sich folgendermaßen." Er schüttelte den Kopf einige Male heftig hin und her, holte tief Luft, lauschte kurz dem knackenden Holz im Feuer und fuhr bedeutend deutlicher fort.
"Die Rotte kann sich nur so rasch bewegen, wie die Kranken und Schwachen unter ihnen das noch vermögen. Wird die Rotte nun gejagt, werden logischerweise die Langsamsten und Schwächsten an deren Ende erlegt. Diese Art "natürliche Selektion" führt dazu, das der Rest der Rotte unvermindert und unbehelligt weiterzieht.
Habta verstanden, oder?" Er blickte von Vitus zu Barnabas, welche sich mühten einen ernsten Ausdruck auf ihre Gesichter zu zaubern als sie nun von Bruno angefunkelt wurden. Der Alte nickte, grunzte irgendetwas und kontrollierte die Temperatur des Glühweins. Er verbrannte sich den Mess-Finger, nuckelte aber zufrieden daran und
füllte seine Tasse mit leuchtenden Augen.
Mit verschmitztem Lächeln fuhr er fort. "Und nun kommt das Geheimnis! Auf die selbe Weise funktioniert auch unser Gehirn. Es vermag nur so rasch zu arbeiten, wie die langsamsten Hirnzellen das zulassen. Wie wir aber wissen, jagt und tötet regelmäßiger Alkoholkonsum Gehirnzellen." Er nahm einen tiefen Schluck von dem dampfenden
Glühwein. "Wie bei uns mit den Schweinen, fallen auch dem Alkohol die Langsamen und Schwachen zuerst zum Opfer. Eben deshalb erfrischt der Alkohol das Gehirn und läßt es wieder rascher und effizienter arbeiten. Der Motor stottert nicht mehr. Darum fühlen wir uns auch so überlegen wenn wir bei der Arbeit trinken!" Er lachte laut auf, verschüttete den Inhalt seiner Tasse und war kurz darauf eingeschlafen.
Vitus und Barnabas schüttelten sich vor Lachen. Sie legten Holz nach damit der Alte es im Schlaf warm habe und begannen die ersten beiden erlegten Tiere in Richtung ihres Jeeps zu zerren. Als der Morgen graute, waren alle Tiere verladen und die beiden schliefen erschöpft in der Fahrerkabine ein. Der Alte Bruno erwachte zur selben Zeit, fühlte sich frisch und munter. Nach zwei Stunden hatte er den Jeep erreicht, verfluchte lautstark die Faulheit und Unbelastbarkeit der heutigen Jugend. Er schob Vitus, welcher auf dem Fahrersitz schlief zur Seite, startete den Wagen. Bald darauf waren sie wohlbehalten und mit reicher Beute bei ihren Lieben. Sie schmückten mit unterdrücktem Fluchen auf Anordnung der Frauen mehrmals den Weihnachtsbaum und freuten sich insgeheim doch nur saumäßig auf den weihnachtlichen Wildschweinbraten.
Und die Moral von der Geschicht?
Alkohol schützt vor Weisheit nicht!