Ausgabe 199 | Seite 1 8. Mai 2011 AD
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Seyd gegrüßt, werte Bürgerinnen und Bürger!

Zum heutigen Muttertag.

Wie die Überschrift bereits vermuten lässt, richtet sich dieser Artikel an die Mütter.

"Frauen", Männer oder gar Kinder mögen an dieser Stelle bitte darauf verzichten weiterzulesen. Ich bitte ausdrücklich um Verzicht, da ich weiß, dass ein Verbot gegenteiliges Verhalten herausfordert, was ich stets begrüße. Das gegenteilige Verhalten, nicht das Weiterlesen! Bitte beachtet, eine Nichtbeachtung dieser Anweisung zöge eine Sperrung des Accounts nach sich!

Über die folgenden Zeilen erboste Mütter dürfen mich gerne anschreiben, ebenso wie jene, welche vielleicht bedauernswerter Weise etwas Wahrheit in ihnen finden werden. NICHT anschreiben dürfen mich kleingeistige, enttarnte Ehemänner, Kinder, die nicht verstehen, wovon die Rede ist, sowie erboste BlumenhändlerInnen egal welchen Geschlechts!

Mitunter fragt man sich ja schon, ob die Holländer neben Blumenzwiebeln eigentlich überhaupt noch etwas anderes treiben. Täglich rollen ihre Blumenlaster durch deutsche Straßen, zumindest rollen sie gelegentlich, oftmals verstopfen sie diese schlicht. Besonders geballt tritt dieses Phänomen an den "gewerblichen Feiertagen", dem heutigen Muttertag, am Valentinstag und dergleichen, auf. Ohne dies herabwürdigen zu wollen, erobern urplötzlich jedes Jahr aufs neue männliche Heerscharen ihnen unbekanntes Terrain und bevölkern die Blumengeschäfte der Nation.

Nach allerlei für sie unverständlichem Kauderwelsch seitens der FloristInnen verlassen sie mit stolzem Grinsen, eine floralen Willenserklärung in den Händen, jener Etablissements und begeben sich ins traute Heim. Dort angelangt verbringt man zehn Minuten, also gut das Doppelte der gewohnten Zeit, mit der von derlei Aufmerksamkeit irritierten Partnerin, ehe man diese, mit einem zärtlichen Verweis auf ein latentes Hungergefühl, wieder in die Küche verweist.

Besonders Verwegene führen ihre Partnerin in diesem Zusammenhang zum außerhäusigen Speisen aus, was ihnen aber zumeist den hämischen Spott ihrer achso männlichen Artgenossen einbringt. Weswegen, und nur deswegen, meine Damen, auf romantische Events dieser Art zumeist verzichtet wird. Abgesehen davon, dass man aufgrund der ungewohnten Nähe beim Speisen im Restaurant feststellt, wie sehr die Partnerin seit dem letzten Muttertag alterte.

Also bestellt man sich aus zweierlei Grund rasch noch ein Bier. Erstens erscheint einem die gegenübersitzende Dame vielleicht etwas attraktiver, zweitens erscheint einem die Bestellung entgegennehmende junge Kellnerin gewiss noch viel attraktiver.

Selbstverständlich ist "Mann" sich dessen bewusst, dass diese nur lächelt, weil sie Geld möchte. Das kennt man ja von anderen Gelegenheiten zur Genüge. Aber immerhin schielt sie dabei, unbewusst dem Duft des Geldes folgend, auf die männliche Leistengegend. Was ja schon ein guter Anfang wäre und womit auch erklärt ist, weshalb Männer ihr Portemonnaie in den Gesäßtaschen zu tragen pflegen.

Darüberhinaus empfindet man das beständige "Fusserln" der Partnerin als nicht mehr ganz so nervtötend und muss sie nicht weiter darauf hinweisen, dass sie dies doch bitte unterlassen möge, da es einem an dieser Stelle doch gar nicht jucke und sie obendrein leichte Schweißfüsse habe.

Jedenfalls ist es in den meisten Fällen bedauerlicherweise doch so, dass bereits, noch ehe der ohnedies nur kurzlebige Blumenstrauß verwelkt, erste Dissonanzen im eigentlich harmonisch erhofften häuslichen Kammerkonzert ertönen. Schwuppdiwupp ist im zivilisierten Falle die Frau 'ne dumme Gans und der Mann ein unsensibler Bock, den sie seine Sch... Blumen am liebsten fressen lassen würde.

So wird aus dem triumphierenden Quietschen der Bettfedern das sterbende Gejammer einer fernen Violine und aus den Schmetterlingen werden wieder Motten. Doch genug amüsiert, blicken wir, vor den Glückwünschen, ein wenig zurück.

Als Begründerin des Muttertags gilt die amerikanisch Methodistin Anna Marie Jarvis. Sie führte am Sonntag nach dem zweiten Todestag ihrer Mutter, dem 12.Mai 1907 in Grafton, West Virginia, ein "Memorial Mothers Day Meeting" durch.

Am 8.Mai 1914 beschloss der US-Kongress, dass fortan jeder zweite Sonntag im Mai "Muttertag" sei. Rasche Kommerzialisierung sorgte dafür, dass sich die Begründerin des Feiertages rasch von ihm abwandte, es gar bereute, ihn ersonnen zu haben, aber ihr Kampf gegen die Abschaffung blieb vergebens.

In Deutschland etablierte der "Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber" den Muttertag in den Jahren 1922/23. In den dunklen Jahren des Nationalsozialismus griff man diese Idee mit besonderer Inbrunst auf und verband sie mit der verblendeten Ideologie der "germanischen Herrenrasse". Besonders gebärfreudige Mütter galten als Heldinnen am Volk, je mehr arischen Nachwuchs sie zu Tage förderten. Schließlich wurde die Frau zur "Quelle der Nation" stilisiert, deren Hauptaufgabe das Bewahren, sowie die Weitergabe "hochwertigen" Erbguts war.

Derlei Programmatik propagandierten Hitler und Goebbels bei zahlreichen Reden. Anzumerken bleibt, dass selbst diesen Frauen, welche als Mütter ja ihren Dienst am Volke absolvierten, ebenso wie kinderlosen Frauen kein Wahlrecht zugestanden wurde. Somit wurden die ersten, zarten, emanzipatorischen Pflänzchen der Weimarer Republik von den schweren Marschstiefeln der Nationalsozialisten zertrampelt.

Der Muttertag ist nicht gesetzlich verankert, das Datum, den zweiten Sonntag im Mai, legten die Floristenverbände fest. Ob beim volkstümlichen Vatertag oder Herrentag irgendwelche Brauereiverbände ihre Hände im Spiel haben, davon ist mir nichts bekannt.

Damit habe ich genug von mir gegeben und es bleibt mir nichts weiter, als einen schönen Muttertag zu wünschen. Ihr habt es wahrlich verdient, ihr geplagten Mütter eurer Kinder und noch geplagteren Frauen eurer Männer!

Habt gute Nerven während der gemeinsam zuzubringenden zehn Minuten und noch bessere, falls es länger dauern sollte! Vielleicht erfreut sich die ein oder andere unter den Damen auch einer größeren Aufmerksamkeit als eines Blumenstraußes - eines Baumes beispielsweise.

Was dann zeigen würde, wer die Hosen trägt in der jeweiligen Beziehung...

In diesem Sinne, mein vollstes Mitgefühl und einen schönen Muttertag!

© Singularis Porcus


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