Ausgabe 240 | Seite 1 4. März 2012 AD
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Seyd herzlich gegrüßt,
werte Bürgerinnen und Bürger!

Das Leben ist wie ein Ozean, besser, wie ein Schiff im Ozean. Irgendwann zu Beginn seiner Reise verläßt es den Hafen, um auf geraden oder verschlungenen Routen neuen Häfen zuzusteuern. Ist die Fahrt allein schon unberechenbar, birgt doch das Meer die größeren Gefahren: mal ist es ruhig, mal stürmisch, mal sicher, mal tückisch. Und so weiß die Mannschaft nie, wann das Schiff in welchem Zustand wo ankommt - manches strandet schon früh an irgendeiner Costa.

Fast fünf Jahre ist es nun her, dass ein Schiff namens "Tagblatt" in See gestochen ist. Zumeist fuhr es in sicheren Gewässern, doch auch manche Boe hat es durchgeschüttelt, manche Woge es emporgehoben und ins tiefe Wellental tauchen lassen. Auch manche Untiefe hat es zur Langsamfahrt gezwungen, aber es ist immer gut durchgekommen. Allerdings haben sich Muscheln am Rumpf abgesetzt, Rost hat an vielen Stellen die Farbe abblättern lassen, es knackt in Planken und Spanten, die Motore laufen nicht mehr rund und der Schornstein qualmt mit Vesuv und Aetna um die Wette. Das Schiff gehört dringend in die Werft und wird daher vorerst außer Dienst gestellt.

Ja, es stimmt, das Tagblatt in seiner alten Form wird eingestellt, die Redaktion schließt ihre Pforten. Nicht heute. Aber nächsten Sonntag am 11.03.2012 um 12:00 Uhr erscheint die letzte von Hand gesetzte Zeitung im gewohnten Umfang.

So ganz verschwinden wird das Tagblatt aber nicht, auch nicht die Wettbewerbe. Aber der Umfang wird deutlich schrumpfen und sich auf die Bekanntgabe der Wettbewerbe beschränken sowie eventuelle Mitteilungen der Spielleitung, z.B. über Neuerungen, Erweiterungen an anderes von öffentlichem Interesse. Die Wettbewerbe werden zukünftig automatisch ausgewählt und erscheinen ohne die bisherigen umfangreichen Begleittexte. Genauere Einzelheiten sind bisher leider nicht verfügbar, werden aber sicher noch mitgeteilt.

Beim Stapellauf eines Schiffes erfolgt stets eine Taufe mit vielen Reden voller Stolz, guten Wünschen für eine Handvoll Wasser unter dem Kiel und glückliche Fahrt. Das letzte Leine- und Ankerwerfen vollzieht sich dagegen meist im Stillen, voller Wehmut, aber auch voller Erinnerungen an wunderschöne Zeiten. Diese sollen es sein, die uns den Abschied leichter machen mögen. Und auch die Hoffnung nähren, dass vielleicht eines fernen Tages wieder ein stolzes Schiff durch die Wogen des literarischen Ozeans pflügen wird, in dessen Häfen es von unzähligen Menschen sehnsüchtig erwartet wird.



Euer Tagblatt-Team

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