Ausgabe 124 | Seite 1 18. Oktober 2009 AD
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Seyd gegrüßt
werte Bürgerinnen und Bürger!

Foto: Hinrik Seit Urzeiten schon ist der Oktober ein gruseliger Monat. Ein paar warme Tage erfreuen das Herz und lassen die Natur noch einmal in den schönsten Farben aufleuchten. Der nahende Winter aber schickt schon seine Vorboten.

Stürmische Winde aus Nord und Ost reißen die bunte Pracht herab, sie bringen Kälte und erste Fröste mit. Morgens wabern dichte Nebel in den Niederungen, filtern und brechen das schwache Sonnenlicht, in dem Flora und Fauna wie aus einer fremden Welt erscheinen.

In der gemütlichen Stube am prasselnden Ofen oder Kamin versuchen wir dem Herbst zu entrinnen. Doch er zieht alle Register, unsere Aufmerksamkeit zu erlangen: er schnauft im Kamin, klopft mit dürren Ästen an die Fenster und rüttelt an den Läden. Sein Atem gefriert an den Fenstern und in raschelndem Laub schleicht er hörbar und heulend ums Haus.

Mit der Zeit aber wußte der Mensch, diesem Treiben Einhalt zu gebieten: Fernwärme, schallisolierte Thermopenscheiben und Laubsauger ließen den Herbst gut dreiviertel seines Geräuschentfaltungspotentials nicht mehr nutzen können. Doch die Natur hat immer eine Antwort parat. So traten erstmals vor wenigen Jahren unerklärliche Phänomene auf. Zuerst nur lokal begrenzt auf Einzelgehöfte und dörfliche Siedlungen, breiteten sie sich Jahr für Jahr weiter aus. Inzwischen haben sie den ländlichen Siedlungsraum fest im Griff und sind inzwischen auch in Großstädten und Ballungszentren vermehrt anzutreffen.

Tagsüber geschickt getarnt als freundliche, maiskolbengelbe oder sonnenuntergangrote Farbtupfer im trüben Grau des Herbstes, erfreuen sie unser Herz und lassen uns Wärme und Lebensfreude empfinden. In der Dämmerung allerdings, wenn auch alle Katzen grau sind, entziehen sie sich unseres Blickes und beginnen ihre rätselhafte Wanderschaft zu, und auch in die Behausungen von uns Menschen. Nahezu unsichtbar erobern sie Fenster, Türen, Treppenaufgänge oder Hofeinfahrten, seltener Küchen oder Wohnzimmer. Aber immer häufiger treten sie in Rudeln auf, nicht mehr nur allein.



Foto: Hinrik

Und sobald die Dunkelheit vollständig hereingebrochen ist, zeigen die unschuldig wirkenden Geschöpfe ihr wahres Gesicht. Ein seltsames, von innen kommendes Licht, läßt uns in hämische, gruslige, angsteinflößende Fratzen blicken, unmenschliche Züge voll des Hohns. Das Grauen schlechthin.

Da lungern sie vor Türen herum und halten Schwiegermutter vom Besuch ab, in Großstädten beherrschen sie ganze Straßenzüge und legen zwischen Mitternacht und Morgengrauen den Verkehr lahm.

Zum Glück sind die Wesen nicht sehr aggressiv. Bisher sind nur wenige Fälle bekannt, in denen ein Mensch im Vorbeigehen von jenen gebissen wurde. Impfungen sind laut WHO auch nicht erforderlich. Allerdings müssen wir uns fragen - wenn wir Menschen auch irgendwann dieses Phänomen entschlüsseln und Gegenmaßmahmen entwickeln - was erfindet die Natur als nächstes?

Wir dürfen gespannt sein.

Eure
Tagblatt-Redaktion




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