Ausgabe 119 | Seite 3 13. September 2009 AD
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Kopfgrafik - © upjers GmbH & Co. KG

 

Festival Mediaval II

das Mittelalter-Kulturfestival in Selb (Franken)

seyd gegruesst! ja, der "alte wolff" lebet noch.
nach mannigfachen problemen im realen leben bin ich nun heymgekehret undt habe schon eynmal forsichtig an der pforte der redaktion geschnuppert.
zu der zeyth, da ihr diese zeylen leset, streyff ich gerad ueber den goldberg in selb (francken), wo sich allerley musicanten, gaukler, schauspiler undt anderes buntes ffolck beym "Festival Mediaval" tummeln.
wenn alles eyn guth endt hat, werd ich euch davon berichten. vllt. schaff ich es ja sogar, mith meynem magischen seelenfaenger etwas von dem bunten treyben fuer euch eynzufangen, auff dass ihr es dann neyderfuellt betrachten koennt.
bis dahin: gehabet euch wohl.
euer "alter wolff"

© Mike "sceadu" McThunderwolf


Wetterhexe

Von vielen Lesern wurde ich schon angeschrieben, ob ich nicht als Hexe für gutes Wetter sorgen könnte. Nun ja, ich gebe mir die allergrößte Mühe. Aber es ist leider nicht immer möglich jedem Gerecht zu werden. Der eine wünscht sich zur Zeit Regen, weil der Garten und die Felder Wasser brauchen und er nicht so viel Trinkwasser vergeuden möchte, der andere wiederum hätte gerne mindestens 30 Grad im Schatten, weil er Urlaub hat und sich sonnen will, der nächste wiederum hätte gerne nur 25 Grad im Schatten, weil er eine Fahrradtour geplant hat. Ich hoffe ihr versteht jetzt, warum ich nicht immer in jedem Bundesland für gutes Wetter sorgen kann.

Da meine magischen Fähigkeiten aber auch begrenzt sind, ist es mir nicht möglich Euch das Wetter für Österreich, Schweiz oder andere Länder vorauszusagen. Manchmal spielt mir meine Glaskugel aber auch Streiche. Dann erscheint in meiner Glaskugel Regen und es kommt gar kein Regen. Dann wiederum gibt es Tage, wo meine Magd die Glaskugel nicht richtig geputzt hat und ich das Wetter nur verschwommen voraussehe. Aber ich arbeite noch an diesem launischen Problem meiner Glaskugel.

Sonntag,13.09.09

Der Osten und der Süden haben heute mit viel Regen und Wind zu kämpfen. Der Rest von Deutschland kann sich auf einen schönen Herbsttag freuen. Die Temperaturen pendeln sich zwischen 16 – 21 Grad ein. Ideal um einen Spaziergang im Wald zu machen und ein wenig Herbstdeko mitzubringen. Hexen wird der Tag zum Pilze sammeln empfohlen.



Montag, 14.09.09

Die Woche fängt schön an. Die Schauer lassen nach und es wird heiter bis wolkig. Die Temperaturen liegen bei 17 – 22 Grad. Ein schwacher Herbstwind kann bei seinem Tanz mit den Blättern beobachtet werden. Hexen können sich ab Mittags sogar geschminkt auf ihren Besen wagen. Die Gefahr von regnerischen Verschmierungen sind gering.

Dienstag,15.09.09

Heute ist es fast überall heiter bis wolkig. Regenschauer sind heute nicht zu erwarten. Die Temperaturen liegen bei 16 – 22 Grad. Der Herbstwind weht aber weiter. Das erste Herbstlaub wartet darauf zusammengekehrt zu werden.

Mittwoch,16.09.09

Die Mitte der Woche ist erreicht und das Wetter wird wieder etwas freundlicher. Heute haben wir so einen richtig schönen Herbsttag mit Wind. Die Temperaturen liegen bei 18 – 24 Grad. Ideal um langsam alles winterfest zu machen. Denn die ersten Nachtfröste lassen nicht mehr lange auf sich warten. Hexen wird empfohlen beim Start und bei der Landung auf die starken Seitenwinde zu achten.

Donnerstag,17.09.09

Heute ist ein eher ungemütlicher Tag. Regen und Bewölkung wechseln sich ab. Die Temperaturen liegen bei 14 – 19 Grad. Es wird Zeit, die Teekanne wieder zu entstauben und den ersten wärmenden Tee zu kochen. Abends gibt die Teekanne dann ihr Stelldichein vor dem ersten wärmenden Feuer am Kamin.

Freitag,18.09.09

Ein Blick aus dem Fenster verheißt heute keine gemütlichen Stunden im Freien. Es wird regnerisch. Ab und an ein wenig Sonnenschein. Dazu leichter Wind. Die Temperaturen bewegen sich zwischen 15 – 22 Grad. In den trockenen Phasen sollte man das Fallobst im Garten aufsammeln und schauen, ob man davon noch was verwerten kann. Z. B. Dreimus...Äpfel, Birnen und Pflaumen zu Marmelade (Mus) verkocht.

Samstag,19.09.09

In einigen Teilen Deutschlands scheint morgens noch die Sonne. Ab Mittag ist überall mit Regen und starker Bewölkung zu rechnen. Die Temperaturen liegen bei 14 – 21 Grad. Hexen sollten sich stark überlegen, ob sie heute auf ihren Besen steigen ohne Regenbekleidung. Auch könnte der Ehemann seiner Frau beim Hausputz helfen und sie Abends in der ortsansässigen Schenke zu einem deftigen Mahl mit einem schönen Glas Wein einladen.

© Hexchensland


Badefreuden im Mittelalter I

Das Baden in öffentlichen Badeanlagen ist schon in der Antike bekannt und hatte seine wohl prunkvollste Ausprägung in den gigantischen Thermen der Römer gefunden. Baden diente nicht nur der Hygiene, sondern auch kommunikativen und geselligen Zwecken. Während im weströmischen Reich mit der Zerstörung der Wasserleitung durch die Goten im 6. Jahrhundert die Bäder verfielen, erlebte die Badekultur in Ostrom eine weitere Blüte. Die eindringenden Araber übernahmen sie dann modifiziert, das Baden wurde ritualisiert. Über die ersten Kreuzzüge kam die Bademode dann zurück nach Westeuropa. Und wie das ausgesehen hat, schauen wir uns jetzt mal an.

Wir müssen nicht glauben, obwohl die Kirche das Baden als Verweichlichung und Luxus ablehnte, dass nie gebadet wurde. Schwimmen gehörte z.B. zu den sieben „ritterlichen Fähigkeiten“, so dass zumindest Edelleute und Ritter Wasser nicht kontaktscheu gegenüberstanden, und man kann davon ausgehen, dass gerade die Landjugend in Seen und Bächen zumindest geplanscht hat. Hauseigene Badezimmer gab es nicht.

Exotisches hat Menschen schon immer begeistert und zur Nachahmung animiert. Daher stimmt es nicht verwunderlich, dass die Menschen im kalten Nordeuropa von den paradiesisch anmutenden Erzählungen der zurückkehrenden Kreuzritter hinsichtlich des Badens begeistert gewesen sein müssen. Und so schossen ab dem 13. Jahrhundert überall so genannte Badestuben aus dem Boden. So luxuriös wie im alten Rom waren sie freilich nicht, erfüllten aber den gleichen Zweck. Badestuben oder –häuser waren von der Stadt getragene öffentliche Einrichtungen, die Eintritte meist frei oder sehr günstig. So konnten sich auch weniger Betuchte das regelmäßige Bad leisten. Betrieben wurden sie in gewöhnlichen Stadthäusern, geleitet vom Bader und seinen Gehilfen und sie finanzierten sich auch durch zu bezahlende Zusatzleistungen.

Abb.: Badeszene aus dem 13. Jh. Die Badenden fördern mit Wedeln die Durchblutung. Ein Ritter legt vor der Tür das Schwert ab und liest zunächst die Baderegeln

Es gab zwei Arten zu Baden: Das Schwitzbad, von den Finnen zur Sauna perfektioniert, fand in einem stark beheizten Raum statt. Gesessen wurde auf in mehreren Ebenen angeordneten Holzbänken, heiße Kieselsteine wurden mit Wasser übergossen und das Schlagen mit Wedeln oder Ruten regten Kreislauf und Schwitzen noch mehr an. Dabei rieb man sich Schweiß und Schmutz vom Körper ab oder ließ es durch des Baders Helfer und Helferinnen, meist junge Männer oder Mädchen, verrichten.

"Es siehet aber eine Badstube also aus: Es ist nemlich ein niedriges Gemach, an dessen einem Ende ein Ofen, neben diesem Ofen aber ein Kessel mit heißen, und ein Kübel mit kalten Wasser ist, daraus man schöpffen, und wie man es brauchen will, die Wärme mäßigen kann. An denen Wänden sind Bäncke vor und über einander, darauf man sich höher oder niedriger setzen kann, nachdem man starck oder gelinde zu schwitzen verlanget, und diese werden die Schwitz-Bäncke genennet. Diejenigen, welche naß baden wollen, setzen sich in eine Bade-Wanne, die mit Wasser angefüllt ist."

Etwas teurer war das Baden in Zubern, großen Bottichen aus Holz, Kupfer oder Zinn, in denen das Wasser mittels heißer Steine erwärmt wurde. Darin saß man auf Schemeln (um sich an den heißen Steinen nicht den Hintern zu verkohlen), meist zu zweit gegenüber. Auf einem quer gelegten Brett konnte man speisen, würfeln oder auch Geschäfte aushandeln. So ein Zuberbad war äußerst gesellig und konnte Stunden dauern.

Neben dem Baden wurden aber auch noch weitere Dienstleistungen angeboten. Bader konnten und durften nämlich auch leichtere medizinische Eingriffe durchführen, für die nicht unbedingt ein Medicus benötigt wurde. Dazu gehörten Rasuren, Zahnbehandlungen – meist Ziehungen – Aderlass und Schröpfen. Diese Handreichungen trugen hauptsächlich zur Finanzierung der Badestuben bei.

Abb.: Während der Bader Schröpfköpfe ansetzt, wäscht die vordere Frau ihrem Kind den Kopf. Das Baby unten im niedrigen Zuber ist gegen Reinrutschen angebunden. Links sieht man den Ofen und davor Wasserbottiche

Übrigens: in öffentlichen Bädern wurde nach Geschlechtern getrennt gebadet. Dazu gab es auch von den Gemeinden erlassene Badeordnungen. Mit ihnen wurden die Pflichten des Baders und seines Personals sowie das „züchtige“ Verhalten der Badenden geregelt. Doch soviel zur Theorie. Über die Praxis sprechen wir nächste Woche.

© Hinrik


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