Ausgabe 11 | Seite 4 15. Juli 2007 AD
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Heilige und ihre Reliquien

Heilige ersetzten im Christentum die Vielzahl der verschiedenen Götter, der sogenannten 'heidnischen' Religionen. Wurden früher Belenus, Aphrodite, Merkur oder Odin um Unterstützung oder Hilfe angerufen, so waren es jetzt Sankt Martin, Sankt Florian, oder der Heilige Cyriak. So gibt es für so ziemlich alles in dieser Welt einen Schutzheiligen, der bei Bedarf um Beistand gebeten werden kann. Sogar neuzeitliche Belange werden berücksichtigt, so wurde als Schutzheiliger des Internets der heilige Isidor von Sevilla vorgesehen. Wird ein Heiliger angerufen, hat der Gläubige einen mächtigen Fürsprecher bei Gott. Sind sie ihm doch durch ihre Verdienste um das Christentum besonders nahe.

Als besonders verehrenswert gelten Überreste (Reliquien) der Heiligen, angefangen von Haaren, Knochen bis zu Gegenständen aus seinem Besitz, wie Kleidungsstücke. Geht doch etwas von der Heiligkeit auf diese Reliquien über. Dadurch wird nicht nur der Aufbewahrungsort gesegnet, sondern Gebete erreichen den Heiligen dort schneller. Reliquien haben noch immense wirtschaftliche Vorteile: Pilger kommen in die Stadt und lassen dort entsprechend Geld. Geschehen gar noch Wunder, wie Heilung von Gebrechen, austretende Tränen oder Blutstropfen aus Statuen, kommen die Pilger in Scharen.

Reliquien waren also ein hochbegehrtes Gut, für die sich jeder Aufwand bis zum Diebstahl lohnte. Auch als Kriegsbeute wurden solche Andenken gerne mitgenommen. Mit am bekanntesten sind wohl die Gebeine der Heiligen Drei Könige, die der damalige Erzbischof Rainald von Dassel 1164 aus dem eroberten Mailand nach Köln gebracht hatte. Es entstand ein schwungvoller Handel mit Reliquien, das Zentrum war Rom mit seinen Katakomben, gefüllt mit den Überresten christlicher Märtyrer. Auch Köln stand hier nicht zurück. Der Heiligen Ursula, die hier vor den Stadttoren ihr Leben durch die Hunnen verlor, wurden 11.000 Jungfrauen zur Seite gestellt, um die Vielzahl der erhältlichen Reliquien erklären zu können. Die Kirche hatte zwar den Handel mit den Überresten der Heiligen verboten, aber die geschäftstüchtigen Kölner verkauften eben die Kästchen zum Aufbewahren: Die Reliquie gab es kostenlos dazu.

Besonders häufig zu finden waren Splitter vom Kreuz, aber von der Windel die Jesus angeblich als Säugling getragen hatte, bis zur Milch Marias gab es nichts, was nicht flugs zur Reliquie erklärt wurde. Peinlich wurde es dann mit der Heiligen Vorhaut (praeputium sanctum) von Jesus Christus. Bedingt durch die Himmelfahrt, waren kaum weitere vorzeigbare Reliquien vorhanden. Durch die, nach jüdischem Glauben, vorgenommene Beschneidung soll dieser Teil von Jesus Christus zurück geblieben sein. Ihr wurden besondere Heilkräfte nachgesagt. Nur kam es schnell zu einer wundersamen Vermehrung: Sie wird in mindestens sieben verschiedenen Orten als Reliquie aufbewahrt und verehrt. Und natürlich liegt überall nur die wahre und einzige Heilige Vorhaut.

Bild: pixelio.de

© Max Hohenstein, Chronist von Wulferisbuttle




habet die kundt ihr schon gehoeret?

habet die kundt ihr schon gehoeret? neuer kreutzzug? eyn neuer kreutzzug soll bevorstehen, kuenden die geruechthe aus hohen adels- und kirchenkreysen.
wohl dem, der noch genuegend waffen in der kammer hat! haben die waffenschmiede doch ihre preysse schon deuthlich erhoehet. auch roesser, karren, zelthe, seyle und so manches mehr stiegen im preysse.
selbst fuer eynen keuschheythsguertel, noch vor wenigen tagen fuer 200 thaler zu erwerben, verlanget man nun schon guthe 500 thaler.
meyne meynung als reysender barde? diese guertel koennen gar nicht theuer genug werden!



wolff von wolffenzahn
reysender barde und medicus







Jagdveranstaltung beim Herzog Albrecht II von Magdeburg

Diese vorzügliche Einladung erhielt ich schon im letzten Jahr. Jetzt war es endlich so weit.
Es würde wenigstens vier Tage brauchen, bis mein Kutscher, meine Zofen und Vasallen mich mit der neuen Kutsche nach Magdeburg gebracht haben würden. Schon beim letzten Markttag hatten wir sechs edle weiße Pferde erstanden. Ein günstiger Kauf. Nur 1400 Taler für ein Ross.
Am Montag der letzten Woche sind wir losgefahren. Es regnete, aber in meiner Kutsche war es trocken und warm. Denn immerhin war es ja Juli. Abends machten wir immer Station in bekannten Gasthäusern. Die Pferde konnten ausruhen und wir hatten Gelegenheit eine warme Speise zu uns zu nehmen. Alles ging gut. Kein Raubgesindel trieb sich rum oder wurde uns lästig.
In der Früh des vierten Tages erreichten wir das Schloss Neugattersleben. Alles war schon herrlich geschmückt. Viele Zelte mit Bannern versehen, standen im Schlosshof.
Ohne Umstände wurden uns Quartiere zugewiesen und wir ruhten ein wenig von den Reisestrapazen aus. Aber natürlich waren wir viel zu neugierig, um lange in den Räumen zu bleiben. Auf dem Schlosshof trafen wir bald auf liebe Bekannte, auch Herzog Albrecht begrüßte uns. Man hatte sich viel zu erzählen. Bald wurde zu Tisch gebeten und es wurde ein reichliches und köstliches Mahl aufgetragen. Da wir aber schon zeitig am nächsten Morgen auf die Jagd wollten, wurde nicht lange getagt. Wir zogen uns in unsere Räume zurück und hatten auch keine Müh einzuschlafen.
Im Morgengrauen standen wir auf und begaben uns zum Stall, um unsere Pferde und die Falken zu holen.
Und dann ging sie los, die wilde Jagd. Vorne weg unser Gastgeber. Bald waren wir auf den Feldern und setzten die Falken auf hochgescheuchte Hasen, Fasane und anderes wildes Getier. Schon nach wenigen Stunden hatten wir alle reichlich Beute gemacht. Ich bedauerte die armen Bauern, über deren Felder wir gehetzt waren und einiges an Verwüstung hinterlassen hatten.
Im Schloss wurde die Jagdbeute in die Küche gebracht und zubereitet. Die Pferde und Falken wurden von den Knechten versorgt und wir begaben uns in unsere Räumlichkeiten, um uns umzukleiden und zu erfrischen.
Binnen kurzem durchzog ein köstlicher Geruch nach Gebratenem und Gesottenem das Schloss. Man hörte schon die Musikanten. Herzog Albrecht hatte noch einiges an Kurzweil angekündigt. Ein Feuerschlucker sollte auftreten und einen solchen hatte ich noch nie gesehen. Hurtig eilten wir auf den Hof und suchten uns ein schönes Plätzchen. Die Damen hatten Kleider an, dass es nur so eine Pracht war. Aus Seide und Brokat, Damast und Samt. Und die leuchtenden Farben. Der Schmuck glitzerte wie Regenbögen. Die fürstlichen Herrschaften machten jedem Pfau Konkurrenz. Als Besatz an ihren Mänteln sah man weißen Zobel und roten Fuchs. Überall waren Edelsteine und Perlen aufgenäht. Auch die Hüte und Kappen wurden von Juwelen geschmückt. Geschwind wurden vom Gesinde die lecker zubereiteten Gerichte aufgetragen und wir speisten ausgiebig. Wir tranken feurigen Rotwein und leckeres Bier. Später reichte mir dann eine süße Mandelmilch. Und als dann die Feuerspucker auftraten, mit ihren in den abendlichen Himmel gespuckten Feuerbällen, war es für mich eine gänzlich gelungene Reise.
Erst zwei Tage später traten wir die Heimfahrt an.

©Sophie von Kirchhain




Der Nachbar
Dummes „Geschwätz“?

Ach du Gott, dachte ich mir gestern als meyn Nachbar mir des Leyden einer armen Bäckersfrau kund tat. Er begann zu erzählen: „Sach mal Petri, das glaubst´ mir net! 4000 Fuß entfernt von hier isch was ganz schrecklisches passiert! Ich wollt mir ja wie jeden morschen Brötschen kaufen geh´n, doch des Bäckerhaus war net mehr da! Da waren doch zig Leut´ mit Eimer schleppen beschäftigt. Ja weischt du, ich hab ja net mehr zu gute Auge´, aber isch gla´b, da hat´s sogar rischtisch gebrennt! Das hättest du müsse guge komme! Mei arme Nerve, isch hab doch gedacht, heut Nachmittach kommt das Feuer zu uns rübber, und isch bin ja auch nimmer der jungschde! Un neben dran der Metzgar, der hat da drübber gelacht! Ich kann dir sag´n, dem war das total wurscht. Der hat sich drübber gefreut! Und noch ebbes, Das Feuer war so groß, dao hat ma noch net mal mehr de Schornschten gesehen! Puhh, isch sag dia, so ebbes kansch du dir net vorstellen, hollolulu. Naja, isch muss jetzte mal wieder rein, isch friere mir hier ja sonscht es Ärschle ab!“ Nunja, nun sollte man wissen, dass meyn alter Nachbar auch gerne Übertreibt. Ich hoffe, ihr konntet wenigstens sein „Geschwätz“ in das Altdeutsche übersetzen. Für mich ist das ja keyn Problem mehr, aber nehmt ihn bitte nicht zu ernst. Er ist ja schon alt …

©Petri


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