Ausgabe 7 | Seite 3 17. Juni 2007 AD
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Historien aus Wulferisbuttle
5. Das Ende der Welt Teil 1

Ad Primum: Böse Omen



Der Marktplatz ist überfüllt mit knienden und betenden Menschen. Das Gemurmel der gesprochenen Fürbitten formt sich zu einem lauten Lärmbrei, der über der ganzen Stadt liegt. Mit bleichen Gesichtern werden die Perlen der Rosenkränze nach jedem Ave Maria weiter geschoben. Immer mehr Menschen drängen von allen Seiten herbei, werfen sich zu Boden, reißen die gefalteten Hände nach oben und fallen in die Gebete ein. „Ave Maria, gratia plena....“

Der Bürgermeister schließt das Fenster und wendet sich an den älteren Mönch, der mit demütig geneigtem Haupt vor ihm steht. „Was habet ihr dortens meinen braven Bürgern erzählet, dass sie ihr Tagwerck liegen lassen und derart emsig unserem Herrn und der Mutter Gottes huldigen?“

Der Mönch umkrampft sein schlichtes Holzkreuz, das über seiner Kutte baumelt. „Wehe oh Herr, das Ende der Welt nahet! Ich wardt gesandt vom Herrn Bischof, um dieses in unseren Landen kund zu thun! Sternenkundige haben erkannt, dass zum Johannestag sich alle Planeten an einem Orte am Himmel versammeln, sicher gelenket durch gar dunkle Kräfte. Schrecklych sind die Omen, die vorhergesagt wurden und schrecklych war der Traum des Herrn Bischof. Voll der Syndhaftigkeit sind wir führwahr, nur das ehrliche Gebeth kann uns noch Ablass geben!“

„Und da habet ihr flugs nichts besseres zu tun, als diese schrecklyche Kunde überall auf eurem Wege hierher zu verbreiten, als fürerst zu mir zu kommen, wie es euch aufgetragen ward? Berichtet mir genau von diesen schrecklychen Omen und Weissagungen!“

„Die Sterne werden sich versammeln um uns zu verderben, das erzählte ich schon. Fürderhin ist als ein Zeichen ein Himmel 'gar rot wie das Blut bei finsterster Nacht' vorhergesagt worden. Und saget selbst: Hat nicht bei dem grossen Feuer der Himmel über eurer Stadt blutrot geleuchtet? Es wurde auch gesagt: Sterne werden fallen in großer Zahl mit brennendem Schweyfe auf die Erde. Und sind nicht letzte Woche gar viele dieser Boten des Unglücks auf uns hernieder gestürzet? Es wurde gesagt, die Ernte wird verdorren auf den Feldern. Und ist nicht bisher der Regen fortgeblieben, dass die Halme auf dem Acker verderben? Und der Herr Bischof hat in seinem Traum gesehen, wie der gefallene Engel, der Herr der Hölle, dessen Namen wir hier nicht aussprechen, mit seinen Legionen über uns kommen wird! Und ist so nicht neulich ein Zicklein mit zwei gehörnten Häuptern geboren worden? Führwahr, das ist das Ende! Betet um eure arme Seele! Tuth Busse!“ Der Mönch hat sich in Kreuzform auf den Boden geworfen, beide Arme weit ausgestreckt. „Oh Herr, rette uns! Oh Herr Jesus Christ, erlöse uns!“ Er steht wieder auf und klopft den Staub von seiner Kutte. „Ich eile flugs zu meinen Brüdern in der Abtei, auf dass unsere Gebete den Herrn milde stimmen werden!“ Er reißt wieder die Arme in die Höhe. „Das Ende ist nahe, wehe uns!“ Mit weiten Schritten eilt er zur Tür.

Ende des 1. Teils

© Max Hohenstein, Chronist von Wulferisbuttle
Bild: .pixelio.de




Mystisches

Lasset mich berichten von dem, welches mir der edle Ritter Eisenherz in den vergangenen Tagen erzählte.

Er war in dem weit entfernten nordischen Land Norwegen, als ihm ein riesiger Recke mit Begleitung in einem Streitwagen entgegen kam. Diese fragten um ein Stück Brot, was ihm Eisenherz gerne reichte. Man beschloss, gemeinsam das Nachtlager aufzuschlagen, da es schon zu dämmern begann. Bald hatten sie auch ein wärmendes Feuer entfacht. Thor, so hieß der eine fremde Hüne, holte aus seinem Streitwagen einen riesigen Hammer und ein paar lederne Handschuhe, welche er neben sich legte. Eisenherz fragte ihn, warum er so sehr auf diesen Hammer und die Handschuhe achte? Ob er etwa ein Schmied sei. Thor und auch sein Begleiter lachten und Thor begann zu erzählen: „Ich bin von dem alten Götterschlecht der Asen und weile hier auf der Erde, um die Feinde der Götter und Menschen zu vernichten. Mjölnir, das ist der Name meines Hammers, wurde mir zu diesem Zwecke mitgegeben. Wenn ich Mjölnir werfe, habe ich die Handschuhe an und mein Hammer kehrt in meine Hände zurück, ohne dass ich hinterher laufen muss. Das Volk der Zwerge hat sie für mich genäht.“ Eisenherz wollte nun wissen, was Thor mit seinem Hammer Mjölnir denn schon für große Taten vollbracht hatte und Thor erzahlte weiter: „Ich komme grade von den Riesen aus den großen Bergen und habe mir meinen Hammer zurück erobert. Die Riesen hatten Mjölnir gestohlen und so tief in der Erde versteckt, dass ich ihn nicht holen konnte. Ein Riese forderte die Göttin Freya als Braut, sonst würde ich Mjölnir nie wieder in meinen Händen halten. Ich dachte mir eine List aus und verkleidete mich als Braut. Mein Gesicht unter einem Schleier verborgen. Loki, ein Berater der Götter, begleitete mich als Bedienstete in die Höhle der Riesen. Bald trugen die Riesen das Hochzeitsmahl auf und ich verspeiste einen ganzen Ochsen, denn ich hatte großen Hunger. Das verwunderte die Riesen schon etwas. Aber sie sahen die Aufgabe als erfüllt an und gaben mir den Hammer, damit ich ihn mir bringen konnte. Nun, ich habe damit sämtlichen Riesen im Berg den Garaus gemacht und jetzt sind wir auf der Rückreise.“ Das fand Ritter Eisenherz doch schon sehr beachtlich und beglückwünschte Thor zu der erfolgreichen Zurückeroberung seines Eigentums. Am nächsten Morgen ritt Eisenherz weiter nach Norden und Thor und Loki in die andere Richtung.
Was? Ihr glaubt mir nicht, Ihr schmählichen Zweifler. Aber genauso berichtete der ehrenhafte Ritter Eisenherz. Geht und fragt ihn selbst.

© Sophie von Kirchhain



Was ist ein Kirchenbann?


Der Bann ist eine Sanktion der katholischen Kirche, um jemanden bei schwerwiegenden Vergehen wider die Kirche oder deren Vertreter aus der Gemeinschaft auszuschließen. Was viel schlimmer war: Ein verhängter Bann verbot allen Christen mit der gebannten Person weiter Umgang zu pflegen. Dadurch verlor ein gebannter weltlicher Herscher alle (offizielle) Unterstützung seiner Gefolgsleute. Friedrich II hielt sich aus diesem Grunde eine Leibwache aus Sarazenen, da diese als Nichtchristen von einem Bann nicht betroffen waren.


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